Normalerweise ist die Nummer vier in der Pit-Lane des Portimão-Racetrack eine Box wie jede andere auch. Doch heute geht’s statt durchs große Rolltor nur durch den Hintereingang hinein. Handy und Kamera müssen draußen bleiben, denn die M-Version des BMW 8er Gran Coupé darf noch keiner sehen.
Wir folgen Uwe Greiner, dem Produktverantwortlichen für das Gran Coupé, durch den verwinkelten Eingangsbereich. Die Boxenwände werden von dunklen Vorhängen verdeckt, weiße LED-Spots setzen die Linien des in Ametrien-Metallic lackierten M8 in Szene, während wir eifrig die Fakten notieren, die uns Uwe Greiner bereitwillig diktiert: 20 Zentimeter mehr Radstand als das zweitürige Coupé, insgesamt 23 Zentimeter länger (5,08 Meter) und natürlich zwei Türen mehr.
Die Front gleicht der von Coupé und Cabrio bis zur A-Säule. Dass das Gran Coupé sechs Zentimeter höher baut, kaschiert das serienmäßige Carbon-Dach geschickt. Zudem spart es rund 25 Kilogramm genau dort ein, wo das Gewicht am schädlichsten für die Fahrdynamik wirkt. Und da der M8 Competition auf Performance getrimmt ist, gibt es hier anders als im normalen Gran Coupé kein Panoramaglasdach.
M8-Spur: Breiter als der TÜV erlaubt
Das Heck selbst mündet in einem wenig dezenten Bürzel, der ebenso zum optionalen Carbon-Paket gehört wie die vorderen Lufteinlässe, Außenspiegel, seitliche Airblades und Diffusor in grau-schwarzes Netzmuster. Durch die 28 Millimeter breitere Hinterachsspur wirken die „Schultern“ noch präsenter und sind sogar rekordverdächtig: Kein anderer Serien-BMW hat eine breitere Hinterachse. Blöd nur, dass das auch der TÜV mitbekommen hat. Um die 20-Zöller StVO-Konform in den Radhäusern unterzubringen, musste BMW die hinteren Kotflügel der deutschen Version mit unedlen Flaps verbreitern.
Viel Platz ist nicht im Fond
Fahren dürfen wir ja ohnehin noch nicht, also nimmt der 1,75 Meter große Redakteur ohne größere Verrenkungen auf der Rückbank Platz. Schwerer tut sich der 2,02 Meter große Kollege, der hier nicht wirklich bequem sitzt, obwohl das Carbondach dem Kopf etwas mehr Platz einräumt. Die beiden äußeren Plätze sind sehr gut ausgeformt und mit der steilen Lehne sowie tiefem Hüftpunkt der Geometrie der vorderen Sportsitze nachempfunden. Allerdings thront man hinten gefühlt etwas höher. Die Beine haben in dem deutlich über fünf Meter langen BMW jedoch nur beschränkte Entfaltungsfreiheit. Zur Not passt laut BMW auch eine dritte Person auf den Mittelplatz, doch das möchte man auf langen Strecken niemandem zumuten. Ansonsten ist der 8er vom Leder mit geraden Ziernähten bis hin zum Carbon-Dekor sportiv-edel: Eyecatcher sind die beiden roten M-Tasten am Lenkrad und der rote Startknopf auf der Mittelkonsole.
Das Cockpit bietet übrigens wenig Neues. Es gleicht den anderen M8-Modellen vom Lenkrad mit den roten M-Tasten bis zum bekannte OS 7 (Operation System) Infotainment samt persönlichen Assistenten. Dessen intuitive Sprachsteuerung nimmt es locker mit der des MBUX von Mercedes auf. Zudem kann man die Bayern nicht genug für deren Bedienphilosophie loben, die es dem Fahrer überlässt, ob er die Sprach-, Touch-, Gestik- oder Dreh-Drück-Steuerung nutzen will.
Bleibt noch der Blick in den Kofferraum. Die kleine und schmale Klappe ist hier aus SMC-Kunststoff gefertigt und gibt 440 Liter Volumen frei – gerade mal 20 Liter mehr als beim Coupé. Dank dreiteilig klappbarer Rücksitzlehne lässt sich der Stauraum aber nach vorn zu einer ebenen Ladefläche erweitern, auch wenn wir uns nicht vorstellen können, dass jemand tatsächlich vor hat, Biertischgarnituren im M8 zur Wiesn transportieren.
Die Hälfte M8 werden Gran Coupés
Uwe Greiner prophezeit dem Gran Coupé einen Marktanteil in der 8er-Reihe von rund 50 Prozent, das schließt die M-Version mit ein. Dass das M8 Gran Coupé mit rund 165.000 Euro der Günstigste des M8-Trios ist, spielt für die Käufer aber wohl eine untergeordnete Rolle. Viel mehr stehen in großen Märkten wie China viertürige Fahrzeuge höher im Kurs als Coupés und Cabrios, obwohl das M8 Gran Coupé dort nur als Viersitzer zugelassen ist. Der etwas schwächere M850i wird im Reich der Mitte gar nicht erst angeboten.
In Deutschland wird es das M8 Gran Coupé analog zu Cabrio und Coupé nur als 625 PS starkes Competition-Modell geben. Zum Marktstart im Januar kommt dann noch eine First Edition. Da sich das Mehrgewicht mit rund 70 Kilogramm gegenüber dem Coupé in Grenzen hält, liegen auch die Fahrleistungen auf ähnlichem Niveau liegen: Der M8 Gran Coupé Competition beschleunigt laut BMW 3,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h und läuft optionalem M Drivers Package 305 km/h. Zu gern würden wird das gleich jetzt ausprobieren, vor allem weil gerade das M8 Coupé auf dem Track seine Runden dreht.
Fazit
Für einen 625 PS starkes Monster ist das BMW M8 Gran Coupé ganz schön praktisch. Technik, Infotainment und Qualitätsanmutung sind wie bei Coupé und Cabrio top. Es wird spannend, wie sich viertürige M8 im Vergleichstest gegen den neuen Audi RS 7 Sportback mit 600 PS und den Mercedes-AMG GT 63S 4Matic+ als Viertürer schlagen wird.