Daniel Ricciardo hätte am Donnerstag (27.7.) eigentlich im Flieger nach Los Angeles sitzen sollen. Neben den Flugtickets hatte sich der 34-Jährige auch schon Eintrittskarten für das Ultimate-Fighting-Event (UFC) in Salt Lake City am Wochenende besorgt. "Wir hatten da einen richtig schönen Trip geplant. Und nun sitze ich hier in Spa im Regen", witzelte der Australier, der sich die gute Laune vom schlechten Wetter aber nicht verderben ließ.
Für seine Medienrunde am Vormittag hatten sich wieder jede Menge Reporter eingefunden. Schon sieben Tage zuvor in Budapest platzte die Red Bull Energy Station aus allen Nähten. "Ich dachte eigentlich, dass beim zweiten Wochenende nicht mehr so viele von Euch kommen und Ihr mich schon wieder vergessen habt. Also, danke dafür", grinste der ehemalige McLaren-Pilot.
Ergebnis fast egal
Beim ersten Rennwochenende im Alpha Tauri AT04 hinterließ der Comebacker direkt einen starken Eindruck. Im Qualifying gewann er das teaminterne Duell gegen Yuki Tsunoda. Im Rennen wurde Ricciardo dann am Start von Guanyu Zhou auf die Hörner genommen, was ihn ans Ende des Feldes spülte. Eine erfolgreiche Aufholjagd brachte ihn immerhin wieder zurück auf Platz 13, wo er das Rennen begonnen hatte.
Große Änderungen bei der Herangehensweise seien nicht nötig: "Bis auf den Start war es eigentlich ein ziemlich reibungsloses Wochenende. Ich hatte das Gefühl, dass ich alles unter Kontrolle habe. Das Team hat mich toll aufgenommen. Insgesamt war ich zufrieden. Ich war ja schon happy, dass ich überhaupt wieder ein Rennen fahren durfte. Da war das Ergebnis fast egal."
Am Montag danach fühlte sich der Pilot zwar etwas kaputt. Wenn man die lange Pause bedenkt, hätte es aber auch schlimmer kommen können. Die Fitness passt. Wichtiger sei es laut Ricciardo gewesen, dass er im ersten Training direkt ein gutes Gefühl finden konnte: "Das Auto hat in der ersten Runde schon so reagiert, wie ich es erwarte. Das war wichtig, weil es mir direkt Selbstvertrauen gegeben hat."
Kampf mit den McLaren-Ingenieuren
Dieses Gefühl hatte er bei McLaren offenbar lange nicht gespürt. Bei seinem alten Team führte der Pilot immer einen Kampf mit dem Auto – und offenbar auch mit den Ingenieuren. "Ich möchte eigentlich gar nicht mehr über die Zeit sprechen. Damals hatte ich schon in der ersten Sommerpause gemerkt, dass wir die Sache falsch angehen. Natürlich hat jeder im besten Interesse des Teams gehandelt. Aber im Nachhinein muss man sagen, dass wir wohl einfach zu viel gemacht haben", gab Ricciardo zu.
Bei Alpha Tauri dagegen wollen die Ingenieure dem Piloten das Fahren nicht neu beibringen: "Sie haben mich einfach mit meinem natürlichen Fahrstil machen lassen. Ich habe gemerkt, dass sie neugierig waren und in den Briefings meine Meinung hören wollten. Da hilft sicher auch meine Erfahrung. Ich konnte ihnen einige neue Denkanstöße geben. Ich wollte sie aber nicht gleich mit hundert Dingen am ersten Wochenende überfrachten."
Ricciardo weiß natürlich, dass er auch noch viel an sich selbst arbeiten muss. Die Lernkurve war schon in Budapest steil. Der Mann aus Perth glaubt aber, dass die Fortschritte mit weiteren Rennen und konzentrierter Zusammenarbeit mit seinen Ingenieuren ganz von alleine kommen werden. "Das heißt aber natürlich nicht, dass ich bis Oktober schon so weit bin, dass ich Rennen gewinne."
Lernprozess beginnt bei null
Laut Ricciardo warten in Spa mit dem geringeren Abtriebslevel und dem regnerischen Wetter schon wieder ganz neue Herausforderungen. "Da beginnt man nochmal komplett bei null. Es geht jetzt vor allem darum, sich schnell anzupassen. Ich erwarte aber nicht, dass ich plötzlich zwei Sekunden hinterherfahre und nicht weiß, woran es liegt."
Nach Ansicht des 34-Jährigen macht es die aktuelle Auto-Generation den Fahrern auf feuchter Piste besonders schwer. "Manchmal denkt man, dass man viel Grip hat. Und dann ist er plötzlich weg. Ich weiß nicht genau, wie groß der Anteil der Reifen daran ist. Aber es ist zum Beispiel sehr schwer, einen längeren Drift zu kontrollieren, so wie wir es noch in den Junior-Serien konnten. Heute lässt sich schwer vorhersagen, was das Heck macht."