BYD Dolphin: Kommt der bessere ID.3 aus China?

BYD Dolphin
Wie gut Chinas günstiger Elektro-Kompakter fährt

Mit dem kompakten Dolphin will die chinesische Marke in Deutschland zeigen, dass günstig und gut kein Widerspruch bei einem Elektroauto sein müssen. Der erste Eindruck ist schon einmal vielversprechend. Fahrbericht.

Der Dolphin ist das, was man von Flipper erwartet – zumindest für jene unter uns, die noch die alte Fernsehsendung kennen. Brav, freundlich, zuverlässig – das waren die Attribute, mit denen der Delfin Flipper in den Wohnstuben des Landes positiv auffiel. Es ist jetzt nicht so, dass BYD das Konzept kopieren wollte. Aber das Design soll tatsächlich von einem Delfin inspiriert sein, einem intelligenten, verspielten und freundlichen Meeressäuger, heißt es in der Pressemappe. Wie viel Delfin steckt im Dolphin?

Der große E-Ratgeber

Die Topmotorisierung kann überzeugen

Brav, freundlich, zuverlässig – so präsentiert sich der Kompaktwagen im Alltag, der mit 4,29 Metern Länge und einem Radstand von 2,70 Metern im C-Segment antritt; der Kompaktwagen ist also ein Rivale des VW ID.3. Mit dem Primus in dieser Klasse kann es der Dolphin nur mit seiner Topversion aufnehmen. Auch wer es gern sportlich im Alltag angeht, sollte sich im Modellprogramm eher nach oben orientieren und nicht der kleinen Version mit 95 PS den Zuspruch geben, die BYD erst noch nachreichen will. Aufgrund einer Software-Panne bei der Fahrveranstaltung standen den Modellen, nicht wie geplant 204 PS zur Verfügung, sondern deutlich weniger und so ließ sich ein Eindruck bekommen, wie sich wohl die kleine Version anfühlen dürfte: vor allem behäbig im Anzug und Durchzug. Ausreichend für den urbanen Raum, aber für nicht mehr. Den Einsatzbereich sehen die Chinesen für diese kleine Ausführung ohnehin überwiegend im städtischen Bereich.

Wer mehr möchte, sollte zur besagten 204 PS Variante greifen – vielleicht auch noch zu der 176 PS-Ausführung. Beim Tritt aufs Pedal beschleunigt die Topmotorisierung anständig und in sieben Sekunden erreicht der Fronttriebler Tempo 100 km/h. Überhaupt kann diese Version alles ein wenig besser als die anderen Ausführungen. Sie ist ausschließlich mit dem 60 kWh-Akku kombinierbar, auf den die Chinesen besonders stolz sind. Wie die bereits in Deutschland erhältlichen Modelle Han und Atto 3 sowie der im September 2023 folgende Seal nutzt der Dolphin die E-Plattform 3.0 des BYD-Konzerns. Darin befindet sich der 60 Kilowattstunden große Lithium-Eisen-Phosphat-Akku (LFP), der vollständig auf den Rohstoff Kobalt verzichtet und den der Hersteller "Blade Battery" nennt.

Geringer Verbrauch, akzeptable Reichweite

Die kobaltfreie Batterie nutzt Lithium-Eisen-Phosphat als Kathodenmaterial, was sie deutlich sicherer machen soll als gewöhnliche Lithium-Ionen-Batterien. Laut BYD würde LFP über eine ausgezeichnete thermische Stabilität verfügen; damit sei der Blade-Akku nicht nur besonders sicher und langlebig, sondern auch sehr leistungsstark bei einem niedrigen Energieverbrauch. Mag sein, bringt nur wenig, wenn der Antrieb wenig effizient arbeitet. Doch an dieser Stelle gibt sich der Dolphin keine Blöße. Davon konnten wir uns auf der ersten Testfahrt überzeugen, die Verbrauchsanzeige sprang nicht über die 15 kWh-Marke auf 100 Kilometer.

Der Speicher soll so genug Energie für 427 Kilometer bereitstellen (nach WLTP) und sich in 29 Minuten von 30 auf 80 Prozent seiner Kapazität laden lassen. Die maximale Ladeleistung an der Gleichstrom-Säule ist mit 88 Kilowatt allerdings überschaubar. Dafür lassen sich damit auch externe Geräte mit Strom versorgen. Zur Standardausstattung gehört eine Wärmepumpe, was bei der europäischen Konkurrenz ab Werk nicht selbstverständlich ist. Sie soll den Nachteil der Batterien im Winter, was die Kapazität betrifft, ausgleichen. BYD verspricht, dass die Pumpe den thermischen Wirkungsgrad um bis zu 15 Prozent erhöht.

Kein Sportler, eher Alltagskönner

Noch ein Wort zur Sportlichkeit: Auch wenn gerade die Abstimmung der Topvariante mit 204 PS einiges an Erwartung weckt, was die leichtgängige und präzise Lenkung unterstützt, so ist man beim Dolphin an der falschen Adresse, was die Sportlichkeit betrifft. Aber muss sich alles diesem Diktat unterwerfen? Als Alltagsauto erfüllt der Dolphin ohne Frage seinen Zweck. Er bietet vorn wie hinten viel Platz.

Ok, der Kofferraum könnte größer sein, aber zumindest lassen sich die Rücksitze im Verhältnis 60:40 umklappen und geben so ein Gepäckraumvolumen von 1.310 Liter frei. Das komfortabel abgestimmte Fahrwerk weiß, wie man Fahrbahnunebenheiten und Schlaglöcher schluckt. Nur zu sportlich sollte man es nicht angehen – da haben wir es wieder, das ist nicht die Welt des Dolphin. Die Karosse des 1,6 Tonnen schweren E-Autos wankt rasch ein wenig in schnell gefahrenen Kurven, aber nicht so stark, dass es ein Problem darstellt – nur so viel eben, dass man daran erinnert wird, nicht in einem Sportwagen zu sitzen.

Preis ist eine Kampfansage

Aber was soll man sagen, der Dolphin folgt seiner Mission, er will es so vielen Kunden wie möglich recht machen – und das zu moderaten Preisen. Diese Betonung ist der chinesischen Marke besonders wichtig. Die Topvariante bietet BYD bei uns ab Sommer zum Verkauf an, die Auslieferung startet Ende des Jahres in der gehobenen Ausstattung Comfort bereits ab 35.990 Euro – was immer noch rund 4.000 Euro unter der Basisversion des Konkurrenten VW ID.3 rangiert. Exklusive der Förderung, die muss noch abgezogen werden.

Es geht auch günstiger, im ersten Quartal 2024 reicht BYD den Dolphin mit dem kleineren Motor und einem kleineren Akku (Kapazität: 45 kWh) nach – Reichweite: 340 km. Geladen wird an der Wallbox mit maximal sieben kW und an der Schnellladesäule mit 60 kW. Dafür setzt der Preis bei fairen 30.990 Euro an. Wer 2.000 Euro mehr investiert, bekommt die 176 PS starke Variante, die ebenfalls ab dem ersten Quartal 2024 im Programm ist.

Die Notierungen sind quasi als Kampfansage an die europäische Konkurrenz zu verstehen. Denn was der Dolphin für den Preis zeigt, kann sich sehen lassen: Gut verarbeitetes Interieur, Materialien machen wertigen Eindruck, viel Platz für Passagiere, viele Ablagemöglichkeiten. Hinzu kommt eine gute Ausstattung, die selbst in Sachen Fahrassistenten ein reichhaltiges Paket offeriert – allenfalls können die Helferchen noch ein wenig Feinabstimmung gebrauchen, was auch für das Infotainmentsystem gilt. Die Bedienung ist sehr gewöhnungsbedürftig. Bis zum Marktstart Ende des Jahres soll das behoben sein, verspricht BYD. Dann wird sich zeigen, ob der Dolphin genauso gut ankommt wie damals Flipper.