Porträt 190er-Fan Steffen Florschütz: Noch 475 Tage bis zum Baby-Benz-Glück

Porträt 190er-Fan Steffen Florschütz
Noch 475 Tage bis zum Baby-Benz-Glück

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So lange muss Steffen Florschütz noch warten, bis er endlich die Führerscheinprüfung ablegen darf. Doch der 15-jährigen hat sich vorsorglich schon mal einen Mercedes-Benz 190 gekauft.

Mercedes-Benz 190 E 2.3, Steffen Florschütz
Foto: Hardy Mutschler

Fast schon zärtlich streichelt Steffen Florschütz über die Motorhaube seines Autos, das in der heimischen Garage zwischen einem Porsche-Trecker und dem Fuhrpark seiner Eltern parkt. Gleich darauf nimmt der Teenager aus Wiesbaden-Auringen auf dem Fahrersitz Platz, seine linke Hand greift automatisch nach dem Lenkrad, die rechte ruht auf dem Schalthebel. Einfach losfahren, das wäre in diesem Moment das Größte für Steffen.

Kann man Konfirmationsgeld besser anlegen?

Endlich die Straßen rund um seinen Heimatort unter die Räder nehmen und dabei die Freiheit spüren, die einem Jugendlichen auf dem Land nur ein eigenes Fahrzeug zu bieten vermag. Die Sache hat nur einen Haken: Steffen Florschütz ist im vergangenen Sommer erst 15 Jahre alt geworden, bis zur Führerscheinprüfung werden also noch anderthalb Jahre vergehen. Dieser Umstand hat den jungen Mann jedoch nicht davon abgehalten, bereits vor einigen Monaten ein Auto zu kaufen - einen Mercedes-Benz 190 E 2.3 Avantgarde Azzurro, Baujahr 1993, bezahlt vom Konfirmationsgeld.

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Dass ihr Sohn seitdem jeden Tag nach der Schule erst einmal in die Garage pilgert, um seinen 190er zu bestaunen, ist für die Eltern kein Problem. "Wir schauen ja auch ständig nach unseren Autos", erklärt Vater Stefan Florschütz.

Der 190er - ein Tipp vom Vater

Ernsthaft in Gefahr gewesen wäre der Familienfrieden dagegen, wenn sich der Junior mit seinem ursprünglichen Wunsch durchgesetzt und einen Audi erstanden hätte. „Den 190er hat mein Vater schließlich ins Spiel gebracht“, erklärt der junge Autofan und schielt dabei in Richtung der drei auf Hochglanz polierten Fahrzeuge, die auf Teppichen abgestellt ebenfalls in der geräumigen Garage parken - allesamt Modelle des Automobilherstellers aus Stuttgart: ein SL 300 (W 107), ein 500 E Limited (W 124) sowie ein 300 SE 24 V Cabriolet (W 124).

"Meine Eltern sind nun einmal Mercedes-Fans durch und durch und hätten vermutlich niemals eine andere Marke in ihrer Garage akzeptiert", schmunzelt Steffen. Und gesteht, dass er seinem Vater am Ende dankbar für die geleistete Entscheidungshilfe ist: "Ich hatte den kleinen Benz gar nicht auf dem Schirm. Doch schon beim ersten Besichtigungstermin war klar, dass es unbedingt dieses Modell werden muss."

Die Zeit bis zur Fahrprüfung vertreibt sich Steffen Florschütz mit Pflegearbeiten an seinem Baby-Benz. Felgen und Lack glänzen, als ob der 190er erst vorgestern und nicht vor 19 Jahren ausgeliefert worden wäre und bereits über 290.000 Kilometer abgespult hätte.

Bis der Wagen jedoch wieder so dastand, seien viele Stunden harte Arbeit ins Land gegangen. "Als ich den Mercedes im November übernommen hatte, war der Lack leider vollkommen stumpf." Schicksal eines Autos, das lange Zeit ein Dasein ohne schützende Garage fristen musste.

Seltenes Sondermodell mit gewöhnungsbedürftigem Farbspektrum

Besonders stolz ist Steffen Florschütz darauf, dass es sich bei seinem Fahrzeug um ein vergleichsweise rares Sondermodell handelt: "Von der Ausstattungsvariante Avantgarde Azzurro wurden nur 950 Exemplare produziert." Vater Stefan kann sich noch gut daran erinnern, wie im Frühjahr 1992 die drei Avantgarde-Sondermodelle Rosso (rote Perlcolor-Lackierung), Verde (dunkelgrün) sowie Azzurro (Metallic-Blau) präsentiert wurden.

Die auffälligen Farbgebungen sowie eine Handvoll exklusiver Design-Merkmale sollten dem bereits seit zehn Jahren produzierten 190er noch einmal einen jugendlichen Touch mit auf den Weg geben. Es war ein letztes Werben um Kunden. Denn intern stand bereits fest, dass die W 201-Baureihe im Jahr darauf endgültig in den wohlverdienten Ruhestand geschickt werden würde: Mit 1,8 Millionen verkauften Exemplaren zählt der Baby-Benz zu den Bestsellern des Hauses.

"Bei dem Azzurro handelt es sich jedoch um die sportlichste der drei Avantgarde-Versionen", erklärt Steffen Florschütz nicht ohne Besitzerstolz. Er weiß, dass der Rosso nur mit der 109 PS starken 1,8-Liter-Maschine ausgeliefert wurde, während der Verde ausschließlich in Kombination mit dem 2,5-Liter-Diesel-Motor zu haben war, der es auf bescheiden anmutende 90 PS brachte.

In seinem Modell arbeitet hingegen der bewährte, 136 PS starke 2,3-Liter: "Damit läuft das Auto 200 Sachen." Um den Azzurro weiter aufzuwerten, haben die Ingenieure das Auto bereits serienmäßig mit geschmiedeten Achtloch-Alu-Felgen und dem straffen Sportline- Fahrwerk versehen. "Der Wagen liegt 23 Millimeter tiefer als ein herkömmlicher 190er auf der Straße", weiß der junge Besitzer, dem die Vorfreude auf das erste Fahrerlebnis förmlich ins Gesicht geschrieben ist. Die technischen Daten seines Mercedes kann Steffen Florschütz längst im Schlaf herunterbeten.

Jeder Passagier mit eigenem Farbcode

Aber auch die Innenausstattung trifft voll und ganz den Nerv des autoverrückten Teenagers. Beheizbare Sportsitze, Lederausstattung und ein Sportlenkrad gehören wie die elektrischen Fensterheber zum Serienumfang. Das schwarze Karbonfaser-Dekor auf der Mittelkonsole, die beheizbaren Außenspiegel und das Schiebedach sind weitere Extras, mit denen der Konzern dieses Sondermodell aufgehübscht hat.

Zu der Liste der Goodies zählte werksseitig einst auch das Becker Cassetten-Radio Grand Prix 2000, welches in Steffens Auto jedoch bereits vom Vorbesitzer gegen ein modernes CD-Radio ausgetauscht wurde. Ein passendes Becker-Radio würde allerdings schon zum Einbau bereit liegen, erklärt Vater Stefan Florschütz. Für ihn müssen sich Autos weitestgehend im Originalzustand befinden - Ausnahmen gestattet der gelernte Installateur nicht einmal seinem Sohn.

An das auffällige Innendesign des Avantgarde-Modells musste der Vater sich jedoch erst gewöhnen, während Steffen von den unterschiedlichen farbigen Feldern auf den Kopfstützen und Rückenlehnen des ansonsten schwarz gehaltenen Mobiliars vom ersten Moment an begeistert war: Rot für den Fahrersitz, Gelb für den Beifahrer sowie Grün und Blau für die hinteren Sitze. Nur ein Design-Gag oder doch ein ernst zu nehmendes Stilmittel? Für den Besitzer ist die Antwort klar: "Ich will nicht irgendein Auto fahren, sondern eines, das unverwechselbar und eigenständig ist." Jetzt muss Steffen Florschütz im Juni 2013 nur noch die Fahrprüfung bestehen.