Eigentlich ist das kein Auto mehr, sondern eine seismische Aktivität. Gut möglich, dass jedes Mal nach dem Start verschreckte Wissenschaftler gebannt auf ihre Instrumente starren und rätseln, was dieses Erdbeben ausgelöst haben könnte. Verantwortlich für das Inferno ist der neue 6,2-Liter-Reaktor aus dem amerikanischen Teil des Fiat-Chrysler-Konzerns. 2015 schoben die Entwickler den Dodge Hellcat ins Rampenlicht, unter der Haube ein per Kompressor zwangsbeatmeter Achtylinder mit dem, was die Amis am allerbesten können: Hubraum! Und jetzt brüllt das Biest auch mit Bodenfreiheit statt Spoiler.
Auf dem Prüfstand fast 800 PS
6.166 Kubikzentimeter werden von den Einspritzdüsen geflutet und von einem Schraubenlader zwangsbeatmet. 707 PS und 880 Newtonmeter lassen den Hellcat-Motor schon nach den Werksangaben so satt im Saft stehen, dass sich ein Smart auf dem Parkplatz verschreckt hinter das Einkaufswagen-Häuschen flüchtet. Dabei scheinen diese Werksangaben auch noch ziemlich tiefgestapelt. Die Kollegen von sport auto notierten nach dem Prüfstandstest des Dodge Challenger SRT Hellcat stramme 769 Pferde.
Wobei das eigentlich ziemlich einerlei ist, auf die 62 Extra-Ponys kommt es beim giftgrünen Jeep Wrangler Trailcat auch nicht mehr an. Gut jedenfalls, dass sie die Abgasanlage unter dem Auto auf den Boden brüllen lassen. Nicht so sehr für den Bewuchs unter dem Auto, der ist nach dem Starten nicht mehr da. Aber für eventuell hinter dem Jeep Wrangler Trailcat stehende Stauner, die sonst vermutlich eine Gratis-Flugstunde bekämen.
Jeep Wrangler Trailcat
Gebaut wurde das Monster anlässlich der Moab Easter Jeep Safari, dem größten Jeep-Treffen weltweit, zu dem die US-Marke traditionell Konzeptauto-Leckerbissen auffährt. Der Radstand des kurzen Jeep Wrangler wurde um 30 auf 2.728 Zentimeter verlängert, die Windschutzscheibe um fünf Zentimeter gekürzt. Extrastarke Dana-60-Achsen stemmen sich dem Höllenfeuer aus dem Motorabteil entgegen, befestigt an Fox-Rallye-Federbeinen. Weil die Füße mit 39x17 auch etwas größer ausfallen, ist außerdem die Achsübersetzung angepasst. 5,38:1 beträgt das Verhältnis.
Nicht, dass das zwingend notwendig wäre, es verschafft dem Jeep Wrangler Trailcat allerdings eine so nicht zu erwartende Eigenschaft: Der kann auch kriechen. Zumindest im ersten Gang des – jetzt kommts – Schaltgetriebes. Denn eine Automatik suchen US-Car-Freaks vergeblich, stattdessen darf gekuppelt und geschaltet werden. Großartig!
Hier wird von Hand geschaltet
Der mit Trailcat-Logo verzierte Schaltknauf im Billardkugelformat ist dann allerdings das einzige wirkliche Highlight an der Armaturenfront. Immer wieder erstaunlich: Da bauen die Mopar-Jungs hinreißende Konzeptautos und nach dem Einsteigen blickt man auf die Plastikwüste des Basismodells. Sei’s drum, ich will fahren. Schließlich habe ich der netten Dame von Jeep gerade ein vierseitiges Papier ungelesen unterzeichnet, mit dem ich vermutlich bis zum Rentenalter auf alle Ansprüche bei Schleudertrauma, Rippenbruch und Hörsturz verzichte. Keine Zeit für Kleingedrucktes.
Immerhin, der Einstieg ist standesgemäß und lässt einmal mehr über Leute schmunzeln, die an ihren niederquerschnittsbereiften SUV Trittbretter montieren. Die Einstiegskante ist irgendwo in Brusthöhe. Sofort umklammert von den dürren Schalensitzen, vier Enden des Fünfpunktgurts in die Schließe gefummelt, fertig, Abfahrt.
Ein bisschen profan wird das Monster mit dem Serien-Zündschlüssel geweckt. Hinter dem Sitz sirrt die Spritpumpe los, vorne kurbelt sich der Anlasser einen Wolf mit diesem blechernen „wudduwuddu“-Geräusch, wie es nur ein startender Ami-V8 zustande bringt. Und die Hölle bricht los. Falls in dieser Abgasanlage tatsächlich Schalldämpfer verbaut wurden, handelt es sich um keine nennenswerten. Ein kurzer Gasstoß hüllt den Jeep Wrangler Trailcat augenblicklich in eine Staubwolke (der Auspuff nach unten...) .
Gas? Vollgas!
Anfahren mit ungefähr 0,5 Prozent Gas, der Trailcat hoppelt brav los, als ginge es zum Familienausflug. Die Zuschauer sind passiert, der Hammer kann fallen. Und wie er fällt: Er brüllt, er windet sich, er dreht nur noch durch. Im ersten, im zweiten und auch im dritten Gang. Obwohl mindestens die Hälfte der Antriebskraft famose Gräben in den Mutterboden fräst, statt für Vortrieb zu sorgen, ist der Anzug kolossal.
Sprintzeiten? „Keine Ahnung“, sagt der Beifahrer von Jeep, „hat noch keiner gemessen“. „Ausreichend“ dürfte der passende Wert in der Tabelle sein. Das Fahrwerk macht klar, wofür es gebaut ist. Nicht zum Blümchen pflücken. Knallhart und unbarmherzig rüttelt es die Besatzung durch, die Fox-Federbeine mit den zusätzlichen Bump Stops gegen das Durchschlagen wollen das Auto fliegen sehen. Leider nicht hier, nicht heute, denn trotz des Haftungsverzichts bleibt der Auslauf begrenzt.
70 Liter müssen reichen
Wendekreis? Hat er, auf dem Level eines Reisebusses, ungefähr. Immerhin, die 39er MT-Reifen fahren ziemlich exakt dort hin, wohin gelenkt wird, das ist mehr als man erwartet. 70 Liter fasst der Rallyetank mit Sicherheitszelle, den sie auf die Ladefläche geschraubt haben. Nicht wirklich viel, sagt die Spritpumpe, die nach jedem festeren Gasstoß eifrig die Drehzahl steigert, um den acht Zylindern ausreichend Feuerwasser zu liefern.
Kann man sich das in Serie vorstellen? Eher nein. Ein süddeutscher Jeep-Händler baut gerade an einem eigenen Wrangler mit Hellcat-Motor, auch der Jeep Grand Cherokee SRT bekommt in absehbarer Zeit einen Höllenkatzen-Antrieb. Der Trailcat jedoch, der bleibt ein Einzelstück. Schade eigentlich.