1968 scheuchte Steve McQueen im Film „Bullitt“ einen Ford Mustang spektakulär durch San Francisco. Zum letztjährigen Jubiläum legte Ford als Reminiszenz an das legendäre Filmauto ein neues Mustang-Sondermodell „Bullitt“ auf. Premiere feierte es zunächst Anfang 2018 auf der Detroit Motor Show, ein paar Monate später wurde auf dem Genfer Autosalon die Europaversion nachgeschoben. Das aktuelle Bullitt-Sondermodell ist bereits das dritte seiner Art und sollte eigentlich streng limitiert sein. Nachdem es aber schnellstens ausverkauft war, hat sich Ford nun offenbar entschieden, die Bauzeit zu verlängern. Wie die britischen Fachblätter „Top Gear“ und „Autocar“ berichten, soll erst 2020 Schluss mit der Bullitt-Produktion sein.
Daten und Ausstattung des Mustang Bullitt
Der 5,0 Liter große V8-Motor des Mustang Bullitt wurde gegenüber dem Serienmodell leicht modifiziert. Dank des Open Air Induction Systems, eines Einlasskrümmers mit 87 Millimeter großem Drosselklappen-Durchmesser sowie der Antriebsregelungs-Kalibrierung des Shelby Mustang GT350, mobilisiert die Sonderedition 460 PS und ein Drehmoment von 529 Nm. Die Höchstgeschwindigkeit soll bei 262 km/h liegen, der Spurt von Null auf 100 km/h in 4,6 Sekunden erfolgen.
Zur weiteren Ausstattung des Bullitt zählen ein manuelles Sechsganggetriebe, dessen Schaltknauf eine weiße Billiardkugel trägt, eine Auspuffanlage mit Klappensteuerung, speziell geformte Recaro-Sportsitze, eine 1.000 Watt starke B&O-Soundanlage sowie eine Sonderlackierung wahlweise in „Shadow-Black“ oder jenes „Dark Highland Green“, in der auch das berühmte Filmauto lackiert war. In dieser Tradition beschränkt sich der Chrom-Zierrat auf dezente Applikationen rund um den schwarz abgesetzten Kühlergrill und die vorderen Scheiben. Hinzu kommen klassische Leichtmetallräder im 19-Zoll-Format. Innen wie außen hat Ford den Einsatz von Logos und Emblemen stark reduziert. Lediglich im Heckbereich verrät das Bullit-Logo die besondere Spezifikation des Editionsmodells. Im Cockpit arbeitet bereits das neue LCD-Display, das die anderen Mustang-Modelle erst im Laufe des Jahres erhalten.
So fährt sich der Filmheld
In Kombination mit griffigeren Reifen ist die Einzelradaufhängung samt optionalem adaptiven Magne-Ride-Stoßdämpfern und gesperrter Hinterachse aber wohl die segensreichste Neuerung in der bewegten Mustang-Geschichte. Der aktuelle Bullitt kommt nämlich mit seinen 460 PS und den 529 Nm hervorragend klar. Ohne seine Umgebung beim beherzten Anfahren in Rauch zu hüllen oder Abzweige zu verpassen, wie etwa das Original von 1968. Seine Power stemmt er unverschämt locker in den Asphalt. Wie er auch nicht tumb über die Vorderachse schiebt, sondern griffig abbiegt. Der Bullitt ist nur eine optische und keine technische Verbeugung vorm Original.
Zuerst blubbern wir entspannt an der Côte d’Azur entlang. Bedauernswerterweise findet sich hier keine Filbert Street mit über 30 Prozent Gefälle – jene Sprungschanzen-Straße aus San Francisco, die unter anderem die wunderbar abgehobenen Szenen der Verfolgungsjagd ermöglichte. Wir haben kurz die Parkplatz-Rampe des Cap d‘Antibes Beach Hotels für einen spektakulären Bullitt-Tribut in Betracht gezogen; doch ein etwas zu weiter Sprung hätte wohl in der gegenüberliegenden Gartenmauer geendet.
Der Bullitt spricht akzentfrei Achtzylindrisch
Dann doch lieber ganz konventionell in die Gegend rund um den Flughafen von Nizza fahren. Dort scheint sich das Hubraum-Hullern noch intensiver durch die Schottwand zu vibrieren, denn es gibt wenig Konkurrenzlärm – nachts fliegt nichts. Also wenig Ablenkung vom Wesentlichen: vom Ur-Ton der Verbrennung. Anders als unseren europäischen Achtzylindern stecken den amerikanischen die archaischen Grunzlaute in den Genen. Da muss nicht lange sounddesigned werden. Der Bullitt spricht anstrengungs- und akzentfrei Achtzylindrisch. Und zwar in einem sympathisch urwüchsigen Slang. Seine beruhigend tiefen Kolbenschläge fühlen sich deshalb schlüssiger an als das Drehzahl-Schreddern, das man ihm bis über 7000/min entlocken kann. Weshalb wir meist vor uns hin wummern.
Man könnte auch anders: Der erste Gang reicht bis knapp 90 km/h, was sich als Reminiszenz an ein Renngetriebe deuten ließe. Zumal sich die Sechsgangbox unverschämt lässig aus dem Handgelenk durchklacken lässt. Man könnte also mit dem Handschmeichler die sechs Gänge durchreißen und den V8 hochpeitschen, um durch die Nacht zu beben. Er schnorchelt dann lustvoll durch seinen offen liegenden Luftfilter. Und pufft nicht minder lustvoll durch die vier Fluten seiner Abgasanlage aus.
Auch der Mustang Bullitt ist groß und schwer
Und man könnte die Kurven spät anbremsen, dabei zurückschalten, während das Rev-Matching selbsttätig Zwischengas gibt: Es schickt dem Kuppeln genau die passende Drehzahl hinterher, damit der nächste Gang ohne Lastwechsel hineinflutscht. Das alles könnte man tun. Oder aber lassen. Denn beim Tun fällt ziemlich schnell auf, dass dem souveränen Anrollen kein In-den-Sitz-gepresst-Werden folgt – wie jeder aktuelle Mustang ist auch der Bullitt groß und schwer und seine Lenkung weiß mit entschlossenen Bewegungen wenig anzufangen.
Lassen wir den Fünfliter deshalb lieber stampfen und sich dabei selbst zum akustischen Hubraumriesen überhöhen. Genießen wir seine unterschwellig grieselnden Vibrationen. Das Pulsieren seiner Kolben. Den sämigen Drehmoment-Schwall. Das Kopfkino, das im Bullitt unweigerlich mitfährt. Und die Möglichkeit, für 52 500 Euro ein Sammlermodell zu erwerben, das den Alltag wie eine wilde Party feiert.
Film-Mustang begleitet Sondermodell
Für den Hollywood-Blockbuster „Bullitt“, der am 17. Oktober 1968 seine Kino-Premiere gab, kamen zwei nahezu identische Ford Mustang GT aus dem Modelljahr 1968 zum Einsatz. Das sogenannte „Jumper Car“ wurde für die berühmte Verfolgungsjagd durch die Straßen von San Francisco und die spektakulären Sprungszenen genutzt, das „Hero Car“ diente für die Nahaufnahmen mit Steve McQueen am Steuer. Nach Abschluss der Dreharbeiten trennten sich die Wege der beiden Filmautos. Das schwer lädierte „Jumper Car“ hatte die Produktionsfirma Warner Bros an einen Aufbereiter verkauft, zuletzt tauchte es Anfang 2017 im mexikanischen Baja California wieder auf. Das „Hero Car“ indes galt als verschollen – nun ist es wieder da.
Robert Kiernan hatte die automobile Legende 1974 als Familienfahrzeug gekauft, 2014 erbte Sean Kiernan den 1968er Mustang von seinem Vater. Erst kürzlich nahm er Kontakt zu Ford auf. Auf der NAIAS in Detroit trat der automobile Filmstar zum Jahresbeginn, 50 Jahre nach dem Debüt von „Bullitt“, an der Seite des neuen Ford Mustang Bullitt erstmals wieder vor das Publikum. Sein Wert dürfte inzwischen enorm sein. Jener der Neuauflage steigt übrigens jetzt schon. Am 19. Januar wurde bei einer Barrett-Jackson-Auktion in Scottsdale das Modell mit der Fahrgestellnummer VIN 001 versteigert. Für die Losnummer 3006 fiel der Auktionshammer bei 300.000 Dollar.