Mercedes-AMG GT 4-Türer, Porsche Panamera, Audi RS7 und auch der Bentley Continental GT stehen bei der Präsentation zum neuen BMW Alpina B8 Gran Coupé als die angepeilte Konkurrenz auf der "Key Facts"-Folie. In einem Moment großer Kreativität ergänzen wir die Liste um den BMW M850i, auf dem der nur als Gran Coupé erhältliche xDrive-B8 basiert. Und weil Alpina den V8 von 530 auf 621 PS frisiert, schreiben wir den lediglich 4 PS stärkeren Viertürer-M8 gleich mit auf.
Mit der Software-Leistungsspritze steigt das Drehmoment des 4,4-Liter-Biturbo-V8 auf 800 Nm, womit der B8 50 Nm über den genannten BMW-Modellen liegt. Die Twin-Scroll-Turbolader des N63B44 bleiben unverändert, allerdings installiert Alpina ihr eigenes Motor- und Ladeluftkühlsystem, um thermische Probleme selbst bei hoher Dauerlast zu vermeiden.
Zu der kann es schon mal kommen, denn laut den Buchloern soll der B8 GC 100 auf 200 km/h in 8,2 Sekunden abhandeln. Vor allem zügelt ihn keine künstliche Vmax-Wand (M8: 305 km/h), ergo darf er einfach mit allem, was er hat gegen den Luftwiderstand preschen. Ob er die 324 km/h tatsächlich packt, testen wir auf der österreichischen Autobahn lieber nicht. Wir können aber bestätigen, dass auf den beiden langen Geraden des Salzburgrings ziemlich viele km/h ziemlich zügig auf dem Digitaltacho stehen. Die Anzeige passt Alpina leider nur in der Farbgebung an, also gilt genau wie bei BMW: Die schmale Drehzahlmessergrafik lässt sich kaum intuitiv ablesen, noch dazu läuft sie gegen den Uhrzeigersinn.
Nicht für den Track, aber...
Alpina steht grundsätzlich für eine komfortable GT-Abstimmung und orientiert sich an Kundenrückmeldungen, die bei den schweren Luxuslimousinen lautet: Niemand fährt damit auf die Rennstrecke. Deshalb wird eine Bremsanlage mit Karbonkeramikbremsscheiben gar nicht erst angeboten, wohl aber eine mit temperaturfesteren Belägen und auf Alutöpfen montierten Bremsscheiben.
Jetzt sind 2,1 Tonnen ohne Fahrer tatsächlich nicht optimal für Rundkurse. Aber neben den Hochgeschwindigkeitsgeraden laufen auch zwei enge Schikanen über den Salzburgring, die mit ein bisschen Fantasie durchaus mit actionreichen Bergstrecken vergleichbar sind. Im Zusammenspiel mit der Hinterachslenkung lenkt der B8 dort fast schon spitz an, was wegen der recht widerstandsarmen Lenkradmittellage etwas Gewöhnung bedarf. Die Vorderachse lässt sich dabei allerdings nicht überrumpeln und die aktiven Stabis stützen die Karosserie beim Umsetzen effektiv. Die Masse spürst du natürlich trotzdem, dennoch erreicht der B8 eine hohe Agilität, die er in den ewig langen Bögen im Sinne einer hohen Stabilität zurücknimmt. Stabil bleibt er auch beim Rausbeschleunigen, denn anders als etwa ein B3 bleibt der Große dabei stur traktionsstark, statt das Hinterteil rauszustrecken – zumindest im Sport-ESP-Modus. Auf einen 2WD-Modus mit deaktivierter Kraftverteilung an die Vorderachse verzichtet Alpina.
Standfesteres Getriebe
Damit die Achtgangautomatik "ZF 8HP76" die 50 Extra-Nm dauerhaft wegsteckt, wurden deren Radsatz und Turbinen-Torsionsdämpfer verstärkt, zudem schraubt Alpina eine steifere Gelenkwelle in Richtung aktives Hinterachsdifferenzial. Neben einem vergrößerten Ölkühler wird die Getriebekühlung mit einer Ölwanne aus Aluminium statt Kunststoff verbessert, zudem ist sie etwas tiefer gezogen, um mehr Fahrtwind abzubekommen. Die Gänge wechseln ruckfrei und schnell (Alpina: 100 ms) – wer trotz sinnvoller Automatiklogik bevorzugt selbst schaltet, sollte statt der öden und schlecht bedienbaren Switch-Tronic-Schaltknöpfe lieber die richtig coolen Wippen mitbestellen, die aus CNC-gefrästem Aluminium gefertigt werden.
Am Fahrwerk überarbeitet Alpina die Lenker und Dämpfer, setzt Eibach-Federn ein und passt die Software an. Auch die Stützlager und Pendelstützen sind steifer ausgeführt. Den Radumfang erhöhen sie mit größeren Felgen und Reifenseitenwänden um 20 mm, damit die Karosserie höher ruht und die tiefer gezogene Stoßstange nicht gleich am Boden kratzt. Das klassische 20-Speichen-Schmiederad trägt speziell für den B8 entwickelte Pirelli P-Zero mit ALP-Kennzeichnung, die hinten in der Breite den Reifen auf dem M8 entsprechen, vorne sind sie 30 mm schmaler (B8: 245/34 ZR21, 285/30 ZR21). Im Vergleich mit dem M850i sind die Gummis vorne gleich breit, dafür hinten 10 mm breiter, wobei BMW ab Werk maximal 20-Zöller auf den Achter schraubt.
Gondelfahrt über Land
Jetzt geht‘s ab auf die Landstraßen um den Salzburgring, allerdings im Bummeltempo mit einem bunt gemischten Alpinarudel vom B3 bis zum XB7, aber nur einem B8. Die Fahrzeit beschränkt sich im Gran Coupé auf rund zehn Minuten, also kannst du da höchstens mal ein bisschen oberflächlich herumstochern.
Ganz wichtig: Der Alpina-Modus Comfort+ lässt die Dämpfer auf den wenigen Unebenheiten entspannt wirken. Allerdings werden Gaspedaleingaben darin stark geglättet: Wenn du also zügig vom Gas gehst, dauert es einen Moment, bis die Motorbremse einsetzt.
Jetzt den Gangwahlhebel in die M-Gasse drücken, den V8 auf 3.000/min abtouren lassen und dann Vollgas. Und die gleiche Nummer bei 2.000 Touren. Nun einen Gang höher und wieder bei 3.000 – und so weiter und so fort. Im Ergebnis baut der Ladedruck immer mindestens angenehm zügig auf, gefolgt von gleichmäßiger und überaus erhabener Kraftentfaltung inklusive dezentem Klangbild aus der Alpina-Abgasanlage mit den vier ovalen Endrohren. Auch im Automatikmodus bekommt der Antrieb sich gut sortiert, um schnell ordentlichen Vortrieb zu generieren.
Für weitere Ersteindrücke bleibt keine Zeit, hier aber noch ein bisschen Platz, um die "Key Facts"-Folie noch zu erweitern. Da wäre etwa Alpinas Rekordauftragsvolumen, das laut dem Hersteller 2021 schon über 2.000 Autos beträgt, während 1.500 bis 1.800 Einheiten pro Jahr die Regel seien. Nicht schlecht, denn ein D3 S liegt schon bei 70.500 Euro, der Teuerste ist der B8 ab 161.200 Euro. Damit kostet er 36.100 Euro mehr als ein BMW M850i, aber 6.200 Euro weniger als ein M8 Gran Coupé. Und abschließend noch das: Alpinas müssen grün oder blau sein mit goldenem Dekoset – das ist sonst falsch. Fakt!
Fazit
Auf dem Salzburgring fährt der B8 für sein Gewicht außergewöhnlich agil und kraftvoll. Der V8 lässt sich zwar als urgewaltig beschreiben, passt in seiner nicht zu wilden Abstimmung und dem zügigen Ladedruckaufbau super zum Luxusanspruch des Alpina. Ausführlicher beweisen muss er noch, wie viel GT das Fahrwerk auf längeren Fahrten liefert.