Vorne fliegt ein goldener Adler, hinten weht die amerikanische Flagge, und obendrauf gibt es den Spruch: „There’s only one.“ Nein, vor uns steht kein größenwahnsinniger Bierbauch-Rocker mit Tattoo-Sucht, sondern ein in amerikanischer Zurückhaltung beklebter Jeep Wrangler Golden Eagle. Der Adler unter den Kraxlern feiert nämlich sein 30-jähriges Jubiläum. Ob das Grund genug ist, sich grenzpeinlich zu bemalen, sei dahingestellt. Jedenfalls kommt man schon wegen des grüngelben Metallic-Lacks nur bei Nacht und Stromausfall unbeachtet durch die Stadt.
Golden Eagle hat bei Jeep Tradition
In den wilden Siebzigern war der Jeep Wrangler in den Modellvarianten CJ 5 und CJ 7 mit Golden Eagle-Kriegsbemalung dagegen so sexy und kultig wie ein Afro-Look bei NBA-Basketballern. Man zeigte, was man hat. Und bei einem Wrangler roch es schon beim Durchblättern des Prospekts nach Freiheit, Koteletten und lachenden Mädels in Schlaghosen, die sich notdürftig am Überrollbügel festhielten. Und zum Festhalten gab es viel Anlass: Jeep dieser Jahre stürmten zwar den legendären, weil extrem schweren Rubicon Trail empor, schwankten mit ihrer rustikalen Starrachsen-Fahrwerksauslegung aber schon bei mittelschwerer Kurvenfahrt wie ein Südstaatler nach einer Viertelgallone Bourbon-Whiskey. Verschränken konnten sie jedoch wie kaum ein zweites Gefährt.
Der Wrangler hält wenig von den Fahrdynamik-Ansätzen moderner SUV
Auch die 2009er Version des vom legendären Willys-Militärjeep abstammenden Wrangler (seit 2007 mit dem Kürzel JK) verschränkt immer noch talentiert, weil unterhalb der kantigwuchtigen Hartgummi-Radhäuser weiterhin hinten wie vorne eine weit auspendelnde Starrachse mit Panhardstab und – immerhin – einem zusätzlichen Längslenker steckt. Wer sich nur ein wenig in der automobilen Technikwelt auskennt, weiß, dass damit Komfort und Handling von der Perfektion der Schickimicki-SUV-Gilde so weit entfernt sein müssen wie die Amis vom nächsten Mondtrip.
Und das ist gut so. Der Wrangler wirkt auf seinen Fahrer – oder nennen wir ihn Bändiger – nämlich wie der morgendliche Sprung aus einem gut geheizten Wohnzimmer in einen Teich in Alaska. Den ganzen Fahrdynamik-Ansatz moderner SUV kickt er davon wie ein American-Footballer das Leder-Ei.
Vorne nagelt ein 2,8-Liter-Turbodiesel mit 177 PS
Willkommen in der automobilen Wildnis, wo Kurven mit der schwergängigen, indirekten Lenkung bezwungen und Asphaltlöcher noch gespürt werden. Knorrig und satt wie der Bügelgriff eines amerikanischen Kühlschranks klackt der Ganghebel in die Gasse. Aus der Klimaanlage stürmt eine frische Brise direkt in die Nasenhöhlen, und das Lenkrad fasst sich an, als sei es aus einem Stück besten Polycarbonats geschnitzt. Dazu nagelt vorne dumpf und zufrieden der 2,8-Liter-Turbodiesel mit vier Zylindern und 177 PS. Mit dieser ungewöhnlich großen Hubraum-pro-Zylinder-Relation erstampft sich das vom italienischen Hersteller Venturi Motori stammende Common-Rail-Triebwerk 410 Nm. Das Urvieh reißt beim Beschleunigen an wie von einer Horde frisch gebrandeter Bullen gezogen. Ampelstarts impfen in ihrer Vehemenz gute Laune in den Fahrer. Mag sein, dass die gemessenen elf Sekunden von null auf 100 km/h ganz nüchtern betrachtet eher mau sind und das Turboloch groß wie ein Supersize-Burger, doch der Wrangler macht es eben mit Charakter. Was in einer Zeit immer perfektionistischerer Autos eine wohltuende Antithese darstellt. Es ist eben der Ritt auf einem Adler und nicht in der Business-Klasse eines Jumbo-Jets.
Keine Angst vor Dellen, Schrammen und schwierigen Passagen
„Bang“ klopft schon das nächste Schlagloch ins Rückenmark hinein, suchen die gröber besohlten 17-Zoll-Räder ihren eigenen Weg jenseits des Fahrerwunschs. Doch sich darüber aufzuregen, hieße sich bei einem Blockhaus über die welligen Wände beschweren. Auf nicht zu welligen Straßen rollt er sogar ganz manierlich. Den Wrangler kauft eben keiner für den täglichen Weg zur Arbeit, geschweige denn, um die Kinder zur Schule zu bringen. Obwohl das sicherlich das Coolness-Punktekonto der Eltern auf ein Höhenniveau mit dem Mount McKinley treiben würde. Er ist vielmehr ein echter Kerl ohne Angst vor Dellen, Schrammen und schwierigen Passagen. Naja, sagen wir je nach Fahrerbefähigung nicht allzu komplexen.
Unter seinem Leiterrahmen steckt ein zuschaltbarer Allradantrieb (Comand Trac, Basis Hinterrad) ohne intelligente Elektroniksteuerung, wie sie zum Beispiel ein Land Rover bietet. Deshalb erwähnen wir der Vollständigkeit halber auch, dass er nicht auf Lastwechsel steht, in ondulierten Kurven gern versetzt und der Fahrer trotz ESP gut daran tut, den Adler nicht zu provozieren. Nach der zehnten Verzögerung benötigt er über 50 Meter Bremsweg aus 100 km/h zum Stillstand. Aua.
Der Jeep Wrangler Golden Eagle ist auf 150 Stück limitiert
Bang, der nächste Frostaufbruch schleudert die Insassen wieder gen Dachhimmel. Was insofern keine Kopfschmerzen bereiten muss, da dieser ja nur aus einer flexiblen Plane besteht, die über die Bügel gezogen ist. Bikini-Top nennt sich das Ganze, und wir mögen es am liebsten oben ohne. Das erleichtert auch den Umgang mit Parkhäusern ungemein. Denn in Ermangelung von Fensterscheiben muss die Kunststoffscheibe mit einem Reißverschluss geöffnet werden. Außerdem flutet der Wind dann so schön ungehemmt um die Passagiere. Was dem kernigen Sound, der aus der großen Audioanlage hämmert, nicht die Show verbläst. Amis wissen eben, worauf es beim rustikalen Spaßhaben ankommt. Auf 150 Exemplare ist das 28.790 Euro teure goldene Stück limitiert. Zu diesem Preis gibt es auch schon einen deutlich komfortableren, leiseren, agileren und sparsameren VW Tiguan. Moment – hat der Adler auf der Motorhaube gerade gegähnt?
Jeep Wrangler 2.8 CRD 4x4 Sport | |
Grundpreis | 28.290 € |
Außenmaße | 4223 x 1873 x 1800 mm |
Kofferraumvolumen | 490 bis 1600 l |
Hubraum / Motor | 2777 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 130 kW / 177 PS bei 3800 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Verbrauch | 9,9 l/100 km |