Katar-GP: Ferrari vergibt Chance gegen Mercedes

Ferrari zu langsam in Katar
Scuderia vergibt Chance im Duell mit Mercedes

GP Katar 2023

Mercedes hatte das schnellere Auto in Katar, doch Ferrari die besseren Chancen. Trotzdem fuhr Ferrari mit weniger Punkten nach Hause. Weil sich der WM-Dritte zu viele Pannen erlaubte und Russell zu spät als Gegner erkannte.

Charles Leclerc - Ferrari - GP Katar 2023
Foto: Wilhelm

Das Duell um den zweiten Platz in der Konstrukteurs-WM geht weiter. Mercedes hat seinen Vorsprung um acht Punkte ausgebaut. Dabei standen die Vorzeichen gut, dass es ganz anders kommt. Mercedes hatte in Katar das schnellere Auto, doch Ferrari die besseren Chancen. Maranello hat sie nur nicht genutzt.

Der Kurs von Losail favorisierte eigentlich keines der beiden Teams. Schnelle Kurven sind für Mercedes und Ferrari Gift. Doch wenn eine Strecke nur schnelle Kurven hat, können sich auch die darauf einstellen, die dort normalerweise ein Problem haben. Der glatte Belag erleichterte auch die Wahl der Bodenfreiheit. Man konnte nicht viel falsch machen. Alle fuhren so tief wie möglich.

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Ferrari mit zu viel Risiko im Sprint

Trotzdem zeigten die Mercedes den besseren Speed. Der Vorteil lag bei zwei Zehntel pro Runde. Das lag an den hohen Temperaturen und an den ersten beiden Tagen auch am starken Wind. Ferrari mag weder das eine, noch das andere. Am Renntag schlief der Wind ein. Da zeigte Ferrari dann auch seine beste Leistung.

Trotzdem hätte Ferrari den Punkterückstand auf Mercedes verkürzen müssen. Der WM-Zweite öffnete seinem Gegner viele Türen, doch Ferrari schlug sie wieder zu. Beim Sprint hatten Carlos Sainz und Charles Leclerc mit den Startplätzen 5 und 6 die bessere Ausgangsposition als George Russell und Lewis Hamilton mit den Plätzen 4 und 12.

Doch dann spielte Ferrari mit Soft-Reifen für beide Fahrer die Risiko-Karte, während Mercedes die Taktik wenigstens splittete. Russell brachte sein Soft-Rennen besser durch als Sainz, und Hamilton rollte auf Medium-Reifen von hinten das Feld auf. Leclerc hatte zum Schluss so wenig Grip, dass er allein in der letzten Runde vier Mal die Streckenlimits überfuhr. Die Fünfsekunden-Strafe warf ihn aus den Punkterängen.

Carlos Sainz - Ferrari - GP Katar 2023
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Carlos Sainz konnte am Rennsonntag von Katar nur zuschauen.

Nur mit 50 Prozent am Start

Im Hauptrennen standen die Sterne zunächst für Mercedes besser. Ferraris Chancen reduzierten sich bereits vor dem Start auf 50 Prozent. Das Auto mit der Startnummer 55 blieb in der Garage. Offiziell wurden Probleme mit dem Benzinsystem kommuniziert. Eine genaue Aussage wollte Teamchef Frédéric Vasseur nicht treffen.

Verdächtig ist, dass an beiden Autos vor dem Rennen die Batterie getauscht wurde. Merkwürdig ist auch, dass es beim Saisonauftakt in Bahrain ähnlich mysteriöse Problemen mit Batterien, Steuergeräten und Hochspannungsleitungen gab. Auch ein Nachtrennen bei hohen Temperaturen, auch eine Rennstrecke, auf der viel über Randsteine gefahren wird.

Es dauerte nur 400 Meter, da drehte sich die Ausgangspositionen für die beiden Kandidaten auf die Vize-WM um. Nach der Kollision der Mercedes-Piloten stand Hamilton im Kiesbett, und Russell humpelte mit einem Plattfuß an die Box. Als das Rennen in der fünften Runde wieder freigegeben wurde, lag Leclerc an vierter Stelle und Russell mit einem Rückstand von sechs Sekunden auf Rang 14. Bis Runde 11 vergrößerte sich das Delta auf 10,6 Sekunden.

Zu viel Zeit im Mittelstint verloren

Durch den unplanmäßigen Boxenstopp hatte Russell einen gebrauchten Satz Medium mit 13 Runden Restlaufzeit verschenkt. Damit war klar, dass er im letzten Stint auf die ungeliebten Soft-Reifen umstellen musste. Leclerc hatte mit seinen vier Garnituren einen Spielraum von nur vier Runden, doch Russells Notstopp verschob die taktischen Möglichkeiten zu seinen Gunsten.

Trotzdem kam Russell am Ende 4,8 Sekunden vor Leclerc ins Ziel. "Charles hat zu viel Zeit in den Mittelstints verloren", stellte Vasseur fest. Das lag möglicherweise an der Aufteilung der Reifen, die beide noch zur Verfügung hatten. Bei Russell lag nach dem Zwischenfall in der ersten Runde die Sequenz medium-alt, medium-neu, hart-neu und soft-alt auf der Hand. Ferrari setzte seine beiden gebrauchten Medium-Sätze an den Anfang des Rennens und schob dann zuerst die neuen harten Reifen und zum Schluss die neuen Medium-Gummis nach.

Im zweiten Stint mit alten Mediums gegen alten Mediums verlor Leclerc trotz Undercut 8,3 Sekunden auf seinen Konkurrenten. "Da hatten wir zu viel Körnen." Der Platzwechsel fand an den Boxen statt. Russell nahm dem Ferrari im dritten Stint 10,2 Sekunden ab. Da war er mit frischen gegen gebrauchte Medium-Reifen besser bestückt. Dazu kam, dass Leclerc immer wieder in den Verkehr fiel, während Russell oft freie Bahn hatte, um Tempo zu machen.

Charles Leclerc vs. Valtteri Bottas - Formel 1 - GP Katar 2023
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Charles Leclerc musste sich immer wieder durch den Verkehr kämpfen. Das kostete ihn Zeit.

Leclerc immer wieder im Verkehr

Am Ende sorgten zwei Umstände dafür, dass Ferrari auf Russells Aufholjagd nicht reagieren konnte. Mit nur vier Runden Spielraum waren den Strategen die Hände beim Timing der Boxenstopps gebunden. Leclerc hatte automatisch immer wieder die Gruppe mit Bottas, Stroll und Magnussen vor der Nase, die seit ihren Boxenstopps in der dritten Runde antizyklisch zum Feld fuhr.

Auch Russell zählte zu den Fahrern, die Offset unterwegs waren. Deshalb war er als Gegner für Ferrari nur in der Strategie-Software erkennbar. Leclerc bekam Russell während des ganzen Rennens nie richtig zu Gesicht. Man hätte ihn zwischendurch vielleicht ein bisschen nachdrücklicher warnen sollen. Oder nach dem ersten Stint merken müssen, dass Reifenmanagement nicht nötig war. Im Finale hat man es gemerkt. Leclercs letzter Abschnitt war sein bester. Da holte der Monegasse noch 4,8 Sekunden auf seinen Gegner auf.

Vasseur wollte die Niederlage gegen Mercedes nicht auf die Rennstrecke schieben. "Auf dem Papier sprach sie gegen uns, aber das haben wir auch schon vor Singapur gesagt, und dann haben wir gewonnen. Katar war am Ende nicht so schlecht wie man es wegen der schnellen Kurve erwarten durfte. Uns aber haben der Wind und die hohen Temperaturen nicht geschmeckt."

Noch fühlen sich die beiden Dinosaurier in ihrem Duell um Platz 2 sicher. McLaren fehlen 107 Punkte auf Mercedes und 79 auf Ferrari. Das Team der Stunde hat zuletzt im Schnitt mehr als 20 Punkte pro Rennen gutgemacht. Wenn McLaren das Tempo beibehalten kann, wird es im Kampf um den Ehrenplatz noch richtig eng.