Upgrades können tückisch sein. Nicht alle funktionieren so gut wie die letzten Entwicklungsstufen von McLaren und Mercedes. Bei Red Bull, Ferrari, Aston Martin oder Toro Rosso brachten sie entweder gar nichts oder waren ein Rückschritt. Sie müssen jetzt durch eine zweite oder dritte Entwicklungsschleife. Der Versuch, noch mehr Abtrieb zu finden, funktionierte nur im Windkanal.
In der Realität wurden die Simulationsdaten nur phasenweise bestätigt. Für viele kamen Bouncing und Balanceprobleme zurück. Der Versuch, die Autos wieder tiefer zu legen, resultierte in instabilem Fahrerverhalten. Je größer das Upgrade, das dazu geführt hat, desto schwieriger den Fehler zu finden.
Wann schlägt das Pendel für Ferrari um?
Charles Leclerc hält das Risiko für angemessen: "Wenn wir gar nichts machen, fallen wir zurück. Deshalb ist es wichtig, Upgrades zu bringen und die neue Spezifikation so schnell wie möglich zu optimieren. Alles hängt davon an, in welcher Höhe wir unser Auto fahren wollen."
Ferrari beharrt darauf, dass ihr Barcelona-Upgrade ein Fortschritt ist. Alle Daten weisen darauf hin. "Wir müssen nur noch auf der Rennstrecke eine Konfiguration finden, um diesen Fortschritt umzusetzen. Deshalb sind wir zuletzt mit vielen unterschiedlichen Setups gefahren, um zu lernen, wo der goldene Kompromiss liegt", erzählt Leclerc.
Der Monaco-Sieger glaubt, dass das Pendel schnell umschlagen kann: "Es geht an der Spitze nur um zwei Zehntel hin oder her. Zwei Zehntel zwischen Hero und zero. Ich bin mir sicher, dass diese zwei Zehntel in unserem letzten Paket liegen. Wenn wir sie finden, fahren wir um den Sieg mit."
Aston-Chef gibt Upgrade-Problem zu
Am schlimmsten traf es Aston Martin. Bis zum GP Kanada waren die grünen Autos fünfte Kraft im Feld. Zuletzt rutschte die Luxusmarke immer tiefer ab. In Spielberg musste sich Aston Martin sogar hinter Haas, Alpine und Toro Rosso anstellen.
"Wir waren nie in der Lage Punkte zu sammeln, weder im Sprint noch im Rennen", gibt Teamchef Mike Krack zu. "Wir müssen ehrlich zu uns selbst sein und uns eingestehen, dass wir keinen guten Job gemacht haben das Auto weiterzuentwickeln. Die Upgrades haben nicht das geliefert, was wir uns erhofft haben, speziell nach Imola."
Fernando Alonso ist trotzdem weiter zuversichtlich. "Eine Zeitlang haben wir viel herumexperimentiert, um nach dem Fehler zu suchen, dabei aber keine klare Linie gefunden. Seit dem Rennen in Österreich ist das Bild schärfer. Wir wissen, was schiefgelaufen ist und werden die Probleme Schritt für Schritt abstellen."
Unterboden-Patchwork gegen das Bouncing
Die erste Stufe wird in Silverstone gezündet. Ein neuer Frontflügel soll die Balance zwischen schnellen und langsamen Kurven verbessern. Er unterscheidet sich im Profil nur in Details, aber er folgt dem jüngsten Trend. Ab einer bestimmten Last verbiegt sich der Flügel nach hinten. Das verschiebt die aerodynamische Balance in schnellen Kurven mehr in Richtung Hinterachse.
Weniger sichtbar, aber mindestens genauso wichtig, sind Versuche den Unterboden so zu modifizieren, dass man das Bouncing besser kontrollieren kann. Dabei sollen je nach Strecke alte mit neuen Teile vermischt werden. Unterböden sind heute ein Patchwork. Die einzelnen Bauteile werden wie ein Puzzle zusammengesetzt.
Das Bouncing ist für viele Teams wieder ein Thema geworden. Weil sie Abtrieb nur noch finden, wenn sie an der Hinterachse tiefer gehen. Auch Ferrari und Toro Rosso kämpfen mit dem Aufschaukeln. "Es ist seit dem Upgrade unser größtes Problem", gibt Carlos Sainz zu. Haas hat es nicht. "Unser Auto ist dieses Jahr nicht so sensibel in Bezug auf die Fahrzeughöhe", berichtet Nico Hülkenberg.
Der Doppel-Effekt des Bouncings
Das Bouncing hat großen Einfluss auf die Reifentemperaturen. In Qualifikationsrunden sind vor allem die Kurven betroffen, die nach der Bouncing-Passage folgen. Im Rennen erhöht sich die Reifenabnutzung. Das ist der Hauptgrund, warum die Aston Martin in diesem Jahr über die Distanz ihre Reifen fressen. Und warum Ferrari sich im Rennen neuerdings wieder etwas zurückhalten muss. "Es ist ein Doppel-Effekt", verrät Sainz. "Das Bouncing selbst macht dich schon langsamer, aber die Auswirkungen auf die Reifentemperaturen noch mehr."
So erklären sich auch positive Ausreißer wie der in Montreal. Dort gibt es keine schnellen Kurven und damit weniger Bouncing. Außerdem war es kühl und regnerisch. Das hielt die Reifentemperaturen und damit den Gripverlust im grünen Bereich. Prompt landeten Fernando Alonso und Lance Stroll auf den Plätzen sechs und sieben.
Solange sich die Autos noch aufschaukeln, liegt es auch an den Piloten, wie sie damit umgehen. Oft wird das Bouncing durch Kleinigkeiten ausgelöst. Bodenwellen zum Beispiel. Ein Aston Martin-Ingenieur verrät: "Wir machen unseren Fahrern klare Vorgaben, wo auf der Strecke sie welche Linien wählen soll, um diesen Trigger-Punkten zu entkommen."