Als BMW 2014 den ersten Active Tourer auf den Markt brachte, glich das einer Revolution: ein Kompakt-Van mit Frontantrieb und Dreizylindermotor – harter Tobak für so manchen Fan der Bayern. Doch die markenuntypische Technik etablierte sich bei BMW ebenso schnell wie die ungewohnte Karosserieform: Mehr als 430.000 Exemplare (plus 200.000 des nun entfallenden Gran Tourer) konnten die Münchner insgesamt absetzen. Eine solide Basis, um zumindest mit dem kürzeren der beiden Tourer in die Verlängerung zu gehen – obwohl diese Entscheidung heute angesichts des SUV-Booms möglicherweise anders ausfiele.
Technikvorbote
Mit bekannter Grundform und nur geringfügig gewachsenen Abmessungen bei identischem Radstand wirkt der Neue äußerlich vertraut, ist aber an der großen Niere sowie den schmaler geschnittenen Scheinwerfern und Rückleuchten (jetzt stets in LED-Technik) sofort erkennbar. Doch viel wichtiger ist, was sich unter dem Blech auf der Basis der weiterentwickelten UKL-2-Plattform getan hat. Denn ähnlich wie sein Vorgänger bringt der neue Active Tourer zum Start einige Innovationen mit, die schon bald auch in den Schwestermodellen der Kompaktfamilie des Konzerns zu finden sein werden.
Als da wären: modernisierte Verbrenner mit und ohne Mildhybrid-Unterstützung, ein neues Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe sowie die jüngste Ausprägung des Bediensystems iDrive, das bislang nur in den Elektromodellen iX und i4 zum Einsatz kam. Zudem folgen auf die ersten Benzin- und Dieselmotoren im Sommer noch zwei Plug-in-Hybride und ein stärkerer Diesel.
Vor dem ersten Fahreindruck gilt es also, sich das Cockpit zu erschließen; das Kennenlernen fällt in diesem Fall etwas ausführlicher aus. Der neue Active Tourer verfügt über ein durchgehendes, leicht gewölbtes Anzeige-Panel mit zwei Displays. Links vom Infotainment-Bereich sind vier Direktwahlflächen, am unteren Rand zwei Bereiche für die Klimaeinstellungen reserviert (Klimaautomatik und Navigation serienmäßig). Darunter befindet sich nun eine durchgehende zentrale Lüftungsdüse, die verbliebenen Bedienelemente sitzen auf dem scheinbar frei schwebenden Träger zwischen Fahrer und Beifahrer – etwa Getriebewahlhebel, Fahrmodustaster und Lautstärkewalze. Den Dreh-Drück-Controller gibt es (anders als im iX) nicht mehr, ebenso wenig die Leiste mit Direktzugriffstasten und die Klima-Bedieneinheit, dafür eine aufrecht angeordnete Smartphone-Ablage mit Klemmbügel und drahtloser Ladefunktion (optional) sowie zwei Cupholder.
Cockpit-Ordnung
Die Grundeinstellungen gehen dank überwiegend intuitiv erreichbarer Funktionen schnell von der Hand, die großen Bedienkacheln im Infotainment-Menü erlauben einen raschen Zugriff und sind zudem individuell konfigurierbar. Nur bei der Temperatureinstellung greift die rechte Hand zu Beginn gelegentlich ins Leere. Dafür erfreuen Reaktivität, Schärfe und Kontrast des Touchdisplays. Letzteres gilt auch für die Fläche mit den Fahranzeigen, deren Tempo- und Drehzahldarstellung zugunsten einer variabler bespielbaren Mittelfläche wie in anderen BMW-Modellen nun vertikal skaliert ist.
Für einen ersten Fahreindruck warten an einem milden Februartag die beiden neuen Mildhybrid-Benziner auf uns, bei denen ein im Getriebe integrierter 48-Volt-E-Motor mit bis zu 14 kW unterstützt (bei Nenndrehzahl: 10 kW), einen sanfteren Motorstart ermöglicht und die Verbräuche senken soll. Im Falle des 220i (jetzt mit Drei- statt Vierzylinder-Benziner) addiert sich dies zu einer Systemleistung von 170 PS und einem maximalen Drehmoment von 280 Newtonmetern, während es der neue 223i mit Vierzylinder auf 218 PS und 360 Nm bringt.
Auf den ersten Landstraßenkilometern präsentieren sich die beiden Mildhybrid-Turbomotoren und das gemeinsam mit Magna entwickelte Doppelkupplungsgetriebe als überzeugend abgestimmte Antriebseinheiten, die ihre gebündelten Kräfte harmonisch und ruckfrei an die Vorderachse weitergeben.
Abstimmungsharmonie
Während der stärkere 223i seine Leistung gleichermaßen souverän wie kultiviert entfaltet, ist das Auftreten des dreizylindrigen 220i naturgemäß etwas kerniger im Klang, aber subjektiv kaum weniger spritzig. Manuelle Kommandos ans reaktionsschnelle Getriebe können die Fahrfreude in gewissen Situationen noch erhöhen, sind aber im Grunde überflüssig.
Passend zu den dynamischen Antrieben bietet das optionale Adaptivfahrwerk – interessanterweise ohne vorwählbare Kennlinien – einen ausgewogenen Charakter, der auch beim BMW-Kompakt-Van ins Agile tendieren darf, ohne dass darüber der Komfort vernachlässigt wird. Die Lenkung samt im Nachlauf optimierter Vorderachse präsentiert sich frei von Antriebseinflüssen und insbesondere im Sport-Modus mit angenehmer Direktheit und Präzision. Der Van-Revolution von 2014 folgt also eine gelungene Tourer-Evolution 2022 – und bald der erste Test. Hast du schön mitgelesen, liebe B-Klasse?