Mit dem iX zeigt BMW, wie es mit der Elektromobilität weitergehen könnte: Er ist ein intelligentes, cooles Auto mit tollem Antrieb, feinem Interieur und einer Reichweite, die einige Diskussionen beenden könnte. Wahrscheinlich werden die Diskussionen über Reichweiten von Elektroautos nie aufhören. Doch irgendwann ist alles gesagt, was es zu diesem Thema anzumerken gäbe. Jetzt zum Beispiel: Nach rund 350 km Fahrt von Berchtesgaden über Dingolfing zum Münchener Flughafen steht der Ladestand des BMW iX xDrive 50 bei rund 40 Prozent, das bedeutet so um die 200 Kilometer Restreichweite.
Der Durchschnittsverbrauch liegt um die 23 kWh/100 km, mithin dem Energiegehalt von rund 2,5 Litern Diesel, auch das darf man ruhig öfter in diesem Zusammenhang sagen. Denn was hier mit dem Energieverbrauch eines Zweitakt-Mopeds quer durch Bayern zum Flughafen reiste, ist kein Sparmobil. Sondern ein ausgewachsener SUV mit 385 kW. Und falls es Ihnen an Vergleichsmaßstäben bei E-Fahrzeugen mangelt: Es entspricht etwa dem Testverbrauch eines elektrischen Kompakt-SUV mit um die 100 kW im auto motor und sport-Test. Da kann man nun mit Well-to-wheel-Verbräuchen herumrechnen, wie man will, mit weniger Primärenergie scheint individuelle Mobilität auf diesem Niveau derzeit nicht wirklich darstellbar.
385 kW stark und fünf Meter lang
Der Tag beginnt mit viel Sonne rund um Berchtesgaden und einem alpinweißen ix xDrive 50 mit den bereits erwähnten 523 PS oder 385 kW. Der Elektro-SUV wirkt auf den ersten Blick kleiner als er ist. Ein Blick übers Datenblatt enttarnt ihn als Auto der X5-Kategorie, beinahe fünf Meter lang und über 1,60 m hoch. Die Designer haben ihm eine Reverenz an den i3 in die hinteren Dachsäulen modelliert. Das ist im Übrigen kein Tippfehler, sondern Latein und bedeutet Ehrerbietung. Immerhin verfügt der iX über die fünfte Generation des BMW-Elektro-Antriebsstrangs, die im Grunde ihres stromerregten Motors auch auf den i3 und dessen Vorgänger Mini E und BMW Active E zurückgeht. Es ist die fünfte Generation des BMW E-Antriebs, und es spricht inzwischen viel dafür, dass die bayerischen Motorenbauer mit ihrem seit über zehn Jahren verfolgten und weiterentwickelten Konzept gar nicht so falsch liegen. Im iX ist der Motor doppelt vertreten, einmal mit 190 kW Spitzenleistung vorn, einmal in leicht anderer Konfiguration mit 230 kW an der Hinterachse.
Zusammen können die beiden E-Triebwerke ein Systemdrehmoment von 765 Nm aufbieten. Zwischen den beiden Achsen und Motoren liegt der Energiespeicher, 14 Zentimeter hoch und aus elf Modulen mit 500 Zellen. Damit bietet der Batteriepack einen Netto-Energiegehalt von 105,2 kW, das reicht nach WLTP für bis zu 630 km – ein Wert, der bei einigermaßen sparsamer Fahrweise durchaus nicht im Fantasie-Bereich liegt. Das alles muss man nicht wissen, wenn man zum ersten Mal in den iX steigt. Der umfängt dich mit entspannter Lounge-Atmosphäre, sie scheint sehr weit entfernt von der betonten Einfachheit des i3. Die Kombination aus Instrumenten-Display und Zentralmonitor, die sich im weiten Bogen vor dem Fahrersitz ausbreitet, dominiert hier. Die Mittelkonsole ist zu einer Armauflage mit integrierter Bedieninsel geschrumpft, darauf der Startknopf, der Fahrschalter und der iDrive-Controler. Also beinahe alles, was man zum iX-Driven benötigt.
Autonomes Fahren Level 3 soll möglich sein
Das neue Bediensystem 8 zeichnet sich hier unter anderem mit einem transparenten Dreh-Drücksteller aus, was im Hinblick auf Griffigkeit und Intuitivität jedenfalls kein Fortschritt zu sein scheint. Überhaupt bemüht sich das Betriebssystem des iX bestmöglich zu verschleiern, wie viele unterschiedliche technische Prozesse im Fahrzeug ablaufen. Das vereinfacht die Bedienung nicht unerheblich. Solange man jedenfalls nicht in die Tiefen der vielfältigen Einstellungs- und Anpassungsmenüs abtauchen will. Alltägliches wie Telefon koppeln oder Naviziele eingeben, das klappt auch bei diesem BMW gut und schnell.
Also Fahrknopf auf Drive, die Route zum Zwischenziel in Dingolfing schlängelt sich über den Monitor. Über uns zieht der Morgennebel übers Kehlsteinhaus und die Berge im Süden. Geräumig und luftig-hell sitzt es sich im iX. Die Sicht nach draußen ist bestens, so lässt sich der Urlauberverkehr entlang der deutsch-österreichischen Grenze gut ertragen. Zumal der iX das meiste schon von selbst macht. Die adaptive Rekuperation lässt ihn an Kreuzungen oder hinter dem vorausfahrenden Verkehr passend verzögern. Er soll ja auf Level 3 autonom fahren können, und wenn man hier so durch den Verkehr trödelt, scheint das durchaus glaubhaft. Fünf Kameras, fünf Radar- sowie zwölf Ultraschall-Sensoren überwachen permanent das Umfeld des iX und bieten dem Fahrer mehr oder weniger diskret ihre Unterstützung an, beim Fahren, Rekuperieren, Spur halten oder etwa Parken.
Bei 200 km/h regelt der BMW iX ab
Eines der Systeme, das beim Fahren unterstützt, ist der Driving Assistant Professional (1.700 Euro Aufpreis). Er kombiniert die Funktionen von aktiver Geschwindigkeitsregelung, Lenk- und Spurassistent oder sogar Rettungsgassen-Assistent. Mittels eines Knopfes auf der linken Lenkradtaste kann er aktiviert werden. Der Verkehr gibt reichlich Zeit, um diverse Spielarten der Systeme durchzuspielen. Doch dann: Autobahnauffahrt, der Verkehr verdünnisiert sich. Und zwar weil auf der A8 Richtung München gerade wenig unterwegs ist, was der Gewalt der 765 Nm folgen könnte. Bei 200 km/h regelt der iX ab, er könnte zweifellos viel schneller.
Das BMW-typische dabei: Das Drehmoment bricht nicht wie eine Riesenwelle über Fahrzeug und Insassen herein, es entfaltet sich per Fahrpedal gut dosierbar, doch kaum weniger eindrucksvoll, fast so als wolle es die Leistungsentfaltung eines sehr, sehr kräftigen Verbrenners simulieren. Ganz offenbar ist viel Entwicklungsarbeit in diese Leistungscharakteristik geflossen Sie ist an allen BMW-E-Antrieben zu erfahren, vom Mini Cooper SE bis zum iX 50. Danach Landstraße nach Norden, rechts ist Österreich, dazwischen Felder, Hügel, kleine Ortschaften. Der iX erweist sich hier als erstaunlich agil, die (beim iX 50) serienmäßige Aktivlenkung hilft freilich dabei. Die Zweiachs-Luftfederung darf auf den weniger gepflegten Abschnitten ihre Talente vorführen: Sie zeigen sehr beachtlichen Reisekomfort, bügeln die meisten Unebenheiten aus der Landstraße, ohne dass der BMW dabei schaukelte.
So ist das Zwischenziel BMW-Werk Dingolfing viel zu schnell erreicht. Mit dem iX reiste man gern noch viel weiter. Und die Akku-Ladung ist gerade mal bei 60 Prozent. Zumal sich hier die Ladung am Schnelllader mit bis zu 200 kW nachtanken lässt. Darüber hinaus bietet die CCU (Combined Charging Unit) die Möglichkeit, den Energiespeicher an der heimischen Wallbox mit 11 kW nachzuladen. Das ist heute nicht nötig. Es sind nur noch ein paar Kilometer bis zum Flughafen München, wo unsere erste iX-Ausfahrt enden wird. Also los, nochmal auf die Autobahn!
Fazit
Mit dem iX beweisen die bayerischen Motorenbauer und Entwickler erneut hohe Kompetenz im E-Segment. Er ist ein stimmiges, großes, komfortabler BMW mit hohem Nutzwert und beachtlichem Spaßpotenzial. Zu freilich hohem Preis: Der iX 50 kostet ab 98.000 Euro, der iX40 mit kleinerer Batterie ab 77.300 Euro
BMW iX xDrive50 | |
Grundpreis | 107.900 € |
Außenmaße | 4953 x 1967 x 1696 mm |
Kofferraumvolumen | 500 bis 1750 l |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h |
Verbrauch | 19,5 kWh/100 km |