Aehra-Chef Hazim Nada im Interview

Aehra-Chef Hazim Nada im Interview
Unser Auto ist eine Notwendigkeit

Hazim Nada stammt zwar aus den USA, lebt aber in Italien. Mit seiner italienischen Start-up-Automarke Aehra möchte er eine Premium-Lücke füllen. Wir haben Nada bei der Vorstellung des Aehra-Elektro-SUV in Mailand getroffen.

Sie stellen gerade hier in Mailand, der Heimatstadt von Aehra, das neue SUV der Marke vor. Gibt es bereits einen fahrbaren Prototyp des Autos, den Sie selbst schon fahren konnten?

Hazim Nada: Nein – wir haben uns entschieden, keine Prototypen herzustellen, bis wir nicht alle wichtigen Komponenten für das Auto zusammenhaben. Wir haben überlegt, einen Prototyp für die Aerodynamik-Tests zu bauen, aber das würde uns natürlich Zeit und Geld kosten.

Unsere Highlights
Welche wichtigen Komponenten fehlen denn noch?

Wir sind gerade in der Entscheidungsphase für die Antriebs-Batterien, die Elektro-Achsen, die Klimaanlage und das Lenksystem. Wenn feststeht, welche Technik wir in diesen vier Schlüsselbereichen einsetzen, beginnen wir mit dem Bau von Prototypen.

Wer liefert Ihnen die Komponenten?

Bei der Antriebs-Batterie haben wir mehrere Möglichkeiten, arbeiten aber bereits mit einem nichteuropäischen Hersteller zusammen und für die Elektro-Achsen sind wir mit vier europäischen Zulieferern im Gespräch, von denen wir inzwischen zwei bevorzugen. Weil wir uns bei den Achsen noch nicht entschieden haben, wissen wir auch noch nicht, ob das Auto eine Systemleistung von 550 oder 600 Kilowatt (748 bis 816 PS) haben wird. Bei der Lenkung sind wir mit verschiedenen europäischen Herstellern und einem asiatischen Hersteller, der nicht aus China kommt, im Gespräch.

Hazim Nada mit Aehra SUV
Gregor Hebermehl
"Was wir hier machen, ist eine Notwendigkeit." Aehra-Chef Hazim Nada möchte mit seinem Elektro-SUV ein konkurrenzloses Top-Premium-Auto auf den Markt bringen.
Welche Art von Elektromotoren werden Sie im Aehra-SUV einsetzen?

Wenn ich Ihnen das sage, dann können Sie vielleicht einen unserer möglichen Motorenlieferanten identifizieren. Was ich sagen kann: Wir möchten integrierte E-Achsen, und die möchten wir nicht selber entwickeln. Das sind die Punkte, die uns wichtig sind.

Hat der Aehra-SUV schon einen fertigen Innenraum, den Sie ausprobieren konnten?

Aktuell haben wir das noch nicht. Der Hauptgrund dafür ist das ungewöhnlich tiefe Armaturenbrett des Autos. Das erfordert eine Menge Entwicklungsarbeit. Zurzeit ist da nichts in Produktion, was unsere Anforderungen erfüllt. Eng damit verbunden ist auch die Entwicklung der Instrumente und Bedienelemente, die noch nicht abgeschlossen ist. Die Vorstellung des Innenraums ist für die nächsten Monate geplant.

Ist das tiefe Armaturenbrett die größte Herausforderung bei der Entwicklung des SUV gewesen?

Es ist nicht die größte Herausforderung, aber es ist das einzige Teil, das wir selbst entwickeln müssen, weil es einfach bisher nichts Vergleichbares gibt.

Es gibt jede Menge ehrgeizige Autohersteller auf dieser Welt, die unter anderem auch Elektro-SUVs entwickeln. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, trotzdem einen neuen Autohersteller zu gründen, der ein eigenes Elektro-SUV bauen soll?

Wir haben im Automarkt Lücken entdeckt. Lücken beim Design, Lücken bei der Auswahl des Materials, Lücken beim Innenraum-Platz und Lücken beim Fahrzeug-Charakter und den damit verbundenen Emotionen. Sandro und ich haben schon immer davon geträumt, eine eigene Autofirma aufzubauen (Sandro Andreotti, Chief Operating Officer bei und Mitgründer von Aehra, Anm.d.Red.). Wir haben festgestellt, dass bisher niemand die Ideen umgesetzt hat, die wir zu einem neuen Auto hatten. Was wir hier machen, ist aus unserer Sicht kein ambitionierter Versuch, sondern eine Notwendigkeit.

Für Sie ist es sehr wichtig, dass der Aehra ein italienisches Auto ist. Wie tief ist Aehra in der italienischen Autoindustrie verwurzelt?

In unserer Firma arbeiten viele Italiener – die Mitglieder des Designteams haben beispielsweise vorher bei italienischen Sportwagen-Herstellern gearbeitet. Das Gleiche gilt für die Ingenieure – von denen werden wir in den kommenden vier/fünf Wochen einige vorstellen. Der Chefingenieur, der am 1. März 2023 zu uns stößt, ist ein legendärer italienischer Autoentwickler.

Haben Sie selbst ein klassisches italienisches Lieblingsauto?

Ich hatte italienische Autos – aber ich muss dazu sagen, dass ich nie ein totaler Auto-Fanatiker war. Aktuell fahre ich ein deutsches Auto – einen BMW M5.

Sie positionieren den Aehra-SUV als "ultra high premium" – was bedeutet das für Sie?

Das ist eine Kombination aus vielen Elementen. Als Erstes brauchen wir eine ausgezeichnete Performance mit einer guten Dynamik. Hinzu kommen die Materialien, die ja auch das Gewicht bestimmen, und die Materialien der Innenausstattung. Das Gewichts-Leistungsverhältnis muss stimmen und der Komfort ebenso. Unser Marktsegment definiert sich dann auch über den Preis, der zwischen 160.000 und 180.000 Dollar betragen wird (aktuell ist der Betrag in Euro gleich, Anm.d.Red.).

Welche Autos sind denn die direkten Konkurrenten für den Aehra-SUV?

Wir haben da keine direkten Konkurrenten gefunden. Unser Auto schneidet verschiedenen Märkte an. Das Design ist im Supercar-Markt angesiedelt. Der Preis ist etwas niedriger – da wäre dann ein Mercedes EQS der Konkurrent.

Was ist mit dem Lotus Eletre?

Ja, der könnte auch passen – den konnte ich mir aber noch nicht ganz genau anschauen. Insgesamt haben wir aber wirklich kein Konkurrenz-Fahrzeug gefunden, das unserem Ansatz entspricht. Was wir sehen, sind Autos, die entweder ein klassisches Design haben oder deren Performance nicht dem entspricht, was wir uns wünschen.

Und Sie möchten dem Auto wirklich keinen Modellnamen geben?

Nein, dahingehend haben wir keine Pläne.

Neue Autohersteller versuchen teilweise auch, mit sehr langen Garantiezeiten auf sich aufmerksam zu machen. Vinfast bietet beispielsweise zehn Jahre Garantie. Haben Sie schon Pläne, welche Garantiezeit für den Aehra-SUV gelten könnte?

Von unseren Zulieferern bekommen wir nur das Allerbeste – die Top-Produkte. Wir werden den besten Standard anbieten – auch was die Zuverlässigkeit angeht. Das wird sich auch auf die Garantiezeit auswirken.

Herr Nada, vielen Dank für das Gespräch.

Fazit

Hazim Nada hat sich mit seiner neuen italienischen Automarke Aehra viel vorgenommen. Er möchte ein Top-Premium-Elektro-SUV bauen, dass technisch überzeugt und das die Sinne aller Insassen und Außenstehenden positiv anspricht. Für das Design hat er ehemalige Designer italienischer Sportwagenmarken gewonnen – und die haben geliefert: Das Aehra-SUV sieht wie ein Supersportwagen-SUV aus.

Ansonsten ist bei dem SUV aber noch viel Entwicklungsarbeit nötig – die Entscheidungen für die wichtigsten Komponenten wie Antriebs-Batterie, Motoren, Lenkung und Klima-System fallen demnächst. Danach beginnt Aehra mit dem Bau von Prototypen.

Aehra ist nicht nur als neues italienisches Auto-Start-up interessant, sondern auch, weil die Verantwortlichen wirklich versuchen, ihre Fahrzeuge anders zu machen, als die großen Hersteller.