Trotz der Ausmaße sind es die Kleinigkeiten, die den Ausschlag geben. Zuerst: das G und das T. Diese beiden Buchstaben machen das Cayenne Turbo Coupé gut 45.000 Euro teurer, zum nächsten schnellsten SUV am Nürburgring – aber auch zu einer heiklen Sache. Denn G und T stehen bei Porsche eigentlich an der Seite von Ziffern zwischen eins und vier, GTs werden im Schulterschluss mit der Rennabteilung entwickelt, GTs sind geborene Sportwagen, keine Quereinsteiger.
Nun kann man nur spekulieren, wie es zu der Entscheidung kam, einen solchen Sumoringer als Modellathleten abzustempeln. Ob sich die Abteilungköpfe wegen der Reviergrenzen in der Wolle hatten, oder ob man sich – wer weiß – vor lauter Begeisterung über die Idee Knuddel-Smileys hin- und hergeschickt hat. Fest steht nur: Technischer Grundlage entbehrt das Kürzel nicht, obgleich die Modifikationen weniger weit gehen als es G und T normalerweise suggerieren.
Aber fangen wir bei den Basics an, bei Cayenne dem Dritten, der seine Sportlichkeit eigentlich bereits in alle möglichen Schärfegrade aufdröselt: S, GTS, Turbo mit und ohne Ökoboost. Die Frage, ob es den GT unbedingt gebraucht hat, ist jedenfalls nicht völlig aus der Luft gegriffen. Böse Zungen behaupten sogar, dass er nie existieren würde, hätte sich Audi zwischenzeitlich nicht den SUV-Rekord am Ring geschnappt. Doch das Dementi kommt prompt: Das sportliche Topmodell sei von Anfang an geplant gewesen. Und auch definitiv die finale Eskalationsstufe. Ein GT RS steht also nicht zur Debatte – ein Jammer.
Ein kurzes Vergnügen
Im Ernst: Das hier ist des Guten schon mehr als genug. Zumal die GT-Note nicht nur in die Kopfstützen gestickt ist, sondern direkt in den Fingerspitzen kribbelt. Man spürt, dass die Dynamik aus der Tiefe kommt: aus einer feinporigen Lenkung und dem modifizierten Fahrwerk, das die 22-Zöller zwar sachte abrollen lässt, aber sämtliche Muckis anspannt, sobald man den Brocken in Kurven wirft.
Wobei das mit dem Werfen so eine Sache ist. Porsche stellt den GT nämlich auf Gotland vor. Hier: maximal 80 km/h erlaubt. Dort: 3,3 Sekunden auf 100. Sie können sich also ausrechnen, dass das Vergnügen ein kurzes war. Zunächst. Denn glücklicherweise gilt die Ostseeinsel nicht nur als Mallorca des Nordens, sie verfügt auch über einen regelrechten Ballermann – eine Partymeile, die über sieben Kilometer misst. Den Gotlandring – jene Mischung aus Nordschleife und Achterbahn, die den Turbo GT zu einem Mega-Erlebnis macht.
Und umgekehrt: Wie der Apparat seine Knollnase in die verschiedenen Radien steckt, wie ihm die aktiven Stabis seine Karosserie auf Spannung halten, wie er sich mit dem gewieften Allradantrieb das Heck ausrenkt und im Slide über Kuppen bürstet – alter Schwede. Tatsächlich vergisst man inmitten der Tanzbärenkräfte sogar, dass man ein SUV bewegt, was wahrscheinlich das größte Kompliment ist, das man einem sportlichen SUV machen kann.
Semislicks auf einem SUV
Sicher, ein paar Benimmregeln kann auch Porsche nicht aushebeln. So will die Vorderachse behutsam behandelt werden, da ihr die Querkraft ansonsten aus der Führung kippt – mehr Sturz hin, breitere Räder her. Hat man sich aber erstmal eingehakt im Eck, dann steht die Leitung und die Physik guckt verdattert in die Röhre, besser: in die Rohre. Zwei an der Zahl, mittelbündig, aus Titan.
Bemerkenswert: Der Turbo GT hat nicht dieses eine Geheimnis. Nein, er nutzt exakt dieselbe Hardware wie der Standard-Turbo und puzzelt sich sein Performance-Plus in Detailarbeit zusammen: Die Luftfedern fallen bis zu 15 Prozent straffer aus, Tieferlegung und Carbondach senken den Schwerpunkt ab, Hinterachslenkung und Achtstufen-Automat wurden angespitzt.
Der größte Impuls geht am Ende jedoch vom Motor aus. Nicht nur dass sich der Vierliter 90 PS und 80 Nm draufpackt, er spannt den erhöhten Ladedruck nun auch länger vor, reagiert dadurch knalliger, lastwechselt rabiater und dreht noch explosiver hoch.
Freilich habe man die Alltagskompetenz dabei nie aus den Augen verloren – das wird oft und eigentlich zu Recht betont. Wenn nur das Reifenthema nicht wäre: Semislicks und SUV sind per se eine seltsame Kombination, in diesem Fall passt die Konsequenz der GT-spezifisch abgeschmeckten Corsa-Pirellis aber schon prima ins Gesamtbild. Allerdings sind die Sport-Gummis nicht nur serienmäßig, sondern leider alternativlos, was den Bogen zu den Vollblut-GTs letztlich überspannt.