Aceman nennt Mini seine neue Studie, die sowohl optisch als auch technisch das zeigt, was die Modelle der Marke in naher Zukunft ausmacht. Mit dem 2011 vorgestellten Paceman hat der Aceman nicht allzu viele Gemeinsamkeiten – höchstens, dass beide ein SUV sind. Der 2016 eingestellte Paceman war ein dreitüriger Countryman mit Verbrennungsmotor, Chrom und auf Wunsch Leder. Der Aceman hat vier Türen, ist rein elektrisch angetrieben und seine Entwickler sind stolz darauf, dass es für ihn kein Chrom und keine Lederausstattung gibt.
Sehr seriennah
Die Designmerkmale des Aceman sollen künftig zwar für die komplette Mini-Familie gelten – aber mindestens ein Serienmodell wird fast genauso aussehen wie der Aceman. Das heißt, es gibt eine hoch aufragende Front, einen achteckigen Grill mit leuchtendem Rahmen, eine von Schnörkeln befreite Karosserie, einen langen Dachkanten-Spoiler und viele Union-Jack-Anleihen. Eines der Haupt-Designthemen ist beim Aceman das Langloch – kennt jeder, der beim Bohren in zu weichem Material mal ein bisschen abgerutscht ist. Spannend, ob es diese Form in die Serie schafft. Bei der Studie sind beispielsweise die zeitgeistkorrekt bündig mit der Karosserie abschließenden Türgriffe und die orangefarbenen Abdeckungen der Außenlautsprecher in den Stoßfängern in so einer Langlochform gestaltet. Ja, Außenlautsprecher: Zumindest bei der Studie gehen die Entwickler davon aus, dass die individuell für Elektro-Minis komponierten Geräusche nicht nur etwas für die Insassen sind.
Design und Aerodynamik
Der Aceman ist 4,05 Meter lang, 1,99 Meter breit und 1,59 Meter hoch. Unter seiner Fronthaube gibt es keinen Kofferraum – dort sitzen ein Elektromotor und die Steuerungs-Elektronik. In der Seitenansicht fallen die mit einer breiten Kunststoffleiste markant ausgestellten Radhäuser auf, die mit einer Union-Jack-Prägung versehen sind. Sie beherbergen 20-Zoll-Räder mit Sechsspeichen-Felgen, in die ein zentrales großes Dreieck hineingeschliffen ist und die das Rad aus aerodynamischen Gründen fast komplett verschließen. Auf dem großen Panorama-Dach sitzt ein Dachträger, der ebenfalls im Union-Jack-Look gehalten ist – in der Serie besteht für dieses Design aber keine Chance. Am hinteren Dachende verhindert ein langer Spoiler Luftverwirbelungen und verbessert so den cW-Wert signifikant, was wiederum die Effizienz und somit die Reichweite erhöht. Ein dezenter Hinweis auf die Historie sitzt am unteren Ende der A-Säulen: Dort verläuft eine diagonale Kontur – bei den Ur-Minis sitzt an dieser Stelle eine diagonal verlaufende Schweißnaht, die jetzt offenbar zu einer Art Kult-Schweißnaht werden soll. Ein wenig mehr Retro gibt's am Dach – das ist nämlich in British Racing Green gehalten.
Lichtshow satt Endrohr-Brummen
Die Matrix-LED-Scheinwerfer sind beim Aceman nicht nur dafür da, bei nächtlicher Fahrt den Gegenverkehr auszublenden, sondern sie sorgen auch für eine Lichtshow, wenn sich der Fahrer nähert und das Auto öffnet. Beim Einsteigen geht diese Show im Innenraum weiter – Lichtspiele lösen anscheinend das Auspuffblubbern aus dem Verbrennungsmotor-Zeitalter ab. Innen bietet der Aceman fünf Sitzplätze, die mit Strick- und Webstoffen bezogen sind. Außerdem haben die Designer den Bezügen ein buntes Muster verpasst, auf dem auch der Schriftzug xoxo prangt – in Chat-Sprache bedeutet xoxo "Küsse und Umarmungen", wobei das x für einen Kuss mit gespitzten Lippen und das o für eine Umarmung steht.
Runder OLED-Touchscreen
Der Fahrer bekommt im Mini Aceman keine eigenen Instrumente mehr – hier haben sich die Ausstatter anscheinend an Tesla Model 3 und Model Y orientiert. Dort bauen sich allerdings einige Fahrer Nachrüst-Anzeigen ins Auto, weil ihnen der Blick auf den zentralen Infotainment-Bildschirm nicht ausreicht. Dieser zentrale Bildschirm ist beim Aceman eine echte Schau: Rund und flach ziert er das obere Ende der Mittelkonsole und dank OLED-Technik bietet seine Anzeige tiefes Schwarz und kräftige Kontraste. Während auf dem Lenkrad haptisch angenehmer, aber nicht serientauglicher Samt sitzt, ist das Armaturenbrett mit einem Strickstoff bezogen und soll an eine Soundbar erinnern – ein Audio-Gerät, das jeder kennt, dem erst nach dem Kauf seines neuen Fernsehers eingefallen ist, dass er auch guten Sound möchte. Zur Licht- und Menüinszenierung gehören Projektionen auf den Armaturenbrett-Stoff – wobei so eine Technik Opel mit seinem Monza Concept bereits 2013 vorgestellt hat.
Drei Kippschalter haben überlebt
Wie bei nahezu allen neuen Autos, so sind auch beim Aceman die meisten klassischen Knöpfe verschwunden. In der Mittelkonsole sitzen noch drei Kippschalter in ausgesprochen witzigem Design. So besteht der Startknopf aus durchsichtigem Kunststoff, in dem ein kleines Raketen-Symbol eingelassen ist. Die beiden anderen Schalter sind für die Wahl der Fahrstufen und für die des sogenannten Experience-Modes. Für die Lautstärke des Audiosystems ist zum Glück ein klassischer Drehknopf da. Eine weitere Gute-Laune-Ausstattung ist die aus zwei Schienen bestehende Mittelkonsole, die unter anderem die induktive Ladeschale für mobile Endgeräte und schicke Haltesysteme für Kleinkram aufnimmt.
Drei Experience-Modi
Im Aceman gibt es drei von den oben genannten Experience-Modes, die ein paar Einstellungen zu den persönlichen Vorlieben bündeln. Im Personal-Mode kann der Nutzer ein eigenes Bild als Bildschirmhintergrund wählen – das wirkt nicht wahnsinnig neu, aber bei den Infotainmentsystemen der Autohersteller ist so eine Möglichkeit tatsächlich noch nicht Standard. Sein eigenes Hintergrundbild kann der Nutzer dann mit einem der vorkonfigurierten digitalen Rahmen umgeben. Dessen Thema nehmen wiederum die Armaturenbrett-Projektoren auf, hinzu kommt eine passende Soundkulisse. Für Abwechslung beim Navigieren sorgt dann der Pop-up Mode. Das System schlägt anhand von voreingestellten Kategorien Ziele entlang der Route vor, die die Projektoren ebenfalls teilweise auf dem Armaturenbrett darstellen. Dann gibt es noch den Vivid-Mode zum Überbrücken von Pausen – zum Beispiel beim Laden der Batterie. In diesem Spiele-Modus kann der Nutzer etwa den Schriftzug Aceman auf dem OLED-Display in bunte Blasen zerlegen und diese auf dem Armaturenbrett kollidieren lassen.
Vorstellung auf Videospiel-Messe
Konkrete Informationen zum Antrieb gibt es noch nicht. Klar ist, dass der Aceman auf einer reinen Elektroauto-Plattform basiert und aus dem Spotlight genannten Joint Venture mit dem chinesischen Hersteller Great Wall kommt. Die primäre Motivation für das Joint Venture mit Great Wall war die Erschließung des chinesischen Marktes. Aber, so der damalige Mini-Chef Bernd Körber im Interview mit auto motor und sport: "Mini wird enorm davon profitieren, dass wir zwei Fahrzeuge in China entwickeln, in einem Umfeld, das so enorme Produktanforderungen im Bezug auf Reichweite, Batteriekosten, Connectivity und entsprechende Fähigkeiten des Bordnetzes stellt". Schließlich, so der Markenchef, würden "viele der automobilen Trends nicht mehr vom deutschen Umfeld bestimmt. Ein Manager, der morgens auf dem mittleren Ring zum Vierzylinder fährt, erlebt ja nicht mehr, was Mobilität der Zukunft ist". Spotlight entwickelt aktuell die reine Elektroplattform für Aceman und den Nachfolger des dreitürigen Mini E, den es, anders als den Aceman, aber auch mit Verbrenner geben wird. Ab Ende 2023, wenn die ersten neuen Modelle kommen, will sich Mini über 7 Jahre ganz vom Verbrenner zum E-Antrieb transformieren. Die E-Plattform von Spotlight beherrscht sowohl Front- als auch Allradantrieb. Mini zeigt seinen Aceman der Öffentlichkeit erstmals auf der Videospielmesse Gamescom in Köln (24. bis 28. August 2022).