Während VW unter den Namen Trinity parallel schon an der Nachfolge-Generation arbeitet, entwickeln die Wolfsburger die bereits eingeführte MEB-Plattform weiter. Aus einer Präsentation, die Silke Bagschik, Vertriebs- und Marketingleiterin für die ID-Reihe im Rahmen des UBS Paris Electric Days vorstellte, geht hervor, dass VW für den Modularen Elektrobaukasten (MEB) künftig Ladeleistungen von über 200 kW und Reichweiten von bis zu 700 Kilometern anstrebt. Sowohl die gesteigerte Ladeleistung als auch die 700 Kilometer sind im VW-Kontext nicht ganz neu, wurden bislang aber immer erst im Trinity-Umfeld genannt. Schaut man aber etwas genauer hin, ergibt des Update aber auch mit Blick auf den heutigen MEB Sinn.
Kurzer Radstand = 553 Kilometer
Wichtig ist lediglich zu verstehen, dass es sich bei den von Bagschik genannten Daten im Grunde gar nicht um ein Update handelt, sondern um Leistungswerte, die eigentlich von Beginn an für den MEB geplant waren. Aber der Reihe nach. Aktuell sind ganz grob drei MEB-Varianten im Einsatz, die sich bei identischem Radstand (2,77 Meter) hauptsächlich durch die verwendete Batteriegröße unterscheiden. Los geht's mit dem "kleinen" MEB-Akku, der auf 45 kWh-Akkukapazität kommt und aktuell zumindest für den VW ID.3 nicht zu bestellen ist. Die nächste Akku-Größe kommt auf 58 kWh, das aktuelle Maximum auf 77 kWh. Damit lassen sich mit Blick auf VW ID.3, Skoda Enyaq und Audi Q4 E-Tron Reichweiten von ca. 553 WLTP-Kilometer realisieren. In Kombination mit der aktuellsten Version der ID.Software (3.0) sind laut VW für die MEB-Modelle mit dem 77-kWh-Akku 150 kW als maximale DC-Ladeleistung möglich. Da fehlt in Sachen Ladeleistung und Reichweite also noch ein ganzes Stück zu den Daten, die Silke Bagschik in Paris präsentiert hat.
ID.Buzz-Radstand für den E-Passat
Ob sich die zusätzlichen kW und Kilometer tatsächlich mit dem "kurzen" Radstand und den dort unterzubringenden 12 Batterie-Modulen realisieren lassen, scheint fraglich. Viel wahrscheinlicher ist hingegen, dass Bagschick einen etwas konkreteren Blick in die weiteren MEB-Radstände erlaubt hat. Mit der Präsentation des VW ID.Buzz kam nämlich die nächste MEB-Variante dazu, die auf einen Radstand von knapp 3 Meter (2.988 Meter) kommt. Das schafft Platz für zusätzliche Batteriemodule und macht den Weg frei in Richtung Kapazitäts-Maximum, das sie bei VW für den MEB mal mit 111 kWh angegeben haben. Ob die tatsächlich realisierbar sind, scheint aktuell aber fraglich. Weil der ID.Buzz durch seine Stirnfläche aber auch mit 111 kWh im Boden ganz sicher keine 700 WLTP-Kilometer kommen wird, bleibt mit Blick auf die VW-ID-Roadmap eigentlich nur noch der Elektro-Passat, der aktuell noch als "Aero B" im Plan steht. Der duckt sich entsprechend günstiger in den Fahrtwind und wird aller Voraussicht nach mit dem Radstand des ID.Buzz starten und wahrscheinlich auf 90 kWh kommen. Darauf deutet zumindest die letzte E-Passat-Studie ID. Space Vizzion hin, die 2019 auf der LA Auto Show vorgestellt wurde.
Was die von Bagschick versprochen 200 kW Ladeleistung angeht, fehlen bis jetzt weitere Informationen. Ein kurzfristiger Lade-Peak von 200 kW würde mit Blick auf die Ladeleistung kaum Fortschritte bringen. 200 kW über einen gewissen Zeitraum zu halten, aber sehr wohl. Allerdings sind dem 400-Volt-Bordnetz des MEB dabei aber technisch Grenzen gesetzt. Was in der gesamten Betrachtung noch fehlt? Die dritte MEB-Länge, von der immer wieder die Rede ist. Den ID.Buzz wird es nämlich auch als Langversion geben, die vor allem für den Vertrieb in den USA relevant sein wird. Die Studie ID. Vizzion, die 2018 auf dem Genfer Automobilsalon zu sehen war, kam auf einen Radstand von 3,10 Meter und hatte eben die maximalen 111 kWh an Bord, die bislang als maximale MEB-Konfiguration ausgegeben worden war.