Fahrbericht Land Rover Discovery 3.0 Si6 (2018)

Fahrbericht Land Rover Discovery 3.0 Si6
Wie fährt der SUV mit F-Type-V6?

„Der Vorgänger war mir zu boxy, jetzt gefällt mir der Wagen sehr gut.“, spricht uns unvermittelt ein Jeep- Cherokee-Fahrer an. Land-Rover-Chefdesigner Gerry McGovern scheint also beim neuen Disco den Geschmack der Zielgruppe getroffen zu haben. Der Jeep-Fahrer schlägt dann noch eine harte Offroadstrecke vor – Land Rovers Kombination aus Noblesse und echter Geländetauglichkeit hat sich in den Köpfen der Fans offenbar verfestigt.

Land Rover Discovery 3.0 Si6
Gregor Hebermehl

Viele SUV-Kunden stehen aber vor allem auf die hohe Sitzposition – das kann der Discovery . Er bietet einen bequemen Einstieg und viel Übersicht in Verkehr und Gelände – und auch helles Leder, Klavierlack-, Metall- sowie offenporige Holzoberflächen. Der Innenraum wirkt so nobel, dass Wohlerzogene Hemmungen haben dürften, ihn mit matschigen Stiefeln zu betreten. Die Sitze geben sportlich straffen Seitenhalt, die breite Mittelkonsole vermittelt ein großzügiges Raumgefühl. Wem die nicht reicht, der klappt die lederbezogenen schmalen Armlehnen herunter.

Reihe drei mit Sitzheizung

Ausreichend Kopf- und Beinfreiheit gibt es in Reihe zwei – und in Reihe drei. Selbst den Passagieren dort bietet der Discovery eine Sitzheizung. Weniger Passagiere, mehr Gepäck? Ein Knopfdruck genügt, dann fallen die Kopfstützen nach vorn und die Lehnen senken sich elektrisch. Was bleibt ist eine stufenlose Ladefläche. Glücklich ist der Disco-Fahrer, wenn jetzt überraschend die Freunde der Kinder auch noch mitfahren wollen: Der natürlich ebenfalls elektrische Aufbau der Lehnen sieht nach Transformers aus, sehr unterhaltsam. Nur die Kopfstützen müssen per Hand in ihre aufrechte Position geklappt werden.

Land Rover Discovery 3.0 Si6
Gregor Hebermehl

Dr. Frank Sinatra

Die Nutzerführung des Infotainment-Systems auf dem breiten Touchscreen am oberen Ende der Mittelkonsole ist gewöhnungsbedürftig. Gefühlt braucht es immer einen Klick mehr, als in vielen anderen Menüs. Nervig: Der Prozessor arbeitet lähmend langsam, das Eingeben von Navibefehlen wird zuweilen zur Geduldsprobe. Dafür sorgen die Briten mit landestypischem Humor für Unterhaltung: Wer in englischsprachigen Ländern Deutsch als Sprache einstellt, darf sich statt der Ansage „Frank Sinatra Drive“ (abgekürzt Dr.) über einen „Frank Sinatra Doktor“ freuen und statt aus der Abkürzung PKY „Parkway“ zu machen, lässt die Software ein verzweifeltes „Pkw“ aus den Lautsprechern rülpsen.

Unempfänglich für Seitenwind-Einflüsse

Die Lenkung des Disco ist nicht sonderlich direkt und nur mäßig rückmeldungsfreudig, spricht aber in der Mittellage ganz ordentlich an und ist im tiefen Schotter schön leichtgängig. Das elektronisch geregelte Luftfahrwerk ist so hart, dass sich die Insassen immer wieder über topfebenen Asphalt freuen. Dafür wankt das fast 1,90 Meter hohe Gefährt kaum. Die sogenannte Wankneigungskontrolle des Fahrwerks bräuchte es bei der Unnachgiebigkeit der Federung vermutlich gar nicht. Cool: Von böigem Seitenwind lässt sich der Disco nicht beeindrucken, selbst als neben dem Freeway eine Leuchttafel mit der Aufschrift „STRONG WINDS HI PROFILE VEHS NOT RECOMMENDED“ große Fahrzeuge vor den Santa-Ana-Winden warnt und die Eighteen-Wheeler im Kampf um die rechte Spur schräg im Wind stehen.

Land Rover Discovery 3.0 Si6
Gregor Hebermehl

Im Discovery gibt es sämtliche modernen Assistenzsysteme und sie funktionieren: Der Spurhalte-Assistent hält eben die Spur, der Totwinkelwarner lässt zuverlässig sein Warnsymbol im Außenspiegel aufleuchten, wenn ein Fahrzeug eben im toten Winkel lauert. Selbst das automatische Fernlicht geht reaktionsschnell im richtigen Moment an und aus – allerdings reagiert es auch auf ein 20 Meter neben der Strecke einsam vor sich hin blinkendes rotes Bahnsignal mit einem spontanen Abschaltvorgang. Das in der HSE-Ausstattung enthaltene LED-Licht ist übrigens ein Tipp fürs Gelände: Kein anderes Licht lässt Konturen klarer erscheinen und erleichtert somit beispielsweise die Suche nach Fahrspuren in aufgewühlten Schotterflächen enorm.

Souveränes Triebwerk

Im Kraftraum des Discovery 3.0 Si6 arbeitet der aus dem Jaguar F-Type bekannte 3,0-Liter-V6 mit 340 PS und 450 Newtonmetern Drehmoment bei 3.500 und 5.000/min. Ihn setzt ein im V sitzender Roots-Twin-Vortex-Kompressor unter Druck. Er reagiert spontan auf Gasbefehle und entfaltet seine Kraft linear, die Automatik sortiert dabei ruckfrei ihre acht Gänge. So spurtet der 2,2-Tonnen-Brocken laut Werksangabe in 7,1 Sekunden auf 100 km/h – bei Ampelstarts oder im Gelände hilft der Allradantrieb. Als Höchstgeschwindigkeit nennt Land Rover 215 km/h.

Beim Cruisen auf dem Highway dominieren die Windgeräusche an der vorderen Dachkante und den großen Außenspiegeln, das kräftige Aggregat sondert nur ein eher dürres Surren ab. Das passt zum familientauglichen Discovery, ginge aber auch anders: Die Abgasanlage im Jaguar F-Type 3.0 entlockt dem gleichen Motor ein markantes Röhren.

Land Rover Discovery 3.0 Si6
Gregor Hebermehl

Den Prüfstands-Verbrauch gibt Land Rover mit durchschnittlich 10,9 Liter an, bei unseren Fahrten mit hohem Highway-Cruising-Anteil (dauerhaft 65 Meilen, also 105 km/h) gingen satte 14 Liter pro 100 Kilometer in Flammen auf. Beim Sechszylinder-Diesel Td6 (258 PS/600 Nm) steht ein Prüfstandsverbrauch von 7,2 Litern im Datenblatt. Der nutzbare Benzintank-Inhalt beträgt 89, der Dieseltank-Inhalt 85 Liter. Der geringere Verbrauch ergibt für den Diesel im Schnitt einen Reichweitenvorteil von 364 Kilometern – und Reichweite ist besonders für US-Kunden ein wichtiger Wert.

Preisvergleich

Der Land Rover Discovery 3.0 Si6 kostet in seiner kleinsten Ausstattung SE 61.800 Euro und liegt damit auf dem Niveau des nicht ganz so gut ausgestatteten Mercedes GLE 400 4Matic (333 PS, 61.583 Euro). Ein BMW X5 xDrive35i (306 PS) schlägt schon mit 66.400 Euro zu Buche und für einen Cayenne mit 340 PS ruft Porsche 74.828 Euro auf.

Übrigens: Offenbar verkraften weniger Fans des Offroaders die Abkehr vom kantigen Design. Auf den Erfolg des letztes Jahr im Sommer gestarteten Land Rover Discovery angesprochen, reagiert Brian Fousse, Marketingdirektor von Jaguar Land Rover Deutschland, verhalten. „Nun, derzeit halten sich Neukunden und Kunden, die ein altes Modell fuhren in etwa die Waage, der Absatz ist stabil.“ Einen deutlichen Zuwachs könne man aber nicht verzeichnen. Mit dem Modellwechsel verlor der geräumige Geländewagen sein eigenständiges, betont kantiges Design zugunsten einer sehr weichen Formensprache, was die Fans in Aufruhr versetzte. 2017 betrug der Zulassungszuwachs gegenüber 2016 gerade einmal 1,1 Prozent. Darin sind die bei einer Neueinführung üblichen, vielen Händler-Zulassungen enthalten.

Technische Daten
Land Rover Discovery Si6 SE
Grundpreis61.800 €
Außenmaße4970 x 2073 x 1888 mm
Kofferraumvolumen723 bis 2406 l
Hubraum / Motor2995 cm³ / 6-Zylinder
Leistung250 kW / 340 PS bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit215 km/h
Verbrauch10,9 l/100 km