Audi RS E-tron GT Performance Test: 680 kW und 592 km Reichweite

Audi RS E-tron GT Performance
In 34,7 Metern von null auf 100 km/h

Ein Auto, das mit 680 kW brachialer beschleunigt als andere bremsen, das mit 400 kW rekuperiert und mit 320 kW Strom lädt? Auftritt Audi RS E-Tron GT Performance, der für gut 160.000 Euro beweist, wie überlegt und überlegen ein E-Auto sein kann.

Audi legt seinen Elektro-Sportwagen E-Tron GT im Zuge des Facelifts in einer besonders sportlichen Version auf. Die Systemleistung des neuen RS E-tron GT Performance beträgt im Launch-Control-Modus bis zu 680 kW (925 PS). Im Normalzustand sind es 550 kW (748 PS) und das maximale Drehmoment beträgt 1.027 Newtonmeter. Zum Vergleich: Die Basisversion S E-Tron GT liefert im Normalfall 435 kW (591 PS), beim Standard-RS liegen 500 kW (680 PS) an. Den Spaßfaktor soll die "Push to pass"-Funktion erhöhen, die den Antrieb für bis zu zehn Sekunden in den Launch-Control-Modus versetzen und damit Extra-Power generieren kann. Die Fahrleistungen: Null auf Hundert in 2,9 Sekunden und 250 km/h Topspeed.

Unsere Highlights

Im Vergleich zu den Modellbrüdern verfügt der RS Performance über einen in Bezug auf Leistungselektronik, Thermomanagement und Rekuperation optimierten Antrieb. Die Batterie erhält zudem neue Zellchemie, was obendrein zu einer auf 320 kW angehobenen maximalen Ladeleistung führt. Das Luftfederfahrwerk mit zwei individuell konfigurierbaren, RS-spezifischen Modi hat Audi neu abgestimmt, wobei erstmalig optional ein radselektives Aktivfahrwerk erhältlich ist. Premiere feiern im RS E-tron GT Performance außerdem der Modus "RS Performance" und die eigens angemischten Performance-Reifen für besonders sportliche Trips auf die Rennstrecke oder kurvige Landstraßen.

Für Augen und Ohren hält der Audi RS E-tron GT Performance ebenfalls Exklusives bereit, darunter die nur für ihn erhältliche Farbe Bedfordgrün. Auf Wunsch gibt es ein mattiertes und abgedunkeltes Carbondach, das – erstmals bei Audi – mit optionalen Elementen aus Carbon-Camouflage kombiniert werden kann. Dazu gehören Einleger im Stoßfänger sowie in den Türleisten, Teilen des Diffusors und den Außenspiegeln. Das Material findet sich auf Wunsch innen in Form von Dekoreinlagen wieder; ein spezielles Design-Paket bringt grüne Ziernähte ins Interieur. Das Fahrer-Informations-Display präsentiert bei Bedarf weiß hinterlegte Anzeigen. Beim Fahrgeräusch haben Audis Soundtüftler ebenfalls Feinschliff betrieben.

So fährt der Audi RS E-tron GT Performance

Die erreichte Geschwindigkeit durch die benötigte Zeit ergibt: genau, die Beschleunigung. Und die erlangt, stemmt der Audi RS E-tron GT Performance sich in der Werksangabe von 2,5 Sekunden von null auf 100 km/h, mit 11,1 m/s² einen Wert, der nicht nur die Erdanziehungskraft und damit das Beschleunigungserlebnis eines freien Falls übersteigt, sondern auch die Bremsleistungen vieler Autos. Und gleich noch eine Zahl: Dem Performance reichen 34,7 Meter Strecke für den Nullhundert-Sprint. Womit ein vordergründiger Teil der Neuerungen der Modellpflege des GT schon erwähnt wäre.

Aber nur ein Teil, denn das hier ist endlich mal eine Modellpflege, bei der die Neuerungen viel tiefer gründen als in stilistischer Kosmetik. Wir fangen mal unten an: Wie bisher sitzt der Akku im Boden, so gestaffelt, dass seine Module vier Fußgaragen lassen. Die Techniker mischten die Zusammensetzung von Nickel, Kobalt und Mangan neu ab, steigerten die Kapazität von 93,4 auf 105 kWh (netto von 83,7 auf 97 kWh). Vor allem aber ist die Batterie nun nicht mehr so ein Sensibelchen, wenn es um ihre Temperatur geht. Zwar schaltet das Thermomanagement bei hoher Leistungsabgabe zusätzlich zum Kühlkreislauf des Akkus noch den der Klimaanlage dazu. Doch muss seine Temperatur für volle Ladeleistung nicht mehr um vortempertierte 30 Grad Celsius liegen, nun reichen rund 15.

Über die aktuelle Temperatur und mögliche Ladeleistung informiert der Bordcomputer. Im besten Fall sind es nun 50 kW mehr, also 320. Wobei für die schnelle Ladezeit (10 bis 80 Prozent in 18 Minuten) nicht der Spitzenwert am wichtigsten ist, sondern die Fähigkeit des Akkus, bis rund 65 Prozent Ladezustand Energie mit Leistungen weit über 200 kW aufzunehmen.

Neben der kapazitätsreicheren Batterie erweitert die höhere Gesamteffizienz des Antriebs die Reichweite um offiziell 100 auf 592 km. Dazu entwickelten die Ingenieure eine neue Heckmaschine, einen Permanent-Synchro mit Haarnadelwicklung, leichterem Rotor und 600-Ampere-Pulswechselrichter für hohe Ströme. Die PSM drückt mit 415 kW, vorn zieht ein ebenfalls permanenterregter Motor. Damit seine 252 kW nicht die Gelenkwellen verzwirbelt, haben die Techniker, die verstärkt. Gemeinsam starktströmen die beiden Maschinen nun 680 kW zusammen – 205 kW mehr als es bisher beim GT gab.

Wollen wir’s, Magen?

Ach, und dann gibt es diesen aus der Motorsportlerei inspirierten Push-to-Pass-Knopf. Mit dem aktiviert die Elektronik 70 kW Extra-Boost, die sie sonst nur für den Launch-Start rausholt, für zehn Sekunden. Klingt kurz, aber der E-tron stürmt derweil so unfassbar voran, dass man sie nie wirklich ganz ausnutzen kann. Da kommt immer etwas dazwischen, eine Kurve/Stadt/Landesgrenze. Nach nur zehn weiteren Sekunden der Regeneration stünde die nächste Boost-Leistungseskalation schon wieder bereit. Aber den Push-to-Pass hat der E-tron als Chancenausgleich für Überholmanöver etwa so nötig wie Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar einen E-Motor an seinem Rennrad.

Aber nochmal kurz zur Beschleunigung, die wummst nicht auf den ersten der 34,7 Meter. Auf denen muss die Elektronik die Wucht auf die Haftfähigkeiten der neuen und auch auf Nachhaltigkeit hin entwickelten Pirellis einpegeln. Wenn die sich so ab 30 km/h eingegrippt haben, vorschlaghämmert der Performance erst so richtig los. Das kann ungeübten Mitfahrern durch Leib und, tja, Magen gehen und selbst Vorgewarnte überfordern.

Das Fahrwerk als Aktivposten

Das Fahrwerk dagegen geht jedes Tempo des E-tron locker mit. Das serienmäßige Doppelquer-/Mehrlenker-/Luftfeder-Ensemble lässt sich zu einem Aktivfahrwerk mit hydraulischem Wankausgleich aufrüsten. Warum hydraulisch in einem E-Auto? Wie nett, dass Sie fragen, denn darüber haben wir mit den Fahrwerkern geredet. Jedenfalls kommt das so:

Ein elektrischer Wankausgleich funktioniert über Stabilisatoren, der hydraulische dagegen braucht keine Stabis, sondern wirkt direkt auf die Dämpfer. Bisher scheiterte die Umsetzung an der zu Trägheit der Hydraulikpumpen, die nicht schnell genug ihre Drehrichtung ändern konnten, um das Öl in die Dämpfer zu drücken oder rauszusaugen. Die neuen Pumpen (je eine pro Dämpfer) sind nun fix genug, um Zug- und Druckstufe sekundenbruchanteilig schnell zu ändern. Damit stemmen sie sich gegen Seitenneigung, aber auch Brems- und Beschleunigungsnicken. Im Comfort-Modus können sie den E-tron sogar um bis zu zwei Grad in die Kurve legen.

Das Aktivfahrwerk verschafft dem GT neben herausragender Aufbaukontrolle auch einen gediegenen Weitstreckenkomfort, der mit seinem besonders sorgsamen Ansprechen auf niederfrequente Anregungen alle Grobheiten an Unebenheiten aussortiert, aber nie ins Schmeichlerische abhebt. Die Dynamic- und RS-Modi straffen die Kennlinien, haben aber immer genügend Achtsamkeit in Reserve, um jede Knüppeligkeit zu vermeiden.

Die Lenkung vom Taycan.

So fährt der Performance geradezu unerschütterlich sicher und bemerkenswert komfortabel. Und dazu mit beschwingter Dynamik. Dazu bekommt er auch die komplette Hardware und die Kennlinien der mit 14,3 statt 15,3:1 nun direkter übersetzten Allradlenkung. Dass sich die Lenkung dennoch nicht gar so innig anfühlt wie im Porsche? Kann doch gar nicht sein, meinen Audis Techniker. Und wenn doch, mag es höchstens an dem unrunden, 15 mm umfangreicheren Lenkrad liegen. Aber du spürst es eben doch. Anders als das Mitlenken der Hinterräder. Die steuern bis 50 km/h um maximal 2,8 Grad entgegen, darüber höchstens ein Grad parallel zu den vorderen mit. Das zeigt sich nur in der geschwinden Handlichkeit beim Rangieren und der enormen Spurtreue bei hohem Tempo.

Ach, und dann haben wir noch die Verzögerungsanlage. Müssen wir so nennen, denn bis zu einem Wert von 4,5 m/s² und mit maximal 400 kW verzögert der E-tron allein per Rekuperation. Der Übergang zur Hydraulik darüber gelingt absatzlos und ohne Einfluss auf die hervorragende Dosierbarkeit.

Eine noch vehementere Vollbremsung mag die Begeisterung für den RS E-tron GT Performance erlangen angesichts seines Preises von 160.500 Euro. Selbst S E-tron GT (126.000 Euro) und RS E-tron GT (147.500 Euro) stehen jetzt nicht wirklich in der Schnäppchenecke der Audi-Händler. Aber dann wiederum ist der E-tron den meisten seiner Rivalen nicht nur um ein paar Meter, sondern um Meilen voraus.