Vier Punkt Null! Schon die Bezeichnung hat Sechs-Appeal, klingt nach Hochdreh-Halleluja, aber eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Ich meine, ist es denn die Möglichkeit, dass der Vierzylinder, der ja erst vor vier Jahren in Boxster und Cayman einzog, schon wieder die Fliege macht?
Ja und Nein, antwortet Frank-Steffen Walliser, Leiter der Sportwagen-Baureihen. Die schwächeren 718er bleiben demnach wie gehabt beim kleinen Turbomotor, doch die GTS-Modelle dürfen fortan tatsächlich den gleichen Sechszylinder auftragen wie Spyder und Cayman GT4 – jenen vom 911-Aggregat abgeleiteten Sauger, der ihr Profil nun deutlich schärft. Oder wie böse Zungen behaupten: Der ihnen endlich ein Profil verschafft.
Mit der Rechtfertigung des Kürzels war es zuletzt nämlich gar nicht so weit her. Die GTS nutzten die selben Ausstattungsfeatures und den selben Motor wie die nächstkleineren S-Versionen, sodass sich ihr Mehrwert quasi auf hübsche Stickereien und das Häppchen Mehrleistung reduzierte, das obendrein weder mess- noch fühlbar war. Mit der Neuausrichtung sind die Familienverhältnisse nun wieder geklärt. Der GTS 4.0 hält, was die Buchstaben versprechen. Und: die Zahlen. Vier Punkt Null steht für 3.995 Kubik, die bei 7.000 Umdrehungen glatt 400 PS generieren – 35 mehr als der Vorgänger, wobei das fast schon zweitrangig ist.
Viel wichtiger: Die Stimmung ist zurück. Der Zündfunke weckt nicht mehr nur einen Horde Krabbelviecher, er springt über, festigt die Beziehung zwischen Mensch und Maschine, die zuletzt, ich sag mal, spröde bis platonisch war. Allein dieser Klang, diese Mischung aus Standgasbrodeln, Ansaugschlürfen, Hochdrehfräsen und Lastwechsel-Popcorn, hach, das wirkt jetzt wie eine heiße Dusche nach
einem langen Februar-Spaziergang durchs trübe Wolfsburg der Sechziger. Dazu der direkte Draht, mit dem der Apparat am Gaszug hängt, mein lieber Scholli. Da kann der Turbo noch so variabel sein in seiner Turbinengeometrie, diese ultimative Bindung wird er ebenso wenig herstellen können wie die superstraffen Drehzahlbänder, die umso spannender werden, je fester und je weiter man sie dehnt.
Entspannung trifft Ansporn
Alles wieder gut, also? Aber wie! Alles besser? Objektive Antwort: Nein. Mag sein, dass der Vierzylinder dem GTS einst seiner Identität beraubte und kratzig klang. Aber: Er war leichter – 30 Kilo unterm Strich. Außerdem kostete der bisherige GTS 3.570 Euro weniger. Und: Er hatte etwas, das sich mit dem Comeback des Saugers nun wieder verzieht. Oder besser: zurückzieht. Die Rede ist von Drehmoment.
Dessen Maximum liegt mit 420 Nm zwar exakt auf dem Niveau des Vorgängers, kommt aber nicht mehr wie Kai aus der Kiste. Statt direkt loszupunchen, zerrt sich der Saugboxer erst mal ein Weilchen kraftflussaufwärts, ehe bei 5.000/min die Springflut einsetzt, die einen dann aber umso tiefer reinpresst ins Spektakel. Und ein Spektakel – das ist es fürwahr. Ich sage nur: Höchstdrehzahl gleich 7.800 Umdrehungen!
Dabei ist der neue GTS bestimmt keine Bolzekiste. Im Gegenteil, wenn man die Gaspedalkennlinie schleifen lässt, ihn mit den Zehenspitzen fährt statt aus der Sohle, rollt er sich auf deinem Schoß zusammen, grummelt zufrieden und knipst bei anhaltender Entspannung sogar drei seiner Zylinder aus, wobei ihm ein leicht schnarchiger Unterton entfleucht.
Allzu lang halten die Ruhephasen in aller Regel jedoch nicht. Weil? Weil Ortsende, weil Freitag, oder weil sich – wie in unserem Fall – die Straße gerade so herzallerliebst an die portugiesische Atlantikküste schmiegt. Also schnell raus aus dem Wellnessbereich, und rein in die Herrlichkeit der Landstraßen, denen der Boxster meiner Meinung nach immer noch am besten steht. Er kostet 83.949 Euro, also gut 2.000 mehr als der Cayman, ist als Roadster nicht ganz so steif, dadurch nicht so bissig in der Befehlsverkettung, haut dir die Faszination dafür ungefiltert um die Ohren.
Ein Fingerklick, dann faltet sich die Stoffkäppi hinter die sündteuren, aber herausragenden Kohlefaser-Schalensitze und gewährt den Fahrgefühlen freien Eintritt. Vorn prasselt das permanente Zickzack der Strecke auf eine feinsinnige Lenkung ein, jeder Gasstoß presst die Meeresluft tiefer in die Stirnhöhlen, während der Sechszylinder da hinten sein Ding durchzieht. Beim Durchbeschleunigen gibt er den Einpeitscher, in Kurven wird er dank der Torque-Vectoring-Funktion zu einer tragenden Säule der Querdynamik, beim Runterschalten zum Kavalier, der dem reizenden Sechsgangschalter mit einem Zwischengas-Schubs auf die Drehzahlsprünge hilft.
Quirliger als der strikte GT4
Zur Antriebscharakteristik der reinrassigen GT-Modelle lassen sich übrigens keine Unterschiede ausmachen, was daran liegt, dass es keine gibt. Das leider etwas lasch übersetzte Getriebe ist ebenso eine Direktübernahme aus Spyder und Cayman GT4 wie die Sport-abgasanlage, die nun nicht mehr mittelbündig, sondern gesplittet durch die Diffusorandeutung lugt. Auch der Motor selbst bleibt substanziell unverändert, bekommt nur ein anderes Mapping aufgespielt, das die Leistung um 20 PS reduziert. Nanu, nur 20 PS? Der GTS wird doch nicht von einem Differenzierungs-Dilemma geradewegs ins nächste schlittern? Kaum ist der Hickhack mit dem S-Modell geklärt, bringt er auf einmal die Topversionen in Bedrängnis. Hey, der Preisunterschied zwischen GTS und GT4 beträgt 14.000 Euro, da kann man schon mal ins Grübeln kommen, ob sich das viele Geld überhaupt rentiert.
Um es kurz zu machen: Tut es. Das heißt: je nachdem wie man geneigt ist. Jedenfalls ist die Abgrenzung trotz der engen Technikverwandtschaft absolut gewährleistet. Wie? Über die Fahrwerkskonfiguration, die zwei ziemlich verschiedene Charaktere formt.
Der Cayman GT4 ist der geborene Zielstreber, kämmt sich mit Komponenten vom 911 GT3 und allerlei Aero-Zubehör voll auf Performance, während so ein GTS die Haare weiterhin offen trägt: Die Rollneigung der Karosserie ist trotz der serienmäßigen Tieferlegung um 20 mm deutlich ausgeprägter als beim kreuz- und querversteiften GT4, die Reifen sind schmaler, ziviler profiliert und wegen der frommeren Achsgeometrie nicht ganz so unerbittlich in die Querbeschleunigung gespreizt. Das alles hemmt natürlich die Dynamik als solche, es lockert aber das Handling auf, macht den Mittelmotorsportler empfänglich für Lastwechsel und am Ende sozusagen zum 718 Playman GTS.
Aber natürlich entstanden die Vier-Punkt-Nuller nicht nur zum Spaß an der Freud, sondern auch aufgrund von Zwängen. Laut Walliser verkaufen sich die vierzylindrigen 718er global zwar gut, das Basismodell laufe in China gar bombastisch. Hierzulande jedoch schwächelte die Konjunktur, sodass man reagieren musste. Dabei sei der Sechszylinder alles andere als eine Interimslösung, die bald wieder in der Versenkung verschwinde.
Für künftige Abgasregularien eignet er sich sogar besser als mancher Turbomotor. Der Trend verschiebe sich daher aktuell vom Down- zum Rightsizing, also wieder in Richtung größerer Hubräume – was eigentlich auch zu schön klingt um wahr zu sein.
Fazit
Dass das Comeback des Sechszylinders dem 718 GTS guttun würde, war vorherzusehen. Zwar profitieren die Fahrleistungen nur marginal, doch emotional macht der Sauger den Kohl wieder richtig fett – zumal die dank der laxeren Abstimmung mehr Leben in der Bude ist als bei den stringenten GT-Modellen.
Porsche 718 Boxster GTS 4.0 Boxster GTS | Porsche 718 Cayman GTS 4.0 Cayman GTS | |
Grundpreis | 92.981 € | 90.958 € |
Außenmaße | 4391 x 1801 x 1272 mm | 4405 x 1801 x 1276 mm |
Kofferraumvolumen | 275 l | 425 l |
Hubraum / Motor | 3995 cm³ / 6-Zylinder | 3995 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 294 kW / 400 PS bei 7000 U/min | 294 kW / 400 PS bei 7000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 293 km/h | 293 km/h |
Verbrauch | 10,8 l/100 km | 10,8 l/100 km |