Adrian Newey geht weder zu Ferrari noch zu McLaren, Mercedes, Alpine oder Williams. Sie alle waren auf der Liste der Interessenten. Am Ende hat Aston Martin das Rennen gemacht. Noch vor dem Rennen in Baku wird der Mega-Deal öffentlich gemacht und der prominente Neuzugang offiziell vorgestellt.
Aston-Martin-Chef Lawrence Stroll war bereit, dem Superhirn der Formel 1 alles bereitzustellen, was der verlangt. Und das ist nicht nur ein gigantisches Gehalt, über das jetzt wild spekuliert wird. Es sind auch gewisse Freiheiten, die Newey für seine Arbeit braucht. Er war zuletzt auch bei Red Bull nicht mehr Vollzeit unterwegs. Möglicherweise kommen auch noch andere Ingenieure nach, die seit Jahren seine Jünger sind und mit ihm durch dick und dünn gehen.
Aston Martin hat aber auch die modernste Fabrik der Formel 1. Sie wird 2025 voll betriebsfähig sein. Dann, wenn Newey bei Aston Martin starten kann. Um dem erfolgreichsten Konstrukteur der Formel-1-Geschichte sein Reich zu zeigen, schickte Stroll in der Woche vor dem GP Kanada extra die komplette Belegschaft nach Hause. Keiner sollte sehen, wer sein exklusiver Gast war. Der Besuch sprach sich natürlich trotzdem schnell herum.
Erfolg um jeden Preis
Während Newey 2006 bei Red Bull erst einmal zwei Jahre warten musste, bis das Team in der Lage war, seine Ideen umzusetzen, bekommt er bei Aston Martin von Anfang an ein Weltraum-Labor mit neuem Windkanal, neuem Simulator, Software und Prüfständen, die man heute zum Gewinnen braucht.
Mit Newey schließt sich für Aston Martin der Kreis. Stroll Sr. machte in einer Netflix-Serie keinen Hehl daraus, wie er die Formel 1 erobern will: "Mit meiner Vision, meinem Geschäftssinn und meinem Geldbeutel." Für den kanadischen Milliardär gilt mehr als für jeden anderen im Fahrerlager die Devise: Erfolg um jeden Preis. Manch einer unkt bereits, dass der Papa dem Sohnemann einen WM-Titel kaufen will.
Aston Martin geht 2026, im Jahr eins des neuen Motoren-Reglements, mit dem Besten vom Besten an den Start. Honda liefert den Antrieb und macht aus Aston Martin ein Werksteam. Aramco entwickelt den Kraftstoff. Kein anderer Hersteller hat so viel Erfahrung mit E-Fuels wie der saudische Konzern. Valvoline stellt die Schmierstoffe. Stroll spricht stolz von "Weltklasse-Partnern".
Das "Who's who" im Technikbüro
Und jetzt auch noch Newey. Der Star-Konstrukteur komplettiert ein Technikbüro, das bereits vollgepackt ist mit großen Namen. Die Aerodynamiker Dan Fallows, Eric Blandin und Entwicklungschef Luca Furbatto sind schon eine Weile an Bord.
Kürzlich kam der frühere Mercedes-Motorenchef Andy Cowell als neuer CEO an Bord. Er soll alle Technikpartner miteinander vernetzen. Ab 2025 übernimmt Enrico Cardile das Amt des Technischen Direktors. Cardile füllte vorher sechs Jahre lang die gleiche Position bei Ferrari aus.
Es ist das "Who's who" der Formel 1, die ab 2026 für Aston Martin ein Siegerauto bauen soll. Auch wenn Newey erst im Laufe des ersten Quartals offiziell dazustoßen darf, wie es in seiner Vertragsauflösung mit Red Bull steht, wird er seinen Input für das 2026er-Auto rechtzeitig geben können. Keiner kann kontrollieren, wer sich außerhalb der Fabrik wann mit wem unterhält.
Fernando Alonso hat im Rückblick alles richtig gemacht. Es ist auf dem Papier die Chance seines Lebens noch einmal in den Kreis der Sieger zurückzukehren. Man hat gerade das Gefühl, dass er sich eine kleine Auszeit nimmt, weil das Auto nicht mehr für Podestplätze taugt. So, als wolle sich der große alte Krieger alle Energie aufsparen für seine letzte große Schlacht.
Aktienpakete als Teil des Gehalts?
Trotz so vielen Häuptlingen gibt es noch genug Soldaten im Team. Die Technikabteilung von Aston Martin umfasst nahezu 400 Mitarbeiter. Sie alle kosten Geld. Und die Neuzugänge noch ein ganzes Stück mehr. Selbst wenn man alle drei als "Bestverdiener" abschreibt, die nicht in das erlaubte Budget zählen, ist es für den Kostendeckel eine finanzielle Belastung. Dafür tauchen dann die drei, die bis jetzt außerhalb des Budgets liefen, wieder in der Rechnung auf. Oder man trennt sich von ihnen, was vielleicht noch kommen mag.
Die Konkurrenz wundert sich jedenfalls, wie so viel hoch bezahlte Expertise innerhalb der rund 160 Millionen Dollar unterzubringen ist. Schon wird gemunkelt, dass Aston Martin so manch gut verdienenden Mitarbeiter mit Aktienpaketen des Unternehmens belohnt und sich so einen Teil des Gehalts spart. Der geldwerte Vorteil wäre im Moment noch außen vor.