Nur fünf Fragen bezüglich des neuen Renault Clio . Davon vier blöde. Enttäuschend für eine französische Pressekonferenz, bei der die Gastgeber immer auf abendfüllende Frage-und-Antwort-Spielchen hoffen. Doch der Clio der vierten Generation ist kein Auto, das Fragen aufwirft. Sondern sie beantwortet.
Etwa die nach der neuen Designlinie von Renault, die erneut beweist, dass Anfang der 1980er eben doch nicht das Ende des Stylings erreicht war. Obwohl der damalige Renault-Designchef Robert Opron über den Nachfolger des ersten R5 meinte: „Wir bemühten uns, konnten aber keine bessere Form für den 5er finden als die des alten.“ Modernisierte Stratos-Stylist Marcello Gandini die Urform damals nur, bricht Renaults aktueller Designboss Laurens van den Acker mit dem bisherigen Stil. Der Clio erfindet sich neu, übernimmt aber das ganze Unterzeug – Achsen, Lenkung und teilweise Motoren – vom Clio III. Drumrum zeichnet sich auf 4,06 Metern die neue und wegen breiter C-Säulen nur schlecht überblickbare Stattlichkeit ab.
Im Renault Clio IV haben auch Lange genug Platz
Wir treffen den Clio IV ein paar Tage nach der Präsentation wieder – mit seinem Urahn, dem ersten Renault R5. Der wirkt neben dem Neuen zunächst so klein, dass man fürchtet, Renault habe sich bei seiner Entwicklung nicht um die Erkenntnis des Mini-Erfinders Alec Issigonis gekümmert. Der meinte schon zu Zeiten des Morris Minor, es gebe keinen Grund, anzunehmen, Fahrer kleiner Autos seien selbst auch immer klein. Der Clio weiß das, richtet sich vorn mit großen und bequemen Sitzen ein. Nur Lange kommen auf der Rückbank mit der seitlichen Dachlinie ins Gehege, und der Kofferraum zählt mit 300 Litern zu den großvolumigen der Kleinwagenklasse.
Im Renault R5 GTL reist es sich gedrängter. Doch obwohl er 53 Zentimeter kürzer und 21 schmaler ist und der Motor nach R4-Tradition längs hinter der Vorderachse sitzt, bietet er erstaunliche Raumfülle. Die uns zugetragenen – doch nicht etwa verklärten? – Überlieferungen gipfeln dabei übrigens in einem zweiwöchigen, verregneten Campingurlaub. Ohne Zelt. Zu dritt. Im R5.
Mit dem Renault R5 GTL optimistisch die Welt erkunden
Jeder, der in den Siebzigern/Achtzigern/Neunzigern jung war, kannte zumindest einen, der einen R5 hatte, und der damit die Welt erkundete – roste es, was es wolle. Heute nähert sich der Renault Clio IV der Jugend mit modernem Infotainment, Individualisierungs-Stickern und Dekors. Dazu baut er die Sicherheits-Errungenschaften des letzten Modells weiter aus. Auch unter den verschärften Bewertungskriterien schafft er fünf Sterne beim Euro-NCAP-Crashtest und ist in der Gesamtwertung Klassenbester.
Dagegen bietet der – hmm – etwas leger zusammengebaute R5 GTL die Crashfestigkeit einer Packung Haferflocken, natürlich trotz der optimistisch „Schutzschild“ genannten Rundumbeplankung. Zudem feiert er sich als erstes Auto mit integrierten Kunststoffstoßfängern. Bis sieben km/h seien sie rempelresistent, sagte Renault. Es drängt uns nicht, es auszuprobieren.
Starten wir lieber die Motoren. Der 1,1-Liter-Vierzylinder im Renault R5 GTL braucht ein bisschen Choke, dann rüttelt ihn sein Anlasser wach, und er zündet das Gemisch aus dem Solex-Fallstromvergaser. Wir erwähnen den Kettentrieb der Nockenwelle nur, um überhaupt eine konstruktive Gemeinsamkeit zu dem Dreizylinder-Benzindirekteinspritzer im Renault Clio IV zu finden. Das 898 Kubikzentimeter kleine Maschinchen basiert auf einem Nissan-Triebwerk, plustert sich aber statt wie im Micra per Kompressor mittels kleinen Turboladers auf 135 Nm und 90 PS auf.
Auf seine eigenen Turbojahre und die von Renault in der Formel 1 weist der R5 GTL mit einem stolzen Aufkleber auf der Heckscheibe hin. Selbst seine 45 PS und 85 Newtonmeterchen müssen sich nicht sehr bemühen, um die 775 Kilogramm so zu beschleunigen, dass es sich energisch anfühlt – trotz der langen Schaltwege des stocherigen Fünfganggetriebes.
Ähnliches Temperament wie heute der Renault Clio TCe 90 bot damals erst der 110 PS starke R5 Alpine Turbo – bei fast doppelt so hohem Normverbrauch und einer Kraftentfaltung so einfach zu regulieren wie die eines Knallkörpers. Dagegen knattert der Clio anfahrfix und homogen los, steigert sich ab 1.500 Touren in entschlossenes Durchziehen hinein, dreht gern, läuft kultiviert, schafft 4,3 L/100 km – mit der lang übersetzten, präzisen Fünfgangbox, Aerotricks, Leichtlaufrädern und Start-Stopp.
Renault Clio mit straffer Abstimmung
Beim Renault R5 GTL bestand die Kunst meist ja eher darin, den Motor an Ampeln am Laufen zu halten. Nicht so bei unserem wunderbaren Fotoauto, das vom 5. Januar 1983 bis diesen September in erster Hand nur gut 33.000 km durch Frankreich kurvte. Überhaupt: Kurven, und wie er in denen wogt und wankt, schunkelt und gautscht. Der Grenzbereich kündige sich früh durch Untersteuern an, belobigte Renault das beschauliche Handling und die Tatsache, dass er mit der indirekten, schwergängigen Lenkung in Kurven gezwungen werden will und doch über die 135er-Reifchen geradeaus schiebt wie eine Lawine. Er fühlt sich eben bis in die Spitzen seiner links zu rechts um drei Zentimeter versetzt angeordneten hinteren Torsionsfedern dem Komfort verpflichtet und steckt fiese Schläge sacht weg.
Besser als der Renault Clio, dessen herbe Abstimmung auf der Autobahn erst einmal nervt. Doch dann, auf Landstraßen, wird alles gut. Mit der nun direkteren, rückmeldungsintensiveren und tempoabhängigen E-Lenkung sowie strafferen Fahrwerkslagern flitzt er agil und sicher um Kurven, wuselt auch locker durch die Stadt, ohne bei flotter Fahrt zappelig zu reagieren.
Wie der R5 damals ist der neue Renault Clio also ein cleveres, sparsames, temperamentvolles, ja, durchaus stolzes kleines Auto. Dass er dem R5 alle Ehre macht, ist deshalb: auch keine Frage.
Renault 5 GTL | Renault Clio TCe 90 Dynamique | |
Grundpreis | 16.300 € | |
Außenmaße | 3531 x 1525 x 1402 mm | 4063 x 1732 x 1448 mm |
Kofferraumvolumen | 215 l | 300 bis 1146 l |
Hubraum / Motor | 1108 cm³ / 4-Zylinder | 898 cm³ / 3-Zylinder |
Leistung | 33 kW / 45 PS bei 4400 U/min | 66 kW / 90 PS bei 5250 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 137 km/h | 182 km/h |
Verbrauch | 6,3 l/100 km | 4,5 l/100 km |