Der Rekord ist geknackt. Red Bull überflügelte McLaren mit dem saisonübergreifend zwölften Erfolg in Serie. Dem Traditionsrennstall waren in der Saison 1988 elf aufeinander folgende Siege gelungen. Max Verstappen verprügelte bei seinem Start-Ziel-Sieg die Gegner. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum GP Ungarn, der mit der Startaufstellung Hamilton vor Verstappen scheinbar alle Zutaten für ein gutes Rennen hatte, aber schlussendlich ein Langweiler war.
Warum war Red Bull nur im Rennen so überlegen?
In der Qualifikation hatte Max Verstappen die Pole Position um drei Tausendstel verpasst. Im Rennen sicherte er sich mit einem Vorsprung von über einer halben Minute den Sieg. Im Schnitt war er also mindestens eine halbe Sekunde pro Runde schneller als die Konkurrenz, und musste dabei noch nicht einmal alles zeigen. Seine schnellste Rennrunde war um 1,097 Sekunden flotter als die des Zweitschnellsten Lewis Hamilton. Mercedes-Teamchef Toto Wolff urteilte daher, dass Red Bull allein in der Formel 1 fahre, und der Rest in der Formel 2.
Die Diskrepanz zwischen dem Speed in Quali und im Rennen lässt sich erklären. Auf eine schnelle Runde passte Verstappen die Fahrzeugbalance nicht. Der Weltmeister kämpfte gegen den RB19. Speziell am Kurvenscheitel bemängelte er fehlende Haftung an der Vorderachse. Das Auto untersteuerte, was man in den vielen langgezogenen Kurven des Hungarorings nicht gebrauchen kann.
Im Rennen gelten andere Parameter. Vollere Tanks und nachlassende Reifen. Aus einer Schwäche wurde eine Stärke. Einfach gesagt: Wenn ein Auto untersteuert, hat das Heck im Verhältnis zu viel Haftung. Und genau das war der Schlüssel über die Distanz. Weil Verstappen so die Hinterreifen in der Hitze leichter schonen konnte. Sie sind in Budapest das schwache Glied. "Ich konnte mich gut um den Reifenverschleiß kümmern."
Weil man im Rennen auch die Kurven nicht so attackiert, gab es auch keine schiebende Vorderachse zu beklagen. Ein im Gegensatz zu Silverstone geglückter Start spülte Verstappen direkt an die Spitze. Danach machte er sich aus dem Staub. "Ich konnte meinen Vorsprung in jedem Stint vergrößern, und dabei auf die Reifen achten." Allgemein gilt: Je höher der Reifenabbau, desto besser für das schnellste Auto im Feld, da der Red Bull das breiteste Arbeitsfenster hat.
Hat McLaren tatsächlich den Durchbruch geschafft?
Nach drei Rennen auf drei unterschiedlichen Strecken muss man sagen: ja. Die B-Version des MCL60 hat nach Spielberg und Silverstone auch in Budapest eingeschlagen. Der Lohn waren der zweite Platz für Lando Norris und 28 WM-Punkte für das Team. Mercedes-Teamchef Wolff lobt McLaren für den Quantensprung. "Sie haben eine Sekunde gefunden." McLaren-Rennleiter Andrea Stella backt kleiner: "Ganz so viel ist es nicht." Sechs oder sieben Zehntel treffen es schon eher.
In schnellen Kurven fühlte sich der McLaren schon immer wohl. Durch den Generalumbau kann er jetzt auch mittelschnelle. "Wir sehen, dass wir hier speziell Fortschritte im Vergleich zur Konkurrenz gemacht haben." Eine Problemzone bleiben langsame Kurven wie in Budapest zwischen 80 und 120 km/h. "Wir haben in Turn 1, der Schikane und Turn 12 noch zu viel Zeit verloren." Oder solche, die im zweiten Gang durchfahren werden müssen. Die gibt es auf dem Hungaroring zum Glück für McLaren nicht.
Der griffige Asphalt und der gewonnene Abtrieb halfen den Papaya-Autos, durch die gefürchtete Hitze zu kommen. "Mit mehr Abtrieb vorn und hinten hältst du die Reifen besser in Schuss. Das spendiert dir zusätzliche Rundenzeit", rechnet der Teamchef vor. Sein zweiter Fahrer erfuhr es leidvoll. Oscar Piastri beschädigte sich auf einem Randstein im zweiten Rennteil den Unterboden. Das kostete Anpressdruck, ein paar Zehntel pro Runde und trieb den Reifenverschleiß hoch. Sonst hätte der junge Australier besser abschneiden können als auf dem fünften Platz. Sein Teamkollege treibt die Ingenieure an. "Mercedes ist bei der Reifenabnutzung immer noch deutlich besser als wir."
Den finalen Angriff von Sergio Perez wehrte Norris souverän ab. "Ich habe beim Überrunden zu viele Reifenschnipsel aufgegabelt. Das hat mich Speed gekostet", entschuldigte sich der Red-Bull-Pilot. Stella sieht noch einen zweiten Grund dafür, dass sein Schützling 3,8 Sekunden vor Perez den Zielstrich kreuzte. "Auf den Mediumreifen hatte Perez schon viele Runden in der Qualifikation gedreht. Sie sind ihm deshalb am Ende etwas eingegangen."
Hatte Mercedes das zweitschnellste Auto?
Bei McLaren und Mercedes verhielt es sich entgegengesetzt. Der MCL60 brannte in den ersten Runden nach den Boxenstopps jeweils ein Feuerwerk ab, und ließ später nach. Die Stunde der schwarzen Autos schlug gegen Ende der Stints, nachdem sie schleppend angefangen hatten. Hier unterstrich Mercedes seine Qualitäten als Reifenstreichler. "Wir hatten das zweitschnellste Auto, haben daraus aber nicht das volle Kapital geschlagen", meinte Teamchef Wolff und kritisierte den Ansatz. "Wir sind zu vorsichtig mit den Reifen nach den Boxenstopps gewesen. Da haben wir nicht die richtige Balance aus Zurückhaltung und Attacke gefunden."
Nach dem ersten Reifenwechsel wuchs Hamiltons Rückstand auf Norris um sieben Sekunden an, weil er die Pirellis ja nicht überfordern sollte. In der Outlap nach dem Wechsel von Mediums auf harte Reifen war der McLaren-Pilot um 4,1 Sekunden schneller. In der zweiten Runde nach dem Stopp um 2,2 Sekunden. Dazu muss man sechs Zehntel aus der Inlap addieren.
Vor dem ersten Reifenwechsel hatte Hamilton rund 3,5 Sekunden hinter Norris gelegen. Dorthin hatte den Pole-Setter eine durchwachsene Startphase geworfen. Die Kupplung biss zwar zu, doch der Grip auf dem ersten Startplatz reichte nicht aus. Die Hinterreifen drehten durch.
Zu allem Überfluss machte Verstappen den Mercedes in Kurve eins manövrierunfähig. So schlüpfte Piastri innen durch, und Norris in Kurve zwei. Im ersten Stint fehlte Hamilton die Pace. "Ich hatte viel Untersteuern, bis hin zu plötzlichem Übersteuern." Je länger das Rennen andauerte, desto besser kam der Mercedes in Balance. Weil das Auto leichter wurde – und sich der Qualifikation annäherte. Entgegengesetztes Spiel also zu Red Bull, was die Abstimmung anbetrifft.
Was war mit Ferrari und Aston Martin los?
Beide Teams reisten optimistisch nach Ungarn. Die langsamere Natur der Strecke sollten den Autos liegen. Es kam anders. Ferrari sammelte nur zehn Punkte, Aston Martin drei. Ferrari verbaute sich aus Sicht von Teamchef Frederic Vasseur ein besseres Ergebnis bereits in der Qualifikation. Da überhitzten bei Charles Leclerc im letzten Abschnitt die Hinterreifen. Carlos Sainz scheiterte gar im Q2. Schlechte Startplätze heißt Fahren in Turbulenzen. Es ist bekannt, dass die roten Autos im Verkehr stärker leiden.
Im Renntrimm war Ferrari trotz des Windes und der Hitze zunächst gar nicht so schlecht unterwegs. Leclerc und Sainz fuhren geschlossen auf den Plätzen fünf und sechs. Ein langsamer erster Stopp warf Leclerc zurück. Ein Schlagschrauber für das hintere linke Rad streikte. Für den zweiten Service raste der Monegasse zu schnell in die Box. Es hagelte eine Strafe.
Vasseur monierte: "Beim ersten Stopp verlieren wir acht Sekunden, beim zweiten durch die Strafe fünf. Dazu kommt der Zeitverlust im Verkehr. Charles hätte sicherlich Fünfter werden können." Für den Teamkollegen zahlte sich der Start auf der weichen Mischung zunächst aus. Doch die Softs zwangen Sainz später zu zwei längeren Stints auf der harten Mischung. Die überhitzten, was den Reifenabbau nach oben trieb.
Aston Martin ist im Upgrade-Rennen zurückgefallen. Es mangelt an Performance, was man im Team nach dem GP Ungarn endlich einräumte. Die Quali-Niederlage hatte Aston Martin noch auf das enge Feld und nicht saubere Runden geschoben. Ein Problem des AMR23 ist, dass das Heck bei Hitze in langsamen Kurven am Scheitelpunkt schmiert. Das ist in den langen Ecken des Hungarorings doppelt bitter.
Wie verpatzte Alfa-Sauber die Startphase?
Die Plätze fünf und sieben am Start. Platz zwölf und 16 im Ziel. Aus 16 Punkten wurden null. Alfa-Sauber machte sich alle Chancen auf den ersten paar hundert Metern zunichte. Guanyu Zhou kroch aus seiner Startbox. "Es gab ein Problem mit der Strategie für das Bremssystem", berichtete Einsatzleiter Xevi Pujolar.
Das führte dazu, dass der Motor in den Sicherheitsmodus überging, um nicht abzusterben. Das klingt verdächtig nach dem Brake-by-Wire-Systems, das mit der Power Unit in Zusammenhang steht. Zhou musste die Startprozedur wiederholen, und krachte dann in Kurve eins Daniel Ricciardo ins Heck.
Teamkollege Valtteri Bottas verlor beim Ausweichen drei Positionen. "Und danach weitere drei Plätze, weil er aus dem Rhythmus war", sagte Pujolar. So verpasste Alfa-Sauber eine goldene Gelegenheit. Mit besseren Starts wären Punkte möglich gewesen. Aston Martin hätte geschlagen werden können.
Fahrer | Team | Zeit/Rückstand |
1. Max Verstappen | Red Bull | 1:38:08.634 h |
2. Lando Norris | McLaren | + 33.731 s |
3. Sergio Perez | Red Bull | + 37.603 s |
4. Lewis Hamilton | Mercedes | + 39.134 s |
5. Oscar Piastri | McLaren | + 62.572 s |
6. George Russell | Mercedes | + 65.825 s |
7. Charles Leclerc | Ferrari | + 70.317 s |
8. Carlos Sainz | Ferrari | + 71.073 s |
9. Fernando Alonso | Aston Martin | + 75.709 s |
10. Lance Stroll | Aston Martin | + 1 Runde |
11. Alexander Albon | Williams | + 1 Runde |
12. Valtteri Bottas | Alfa Romeo | + 1 Runde |
13. Daniel Ricciardo | Alpha Tauri | + 1 Runde |
14. Nico Hülkenberg | Haas | + 1 Runde |
15. Yuki Tsunoda | Alpha Tauri | + 1 Runde |
16. Zhou Guanyu | Alfa Romeo | + 1 Runde |
17. Kevin Magnussen | Haas | + 1 Runde |
18. Logan Sargeant | Williams | Ausfall |
19. Esteban Ocon | Alpine | Ausfall |
20. Pierre Gasly | Alpine | Ausfall |