In Bahrain gehörte der Donnerstag den Mercedes. Sieben Tage später in Jeddah machte Aston Martin am ersten Trainingstag die Show. Doch was sind die Bestzeit von Fernando Alonso und der sechste Platz von Lance Stroll wert? Schon in Bahrain waren die Aston Martin auf eine Runde schneller als auf die Distanz.
Vor einer Woche deutete sich in den Donnerstagstrainings aber bereits an, dass die grünen Autos im Rennen nicht halten würden, was die schnellsten Runden versprachen. Auch diesmal ist das Delta zwischen einer Runde und dem Dauerlauf groß. Bei den Medium-Dauerläufen landete Alonso nur auf Rang sechs.
Die Konkurrenz tippt darauf, dass der Aston Martin in den schnellen Runden mit weniger Sprit unterwegs war und für die Longruns auf das übliche Benzin-Niveau gegangen ist. Das Auto macht auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke aber auch deshalb eine gute Figur, weil der neue AMR24 die schnellen Kurven besser kann als sein Vorgänger.
Max Verstappen und Sergio Perez waren mit ihren Red Bull noch nicht zufrieden. Das resultierte beim Weltmeister in einem ungewöhnlich großen Rückstand von 0,331 Sekunden. Die Probleme waren aber nicht groß genug, um wieder einmal die beste Rennsimulation auf den Asphalt des Jeddah Corniche Circuits zu brennen.
Verstappen war mit seinen Klagen nicht allein. Fast alle Piloten klagten über zu viel Bodenkontakt und eine kritische Balance. Bei Durchschnittsgeschwindigkeiten von 250 km/h kehrte bei vielen Teams das Bouncing wieder zurück. Der ebene Belag lud die Teams dazu ein, ihre Autos immer tiefer zu setzen. "Tiefer und härter heißt Bouncing. Weicher und höher eine langsame Rundenzeit", erklärt Wolff den Teufelskreis.
Im hinteren Teil des Feldes überraschten die Alpine, denen die schnellen Kurven besser liegen als die vielen Traktions-Passagen in Bahrain. Umgekehrt tat sich Haas schwerer. Den US-Ferrari fehlt immer noch Grip. Das macht sich vor allem auf eine Runde bemerkbar. In den Longruns konnten Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen mit ihren direkten Gegnern mithalten.
Sechs Dinge, die Sie wissen müssen…
Wieso diktiert Aston Martin das Tempo?
Zweiter im ersten Training, Schnellster im zweiten. Mit über zwei Zehntel Vorsprung auf George Russell. Der Aston Martin AMR24 lief in Jeddah wie geschmiert, was auch der sechste Platz von Lance Stroll unterstreicht. Die grünen Autos haben sich im Topspeed und in den schnellen Kurven gegenüber dem Vorjahr deutlich steigern können. Das gab den Fahrer Vertrauen in den schnellen Kurven. Vertrauen, das der Konkurrenz weitgehend fehlte.
Die Gegner wollen aber auch herausgefunden haben, dass Aston Martin auf den schnellen Runden mit weniger Benzin unterwegs waren. Alonso gewinnt seine Zeit in den mittelschnellen Kurven des ersten und letzten Sektors. Und der Aston Martin ist auch auf den Geraden ungewöhnlich stark. Im Longrun fehlen dem Spanier durchschnittlich acht Zehntel auf Verstappen, allerdings mit zwei Runden mehr. Gegen Ende des Dauerlaufs bauten die Reifen deutlich ab. Nachdem Alonso lange konstant im Bereich von 1.34,5 Minuten gefahren war, lagen die letzten drei Runden jenseits der 1.35er-Marke.
Was liegt bei Red Bull noch drin?
Das Bild des ersten Trainingstages erinnerte an Bahrain. Red Bull machte nur bei Tageslicht das Tempo. Kaum wurde es kühler und windiger, waren Aston Martin und Mercedes schneller. Max Verstappen fehlten 0,331 Sekunden auf die Bestzeit, Jeddah-Spezialist Sergio Perez noch eineinhalb Zehntel mehr. Wie wir aus Bahrain wissen, muss das nicht viel heißen. Wenn es drauf ankommt, ist Verstappen hellwach. Die Problemstelle ist im Moment noch der zweite Sektor. Der beinhaltet die 180 Grad-Kehre und das superschnelle Kurvengeschlängel.
Im Longrun auf Medium-Reifen stellte Verstappen die übliche Hackordnung wieder her. Sein Mittelwert von 1.34,038 Minuten auf Medium-Reifen über elf Runden war unerreicht. Sergio Perez lag im Schnitt eine halbe Sekunde über Verstappens Simulation, drehte aber auch fünf Runden mehr als der Holländer. Perez beklagte sich über Bouncing in den Kurven 10 und 11.
Wo steht Mercedes?
Mercedes hat seine Autos wieder mehr Richtung Reifenschonen abgestimmt. Die Fahrer brauchten zwei Einführungsrunden, um die C4-Sohlen von Pirelli zum Arbeiten zu bringen. George Russell fuhr seine schnellste Runde erst im zweiten Versuch, auf Reifen, die schon fünf Runden auf der Lauffläche hatten. Trotz der zweitbesten Runde klagte Russell über eine Instabilität in schnellen Kurven. Die GPS-Analyse zeigt, dass Russell auf Alonso in den Kurven 4 bis 10 verliert.
Teamchef Toto Wolff traut sich noch keine Prognose zu: "Wenn man den Fahrern zuhört, dann ist alles ganz furchtbar. Das Auto fährt nicht geradeaus, es fährt nicht ums Eck und es setzt dauernd auf. Das Bouncing ist wieder zurück und die Fahrer suchen noch das Vertrauen in ihr Auto. Dafür ist die Rundenzeit von George ganz gut." Hamilton fehlte eine halbe Sekunde auf den Teamkollegen. Wolff erklärte es mit zwei unterschiedlichen Setups. "Das von Lewis hat offensichtlich nicht funktioniert." Zufrieden war Mercedes mit dem Topspeed. Russell führte zusammen mit Nico Hülkenberg mit 334 km/h die Rangliste an. Ein Indiz dafür, dass der W15 aerodynamisch effizienter ist als seine Vorgänger. Und dass Mercedes mit der Flügelanstellung am unteren Ende lag.
Rückschritt bei Ferrari?
Ferrari hielt sich dezent zurück. Charles Leclerc fuhr die viertschnellste Runde mit dreieinhalb Zehnteln Rückstand. Die Ferrari-Piloten splitteten ihre Longruns und gingen sie bewusst langsam an, um nicht wie im Vorjahr im Rennen böse überrascht zu werden. Leclerc drehte zehn Runden am Stück mit dem Soft-Reifen und war dabei erstaunlich konstant. Der Mittelwert von 1.34,645 Minuten ist im Vergleich zu den Medium-Dauerläufen respektabel. Ein Grund dafür könnte sein, dass Ferrari seine Flügel auf viel Abtrieb getrimmt hatte. Die roten Autos waren auf den Geraden mit aktiviertem DRS langsamer als die Mercedes mit geschlossenem Heckflügel. Leclerc macht sich keine großen Sorgen: "Die Zeiten liegen wieder so eng zusammen, dass es darauf ankommt, wer das meiste aus seinem Paket herausholt."
Carlos Sainz wurde auf Medium-Reifen gestellt. Der Dritte von Bahrain litt noch unter seiner Lebensmittelvergiftung und war noch einmal drei Zehntel langsamer. "Meine Rundenzeiten sind nicht repräsentativ", entschuldigte sich ein sichtlich angeschlagener Sainz. "Ich habe mich nicht wohl gefühlt, und es ging nur darum, das Auto auf der Strecke zu halten. Lesen Sie nicht zu viel in meinen Longrun. Er war nicht ideal."
Warum läuft es bei Haas nicht so wie in Bahrain?
Nico Hülkenberg hatte schon im Vorfeld vor zu viel Optimismus gewarnt: "Auch Jeddah wird für uns ein Test. Schnelle Kurven zählten im letzten Jahr nicht zu unseren Stärken." Im Vergleich der schnellsten Soft-Runden landeten die beiden Haas-Piloten nur auf den Plätzen 17 und 18. Auf die Alpine, Sauber und Williams fehlten zwischen zwei und fünf Zehntel.
Im Longrun lief es für die Haas-Piloten besser, was ein weiterer Beweis dafür wäre, dass die Techniker erfolgreich an der Achillesferse des Autos gearbeitet haben. Kevin Magnussen war auf Soft-Reifen eine Zehntel langsamer als Daniel Ricciardo und zwei Zehntel schneller als Yuki Tsunoda. Nico Hülkenberg verlor auf den harten Gummis eine halbe Sekunde auf Alexander Albon, nahm Valtteri Bottas im Sauber acht Zehntel ab. "Wir haben mit dem Setup experimentiert, und das ging schief", erklärte der Finne.
Feiert Alpine ein Comeback?
In Bahrain war Alpine das Schlusslicht. Nur eine Woche später platzierten sich Pierre Gasly und Esteban Ocon mit ihren schnellsten Runden auf den Plätzen neun und 15 im Mittelfeld. Dabei hatte Alpine keinerlei Upgrades nach Saudi-Arabien gebracht. Erklärung von Teamchef Bruno Famin: "Unsere große Schwachstelle ist die Traktion. Darauf kommt es in Jeddah nicht an." Auch das Übergewicht von zehn Kilogramm fällt Alpine nicht so stark auf den Kopf. Wenn das Auto mal in Schwung ist, wirken sich zusätzliche Pfunde weniger stark aus.
Das gute Abschneiden am ersten Trainingstag unterstreicht, dass Alpine zumindest beim Motor ein Fortschritt gelungen ist. Laut den Technikern wurde das Power-Defizit umgerechnet auf die Rundenzeit von fünf auf drei Zehntel reduziert. In den Longruns lief es nicht ganz so gut. Da holen das Auto seine Schwachstellen wieder ein. Auf den Medium-Reifen hatte nur Logan Sargeant einen kürzeren Atem. Pierre Gasly warnte vor verfrühtem Optimismus: "Im Cockpit fühlt es sich immer noch als eine Herausforderung an. Du spürst, wo das Auto seine Einschränkungen hat."
Fahrer | Ø Rundenzeit | Runden | Reifen | Stint |
Leclerc | 1.34,645 min | 10 | soft | 1 |
Ricciardo | 1.35,344 min | 11 | soft | 1 |
Magnussen | 1.35,438 min | 12 | soft | 1 |
Tsunoda | 1.35,641 min | 13 | soft | 1 |
Verstappen | 1.34,038 min | 11 | medium | 1 |
Russell | 1.34,473 min | 4 | medium | 1 |
Perez | 1.34,536 min | 16 | medium | 1 |
Hamilton | 1.34,579 min | 6 | medium | 1 |
Sainz | 1.34,741 min | 7 | medium | 1 |
Alonso | 1.34,867 min | 13 | medium | 1 |
Piastri | 1.35,117 min | 9 | medium | 1 |
Zhou | 1.35,264 min | 11 | medium | 1 |
Stroll | 1.35,399 min | 11 | medium | 1 |
Ocon | 1.35,449 min | 10 | medium | 1 |
Gasly | 1.35,471 min | 11 | medium | 1 |
Sargeant | 1.35,611 min | 11 | medium | 1 |
Norris | 1.34,653 min | 6 | hart | 1 |
Albon | 1.34,900 min | 13 | hart | 1 |
Hülkenberg | 1.35,489 min | 11 | hart | 1 |
Bottas | 1.36,222 min | 12 | hart | 1 |