Mercedes G 580: Erste Fahrt in der elektrischen G-Klasse

Mercedes G 580 EQ
Erste Fahrt in der elektrischen G-Klasse

Die Mercedes G-Klasse, seit 45 Jahren eine Designikone, präsentiert sich technisch runderneuert als W 465 mit bis zu 587 PS im Kleid des elektrischen 580 ohne EQ-Zusatz.

Seit 45 Jahren nun gibt es die Mercedes G-Klasse , Jahre, in denen das Design des kantigen Geländegängers geradezu ikonisch geworden ist. Beim Design des G hat sich folgerichtig nichts Nennenswertes geändert. Technisch dagegen hat sich einiges getan. Weshalb die Überarbeitung nicht als Modellpflege, sondern als vollwertiger Modellwechsel mit neuer Baureihen-Nummer gilt: Der W 465 ersetzt den seit 2018 gebauten W 463. Die vollelektrische Variante erhielt vor der Präsentation die meiste Aufmerksamkeit. Sie heißt nicht wie ursprünglich geplant EQG, sondern ist als G 580 nun fest im G-Programm verwurzelt. Eine gute Idee, wenngleich der sperrige Namenszusatz "mit EQ Technologie" überflüssig scheint, da es keinen G 580 ohne EQ-Technologie gibt.

Unsere Highlights

So fährt die neue G-Klasse

Die erste Fahrt mit dem G 580 führt über einen Landstraßen-Loop, der an einer hübschen Steinbrücke über ein Flüsschen namens Berre beginnt. Weil es in diesen Tagen in Südfrankreich in Strömen regnet, hat sich vor der Brücke eine tiefe Pfütze angesammelt. Kein Problem für den G 580, der durch bis zu 85 Zentimeter tiefes Gewässer waten kann. Weitere fotogene Pfützen folgen. Das sieht gut aus, selbst wenn das Wasser kaum mehr als eine Handbreit tief ist.

Hinter der Brücke schlängeln sich Sträßchen zwischen Weinbergen, der Berre und Feldern hindurch. Der Asphalt zeigt sich eher holperig, was für eine Testfahrt nicht so verkehr ist. Der G 580 überschmust mit seinen rund 3,1 Tonnen Gesamtgewicht kleine und große Unebenheiten sehr souverän, die aktiven Dämpfer verhindern allzu heftige Wankbewegungen. Weil die Lenkung mit präziser Ansprache und viel Rückmeldung mithilft, fühlt sich das alles überraschend handlich und unbehäbig an. Das gilt sogar dann, wenn die Straße kurviger wird und sich die Richtungswechsel schneller abwechseln.

Dass sich der Energieverbrauch des G 580 dabei kaum in die Nähe der WLTP-Angabe (30,4 bis 27,7 kWh/100 km, je nach Ausstattung) heranknausern lässt, ist eine weitere Facette des elektrischen Geländegängers. Bei zügiger, doch legaler Landstraßenfahrt zeigt der Bordrechner um 40 kWh/100 km an.

Danach darf ein anderer G 580 EQ zeigen, was er mit vier Motoren plus Reduktionsgetrieben über Stock und Stein so zu bieten hat. Im Falle des Offroad-Geländes rund um das Château Lastours ist es mehr Stein als Stock, was dem 580 freilich relativ egal ist. Mit seinen vier Motoren, der Low Range-Übersetzung in den vier Getrieben und den Offroad-Programmen Trail und Rock meistert er die kleineren und größeren Gemeinheiten so locker als wolle er fragen, wann denn nun das richtige Gelände anfinge. Und ja, Sie haben richtig gelesen. Jedes der vier radnahen Motoren verfügt über sein eigenes Zweigang-Getriebe, wobei ein Gang als Untersetzung ausgelegt ist. Eine mechanische Verbindung zwischen den Schaltgabeln der beiden Getriebe an einer Achse stellen dabei sicher, dass sie gleichzeitig schalten. Der Hintergrund: Zwar liefern die E-Motoren bereits bei minimaler Drehzahl maximales Drehmoment, doch sie mögen es nicht und dann zum Überhitzen. Durch die Untersetzung können die Motoren bei niedrigen Geschwindigkeiten im Gelände bei höherer Drehzahl laufen. Aufgerufen wird die Low Range-Stufe per Knopfdruck in der Mittelkonsole.

Der Bedienaufwand für den Fahrer beschränkt sich dabei aufs Knopfdrücken, per Dynamic Select muss er dazu die Fahrmodi Trail oder Rock aufrufen und den Fuß von der Bremse nehmen. Das Tempo kann er mit den Paddeln hinterm Lenkrad feinjustieren, bis aufs Lenken regelt der G den Rest. Reichweitenängste erweisen sich dabei als unangebracht. Weil die Elektromotoren bei der Offroad-Fahrt nur recht langsam und ohne hohe Leistungsanforderung rotieren, reicht die Akkuladung für mehrere Stunden Geländefahrt und hat immer noch genug Reserven für die Rückfahrt.

G-Turn und G-Steering

Links und rechts des Low Range-Knopfes befinden sich übrigens zwei Tasten, von denen die linke die spaßigere ist. Sie heißt G-Steering und bewirkt, dass der Wagen um sehr enge Ecken abbiegen kann. Dazu blockiert der Antrieb das kurveninnere Hinterrad, während die drei weiteren Räder gezielt beschleunigen. Das sieht so ähnlich aus als lenkte man ein und zöge die Handbremse. Es funktioniert aus dem Stand und bis 25 km/h.

So lässt sich mit einem gezielten Tritt aufs Fahrpedal das Heck richtig rumwerfen. Je rutschiger der Untergrund, desto besser lässt sich G-Steering als Dynamikhilfe einsetzen. Und falls Sie planen, sich vor dem Winter einen G 580 zuzulegen, dürfen Sie sich jetzt bereits auf verschneite Straßen freuen. Mehrfach gezeigt wurde die G-Turn-Funktion, durch welche der G-Wagen wie ein Kettenfahrzeug auf der Stelle um 180 Grad drehen kann. 360 oder 720 Grad sind ebenfalls möglich.

Bei all der Spielerei mit den G-Möglichkeiten im G-Lände hätten wir nun beinahe vergessen, dass es beim W 465 natürlich weitere Neuigkeiten gibt. Nicht zuletzt drei neue Antriebe mit mildhybrider Unterstützung, wie sie ja ebenso bei anderen Mercedes-Modellen eingesetzt werden.

Ein Dieselmotor gehört dazu, auch das ist Mercedes-Tradition, und das wird vermutlich noch eine Weile so bleiben. Schließlich gibt es Regionen auf diesem Planeten, in denen während der nächsten Jahre nicht mit rasantem Ausbau des Elektro-Ladenetzes zu rechnen ist. Und da passt der G 450 d besonders gut hin.

Obwohl er auf europäischen Straßen auch nicht so schlecht fährt. Der integrierte Startergenerator liefert wie bei den anderen Motoren 15 kW und 200 Nm mehr an die 9-G-Tronic, entsprechend souverän agiert der Selbstzünder im G. Neu ist zudem der Reihen-Sechszylinder im G 500. Der ist 449 PS und 560 Nm stark und gefällt im großen Geländewagen neben der sahnigen Leistungsabgabe mit sympathisch-brummigem Unterton.

Zum Abschluss der Testfahrten am Chateau wird zur Fahrt auf der sogenannten Rallyestrecke gebeten. Und zwar im G 63 AMG. Es gibt schnelle Kurven, enge Ecken, Sprunghügel, rutschige Anbremszonen und knietiefe Pfützen auf der Ideallinie zu bewältigen. Der 585 PS starke V8 wirft G-Wagen und Besatzung derart vehement um den Kurs, dass der Besatzung bald etwas flau wird. Gefallen hat's ihnen dennoch.

G 580 mit EQ-Technologie

Die elektrische G-Klasse baut nicht auf der Modularen Elektro-Architektur (MEA) oder der EVA II-Plattform auf, so wie EQS und Co. Stattdessen bleibt der Mercedes G 580 mit EQ-Technologie ganz in der Tradition seiner Verbrenner-Pendants und basiert auf einem klassischen Leiterrahmen. Diese wurde für die Elektro-Architektur modifiziert und verstärkt, Querstreben mussten dem Akku-Pack weichen, das auch strukturelle Aufgaben übernimmt. Den Batteriekasten schützt an der Unterseite eine Platte aus einem noch nicht näher beschriebenen Faserverbundwerkstoff, der den Kasten durchschlagfest machen soll und damit den Akku schützt, auch wenn der elektrische Kraxler auf spitzen Felsen aufsitzt.

Technische Daten: Mercedes G 580 EQ

E-Motor

4 x Permanenterregte Synchronmaschine

Systemleistung

432 kW / 587 PS

Drehmoment

1.164 Nm

Länge/Breite/Höhe

4.624/1.931/1.986 (mm)

Radstand

2.890 mm

Wendekreis

13,6 m

Kofferraumvolumen

555 / 1.990 l

Gewicht

3.085 kg

Zuladung

415 kg

0 - 100 km/h

<5 sec

Höchstgeschwindigkeit

180 km/h

Die Vorderachse des G 580 Electric ist wie bei der G-Klasse als Doppelquerlenkerachse mit Einzelradaufhängung und Federbein ausgeführt. Die Starrachse hinten ist als De-Dion-Achse konstruiert. Der Antrieb erfolgt über separate Halbwellen, wodurch die hinteren Elektromotoren mit dem Chassis verschraubt werden können. Der Vorteil: Über den gesamten Federweg bleiben Sturz und Spur der Räder konstant. Neben drei Fahrprogrammen Eco, Comfort und Sport bietet das Modell auch noch drei Offroad-Modi namens "Trail", "Sand" und "Rock". Den Kontakt zur Straße halten 18 Zoll große Räder mit 265/60er-Reifen, die an adaptiven Stoßdämpfern mit Stahlfedern hängen.

Tempomat für Low-Speed

Außerdem hat der E-Antrieb eine per Knopfdruck im Stand zuschaltbare Untersetzung (2:1). Sprich, der G 580 Electric ist eines der wenigen E-Autos mit mehr als einem Gang. Zwar wären die E-Motoren auch bei niedrigsten Drehzahlen stark genug, die Räder selbst in schwierigen Positionen weiterzudrehen, aber dann liefen die Maschinen unter Umständen zu lang mit wenig Drehzahl, aber hohen Strömen. Dadurch besteht die Gefahr der Überhitzung. Mehr Drehzahl dank der Untersetzung bringt hingegen mehr Kühlung. Drei Kriechmodus-Versionen bietet der G 580 EQ, als eine Art Tempomat für niedrige Geschwindigkeiten: "D-" ist ausgelegt für bis zu 3 km/h, "D" erlaubt knapp mehr als 6 km/h und "D+" 8 km/h. Die Modi kann der Fahrer über die Lenkradpaddels steuern, die bei der Verbrenner-G-Klasse das manuelle Schalten der Neugang-Automatik erlauben.

In Sachen Antrieb wird der über drei Tonnen schwere elektrische Offroader von vier Elektromotoren – pro Rad ein Motor – mit einer Gesamtleistung von 432 kW / 587 PS befeuert. Derart potent soll der Standardsprint auf 100 km/h in unter fünf Sekunden erfolgen. Der Akku bietet eine Kapazität von 116 kWh. Die Reichweite des G 580 Electric beträgt nach WLTP bis zu 473 Kilometer. Der kombinierte Energieverbrauch wird mit 27,7 kWh angegeben. Geladen werden kann mit 11 bis maximal 200 kW. Bei 110 kW-Ladestrom soll der Akku in 32 Minuten von 10 auf 80 Prozent gefüllt werden können.

Die Preise

Bestellbar ist die elektrische G-Klasse ab sofort. Der Grundpreis liegt bei 142.622 Euro. Damit sortiert sich der G 580 Electric zwischen dem G 500 für 132.328 Euro und dem AMG G 63 zu Preisen ab 189.329 Euro ein. Wer auf das umfangreich ausgestattete Sondermodell Edition One schielt, sollte bereit dazu sein, für das Ausstattungspaket einen Aufpreis von 49.903 Euro zu bezahlen.

Die legendäre Teststrecke auf den 1.445 Meter hohen Grazer Hausberg Schöckl hat der G 580 Electric bereits bezwungen. Mit dieser finalen Prüfung auf der 5,6 Kilometer langen Route mit ihren bis zu 60 Grad steilen Steigungen hat sich der Elektro-Kasten als vollwertiges Mitglied der G-Familie qualifiziert. Übrigens wird es auch einen Soundgenerator für künstlichen Motorsound geben ("G-Roar").

EQG als Studie – seriennah

Die elektrisch angetriebene G-Klasse, die 2021 als seriennahe Studie Concept EQG auf der IAA Mobility in München debütierte, nahm zunächst einen langen Anlauf. Bereits 2017 ließ sich Mercedes die Modellbezeichnung EQG schützen. Etwas später, im Januar 2018, hatte Hollywood-Legende Arnold Schwarzenegger Dieter Zetsche ein Versprechen abgerungen: Bei der Vorstellung der aktuellen G-Klasse, Baureihe 463, sagte der damalige Daimler-Vorstandschef, dass die bevorstehende Elektrifizierung aller Modellreihen selbstverständlich auch den Geländewagen-Klassiker einschließen werde. Ende 2019 bestätigte dann Zetsches Nachfolger Ola Källenius auf einem Branchen-Kongress die elektrische Zukunft des G: "Es wird eine emissionsfreie EV-Version der Mercedes G-Klasse geben. In der Vergangenheit hatte es Diskussionen gegeben, das Modell einzustellen. So wie ich das nun sehe, ist der letzte Mercedes, den wir bauen, eine G-Klasse!"

In seiner Grundform entspricht der Mercedes Concept EQG exakt dem kastigen Wesen des Verbrenner-Pendants. In den Details greift die Studie jedoch typische Elektroauto-Merkmale auf. Zum Beispiel im Bereich zwischen den Rundscheinwerfern, wo der Kühlergrill einer durchgehenden tiefschwarzen Verkleidung weicht. Damit diese nicht zu trist daherkommt, präsentiert sie einen per LED beleuchteten Rahmen und Stern, während um diesen herum platzierte blaue Akzente einen Abendhimmel zu simulieren scheinen. Weiß leuchtende Kreise in den Außenspiegel-Gehäusen greifen die Optik der Tagfahrleuchten auf.

Zweifarb-Lackierung und 22-Zoll-Felgen

Leuchtstreifen sitzen auch in den seitlichen Stoßleisten, die damit dieses ikonische Design-Merkmal der G-Klasse betonen. Mit seiner Zweifarb-Lackierung – oben Schwarz glänzend, unten Alu Beam glänzend – scheint der Concept EQG bereits dem Maybach-Portfolio anzugehören. Dazu passt auch die Form der 22-Zoll-Leichtmetallräder aus poliertem Aluminium. Erst in der Draufsicht zeigt sich das mittig auf dem flachen Dachgepäckträger ausgeformte "G". Die LED-Lichtleisten an beiden Enden des zusätzlichen Stauraums – vorne weiß, hinten rot – sind dagegen aus den meisten Perspektiven wahrnehmbar.

Eine Besonderheit zeigt sich am Heck: Dort, wo normalerweise das Ersatzrad auf der Heckklappe sitzt, trägt das Showcar eine verschließbare Box, deren Form an eine Ladestation in der heimischen Garage erinnert. Das Behältnis ist beispielsweise für das Ladekabel vorgesehen.

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Fazit

Durch die Elektro-Version und die mildhybridisierten Verbrenner hat die G-Klasse deutlich an Aktualität und Attraktivität gewonnen: Topmoderne Antriebe, feine Verarbeitung, überragende Geländefähigkeiten plus ikonisches Design, das kriegt wohl nur Mercedes so hin.