Eine Stunde vor Beginn der Qualifikation zum GP USA ereilte die Formel 1 eine traurige Nachricht. Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz war nach schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren gestorben. Damit war jedem im Red Bull-Camp klar: Das Ergebnis war an diesem Tag zweitrangig. Max Verstappen und Sergio Perez hätten den Übervater des bekanntesten Energy Drinks der Welt gerne mit einer Pole Position geehrt, doch dann standen ihnen zwei Ferrari im Weg.
Selbst nachdem Charles Leclerc wegen des Wechsels von Motor und Turbolader um zehn Plätze zurückgestuft wird, reicht es nicht zum Platz an der Sonne. Den holte mit Carlos Sainz ein ehemaliger Red-Bull-Schützling. Der Spanier gab offen zu: "Ich wäre ohne Dietrich Mateschitz nicht in der Formel 1. Er war für den Motorsport ein Segen. In fast jeder Rennserie hat man das Red Bull-Logo gesehen, von der Formel 1 bis zur MotoGP."
Verstappen will es im Rennen richten
Max Verstappen trauerte der verpassten Trainingsbestzeit deshalb auch keine Träne nach. "Das ist heute alles zweitranging. Wir hätten Dietrich gerne mit einem guten Ergebnis geehrt, aber es sollte nicht sein. Jetzt müssen wir es im Rennen richten. Ich mache mir keine Sorgen. Wir sind im Rennen immer stärker als auf eine Runde. Ferrari hat es einfach besser geschafft, die Reifen anzuzünden. Das hat den Unterschied ausgemacht."
Dann kam der zweifache Weltmeister auf den verstorbenen Firmengründer zu sprechen: "Ich verdanke ihm meine Karriere, mein Leben. Sein Tod war ein harter Schlag für uns und für den gesamten Motorsport."
Sergio Perez war mit 0,197 Sekunden Rückstand so nah am Teamkapitän dran wie schon lange nicht mehr. Das spricht für eine gute Runde des Mexikaners und dass bei Verstappen nicht alles rund gelaufen ist. Ein Motorwechsel wird ihn fünf Startplätze zurückwerfen. Auch Perez kondolierte Mateschitz: "Das ganze Team wird morgen für Dietrich und seine Familie fahren. Ich hoffe, wir können ihm das Ergebnis schenken, das er sich von uns gewünscht hätte."
Eine Ikone verlässt die Bühne
Obwohl der Tod des reichsten Österreichers nicht ganz überraschend kam, wirkte die Führungsriege am Kommandostand wie gelähmt. Für Teamchef Christian Horner hat eine Ikone die Bühne verlassen. "Er war für alle von uns ein Vorbild und eine Inspiration. Der Motorsport verdankt Dietrich extrem viel. Er hat vielen Leuten hier im Fahrerlager geholfen."
Sportchef Helmut Marko bedauert auch den Verlust eines Freundes. Der Grazer zählt zu den wenigen Personen, die bis zuletzt Kontakt mit Mateschitz hatten: "Didi hat sich wahnsinnig über den zweiten WM-Titel von Max gefreut, und jetzt wollen wir zu seinen Ehren auch noch den Konstrukteurs-Titel einfahren."
Auch die Konkurrenz zeigte sich betroffen. Für Mercedes-Team Toto Wolff war er "größer als das Leben selbst". Also eine Legende. Er selbst zählte am Anfang zu den Piloten, die dank Red Bull-Unterstützung in ein Rennauto kamen. "Ich war stolz, einen Red-Bull-Overall zu tragen. Jeder Österreicher kennt seine Lebensgeschichte. Er hat aus einem unbekannten Getränk aus Thailand ein Weltunternehmen aufgebaut. Eine Marke, die heute jeder kennt. Das ist sein größtes Vermächtnis."
Ein Mäzen von Herzen
Dietrich Mateschitz war ein Mäzen von Herzen. Ein beträchtlicher Teil der Gewinne aus seinem Softdrink-Imperium floss in die Unterstützung von Sportlern und in zwei Formel-1-Teams. Er kaufte das ehemalige Jaguar-Team und trat ab 2005 unter der Flagge von Red Bull an. Ein Jahr später erwarb er den Minardi-Rennstall und taufte ihn in Toro Rosso um, den Vorläufer des aktuellen Alpha-Tauri-Teams. Es sollte eine Ausbildungsstätte für junge Fahrer werden.
Schon nach drei Jahren war Dabeisein nicht mehr genug. Mateschitz wollte Erfolge sehen, und er bekam sie mit vier WM-Titeln zwischen 2010 und 2013 und zwei in der abgelaufenen und der aktuellen Saison. Mit Sebastian Vettel und Max Verstappen haben es zwei aus dem eigenen Fahrerkader zum Weltmeister geschafft, mit Daniel Ricciardo, Carlos Sainz und Pierre Gasly drei weitere zu GP-Siegern.
Mark Webber und Sergio Perez waren Seiteneinsteiger, die später für Red Bull Rennen gewannen. Da sprang Mateschitz über seinen Schatten. Wenn es wichtig für seinen Rennstall war, dann wurden auch Fahrer verpflichtet, die nicht aus der Red-Bull-Schule kamen.
Budgetdeckel-Urteil vertagt
Mateschitz hat sein Feld auch für die Zukunft bestellt. Red Bull und Alpha Tauri sind finanziell abgesichert und werden den Geist ihres Gründers auch in den nächsten Jahren weitertragen. Der Aufbau einer eigenen Motorenfabrik zeigt, wie der Softdrink-Zar gestrickt war. Unabhängigkeit ging ihm über alles. Nur er konnte es mit den großen Automobilherstellern aufnehmen. Als Vettel vier Mal in Folge den WM-Titel holte, steckte im Heck des Autos nur ein Kundenmotor.
Es war eine unglückliche Fügung, dass ausgerechnet in den letzten Tagen seines Lebens die unerfreuliche Affäre um das Überziehen des Budgetdeckels über das Team hereinbrach. Wie jetzt zu hören ist, haben sich die Kostendeckel-Verwalter der FIA und Red Bull hinter den Kulissen auf eine Strafe geeinigt. Sie sollte eigentlich noch während des Wochenendes in Austin kommuniziert werden. Aus Pietät wird man nun ein paar Tage damit warten.