Wir hätten an diesem Montagmorgen so schlechte Laune wie nach einer WM-Finalniederlage gegen Holland haben können: Aufstehen um 4 Uhr früh, Abflug Stuttgart 6 Uhr, Ankunft Amsterdam 7.20 Uhr, ewig den Mietwagen am Flughafen Schiphol suchen. Dann ist die Mietgurke auch noch ein Fiat Panda mit 69 PS, danach 57 Kilometer Verkehrschaos ertragen – doch unsere Laune ist so gut wie nach einem WM-Finalsieg gegen Holland. Der Grund: Fünfzylinder-Turbo, 380 PS und nur 695 Kilo.
Donkervoort D8 GTO mit 380 PS bei 695 Kilo
Wir sind zu Gast im niederländischen Lelystad bei den Leichtbau-Spezialisten von Donkervoort und dürfen als erstes deutsches Magazin den neuen Donkervoort D8 GTO Performance fahren. Donkervoort? Sagt das jemand etwa nichts? Hier ein Geschichtskurs im Schnelldurchlauf: 1978 wurde der Kleinserienhersteller von Joop Donkervoort gegründet und produziert seitdem ultraleichte Sportwagen, die ursprünglich vom Lotus Seven abgeleitet waren, heute aber in puncto Design und Technik nichts mehr mit der Ausgangsbasis gemeinsam haben.
Wie schwer darf ein Auto maximal sein? „750 Kilo, aber das ist dann auch das absolute Maximum“, antwortet Leichtbau-Fan Donkervoort lächelnd. Danke, Joop. Endlich mal einer, der seinen Kurs der Idee „Leicht gleich agil“ in Zeiten von immer noch steigenden Fahrzeuggewichten, radikal durchzieht. Ein Windhauch genügt, und die nur 980 Gramm schwere Karbon-Tür mit rudimentärer Kunststoffscheibe schwingt von selbst nach oben auf. Bitte Platz nehmen! Nicht nur die Einstiegsgymnastik, sondern auch die Sitzposition in Karbonschalen wenige Zentimeter über dem Asphalt sowie die freistehenden Räder erinnern an ein Formel-Rennfahrzeug mit Straßenzulassung.
Leichtbau in Perfektion: Die Karosserie des Donkervoort D8 GTO wiegt nur 35 Kilo und besteht bis auf die Motorhaube komplett aus Kohlefaserteilen, die bei Donkervoort hausintern im Prepreg-Verfahren hergestellt werden. Motorhaube und Unterboden fertigen die Leichtbau-Spezialisten aus thermischen Gründen aus dünnem Aluminium. Klack, Zentralschalter für die Bordelektrik wie in einem Rennwagen umlegen, dann den Zündschlüssel drehen: Wummernd erwacht der kultige Bass-Beat mit der Zündfolge 1-2-4-5-3.
Kultiger Fünfzylinder
Unter der lang gestrecken Haube trommelt der 2,5-Liter-Fünfyzylinder-Turbo aus dem Audi TT RS. Letztes Technikdetail, bevor wir dem GTO die Sporen geben: Der im Serienzustand 183 Kilogramm schwere Reihenmotor wiegt im Donkervoort D8 GTO rund 30 Kilo weniger. Aus Gewichtsgründen wurde die Motorperipherie abgespeckt. Statt 340 Serien-PS leistet das Triebwerk nun 380 PS.
Was für Sportwagenfans nach einem durchschnittlichen PS-Wert klingt, reicht im Donky zur Boden-Boden-Rakete. Bei nur 695 Kilo machen 380 PS so viel Druck wie 1001 PS im 1888 Kilo schweren Bugatti Veyron – beide eint das Leistungsgewicht von 1,8 kg/PS. Anders als der handgeschaltete Audi TT RS verfügt der Donkervoort D8 GTO über eine Launch-Control per Full-Throttle-Shift-System, das einst für den TT RS mit manuellem Getriebe entwickelt wurde, den Versuchsstatus aber nicht überstanden und es nie in die Audi-Serienfertigung geschafft hat. Mit seinen prognostizierten Sprintwerten würde die rasende Zigarre kaum Meter auf den Veyron verlieren (0 – 100 km/h: 2,5s, 0 - 200 km/h: 7,3 s). Während des GTO-Ritts verschwendet man jedoch nur ungern Gedanken an den 16-Zylinder-Koloss – zu sehr fesseln Fahrpräzision und Agilität im niederländischen Extrem-Sportler.
Schaltlampen im Blitzlichtgewitter
Beim Anrollen verzichtet der Donkervoort D8 GTO mit leicht dosierbarer Kupplung auf prätentiöses Anfahrgeruckel. Sobald das Gaspedal aufs Bodenblech gekickt wird, stehen die Zeichen auf Sturm. Mit verändertem Ansaugtrakt und neuer Abgasanlage bebt und faucht der Fünfzylinder-Turbo so ungehemmt wie einst nur unter Röhrl und Mouton. Grün, gelb, rot, 6800/min Maximaldrehzahl erreicht – die Drehzahl sorgt bei den Schaltlampen über dem Display für ein Blitzlichtgewitter wie Sylvie van der Vaart auf dem roten Teppich.
Der Schaltstock turnt blitzschnell durch die knackigen Gassen des eng abgestuften Fünfganggetriebes von BorgWarner, während die Ladedrucknadel im Rundinstrument einen Veitstanz vollführt. So wild, wie die Nadel zuckt, so schnell baut sich der Ladedruck auf. Turboloch? Nicht spürbar. Während des GTO-Runs wirbelt Fahrtwind wie ein Berliner Szenefriseur die Haarpracht durch. So windschottfrei der Orkan hier noch durchs Cockpit fegen darf, so ungefiltert setzt der Donkervoort D8 GTO Lenkbefehle in Richtungswechsel um.
Präzision, Rückmeldung, Haltemoment – die servofreie Lenkung zaubert mit ihrer Direktheit Motorsportgefühle auf die Straße. Damit sich die im Donkervoort D8 GTO schnell verschwimmende Grenze zwischen Straße und Rennstrecke nicht negativ auf Führerschein und Gastfreundschaft auswirkt, gehen wir besser gleich auf die Testpiste unweit des Firmensitzes.
Neuer Donkervoort D8 GTO hat Fahrhilfen
Wie sieht’s eigentlich mit Fahrhilfen aus? Eine Frage, die bei Donkervoort an Majestätsbeleidigung grenzt. ESP, ABS oder Servolenkung gab’s in der Firmengeschichte noch nie, und dabei bleibt es auch im Donkervoort D8 GTO – gut so! Die wahren Donky-Fans werden schon angesichts der neuen, fünfstufigen Traktionskontrolle leicht die Nase rümpfen.
TC off – Nahkampf im Grenzbereich: Auch ohne ABS lässt sich die Bremsanlage mit Sechskolben-Sätteln rundum präzise dosieren. Wie in einem Formel-Renner kündigen weiße Rauchwölkchen an den sichtbaren Vorderrädern plakativ an, falls doch mal ein Rad blockieren sollte. Die per Drehregler justierbare Bremskraftverstellung unterbindet solche Probleme mit einem Griff schon vor der nächsten Kurve.
Auch unter Last stark
Dem einstellbaren Intrax-Fahrwerk gelingt in der von uns getesteten Abstimmung der Spagat zwischen Sportlichkeit und einem Rest Federungskomfort. Zähneklappern gehört hier nicht zum Handwerk. In lang gezogenen Kurven lenkt der Donky neutral und präzise ein, während er in engen Ecken leicht ins Untersteuern geht. „Der Stabi vorn kann dreifach verstellt werden“, erklärt Denis Donkervoort, Sohn von Joop und für die Fahrdynamik verantwortlich, wie die Vorderachse noch direkter ausgelegt werden kann. Auch unter Last punktet der Donkervoort D8 GTO dank Torsen-Sperrdifferenzial und Toyo R888-Semislicks mit guter Traktion. Der Übergang von der Haft- in die Gleitreibung verläuft ohne schweißnasse Handflächen.
„Der Wagen war ein dreiviertel Jahr bei der quattro GmbH und musste sämtliche Qualitätschecks und Härtetests durchlaufen“, erläutert Joop Donkervoort. Denn die Audi-Verbindung ist mehr als nur eine Motorenpartnerschaft. Neben der Leidenschaft der Donkervoort-Mitarbeiter ist dies ein weiterer Grund, warum der Donkervoort D8 GTO nicht wie so manch anderer Einbaum einer Bastelbude gleicht. Jetzt leuchtet langsam auch der extreme Preis von 165.000 Euro etwas mehr ein.
Potrait von Donkervoort
Der niederländische Kleinserienhersteller wurde 1978 von Joop Donkervoort gegründet. Damals begann die Produktion mit einem vom Lotus Seven abgeleiteten Modell names Donkervoort S7 mit Ford-Motor (1,6 Liter, 90 PS). 1983 folgte der S8 mit Zweiliter-Aggregat und 110 PS, ebenfalls von Ford. Zudem entstand eine Turbo-Version namens S8AT (bis zu 190 PS).
Nach Umbauten mit Cosworth-Motoren wechselte Donkervoort 1999 auf Audi-Triebwerke. Es folgten Modelle wie der D8 Wide Track mit bis zu 270 PS (2003 - 2012) sowie der D8 270 (2008 - 2012). 2007 wurde mit dem D8 GT der erste Donky mit Festdach präsentiert, der ebenfalls bis 2012 gebaut wurde.
Donkervoort D8 GTO | |
Grundpreis | 178.000 € |
Außenmaße | 3740 x 1850 x 1140 mm |
Hubraum / Motor | 2480 cm³ / 5-Zylinder |
Leistung | 294 kW / 400 PS bei 5400 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 255 km/h |
Verbrauch | 12,0 l/100 km |