Nach Protesten: McLaren muss Heckflügel umbauen

Red-Bull-Proteste haben Erfolg
McLaren muss Baku-Flügel umbauen

Red Bull ist gegen den Baku-Heckflügel von McLaren Sturm gelaufen. Das Verbiegen des Flaps an den Kanten entspricht nicht den Regeln. Nach langen Debatten forderte die FIA McLaren auf, den Flügel an der entsprechenden Stelle zu modifizieren.

Oscar Piastri - GP Aserbaidschan 2024
Foto: Wilhelm

McLaren ist einen Schritt zu weit gegangen. Am späten Donnerstagabend (19.9.) vor dem GP Singapur teilte der Verband dem WM-Spitzenreiter mit, dass sie den in Baku eingesetzten Heckflügel an zwei genau definierten Stellen ändern müssen. Es handelt sich dabei um den Bereich jeweils zehn Zentimeter an den Außenseiten des Flaps, der sich ab einer bestimmten Geschwindigkeit in Baku nach oben gebogen hat.

Die Entscheidung folgte langen Debatten mit Red Bull. Ferrari hielt sich in den Diskussionen vornehm im Hintergrund, teilte aber Red Bulls Meinung. Der Titelverteidiger war Sturm gelaufen, nachdem Videos im Internet aufgetaucht waren, auf denen man klar erkennt, wie sich der Flap bei nicht aktiviertem DRS im geschlossenen Zustand ab etwa 270 km/h verbiegt. Das vergrößert lokal die Spalte zwischen den beiden Heckflügelelementen, reduziert den Abtrieb und erhöht den Topspeed.

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Wilhelm

Die Lücke zwischen Flap und Hauptblatt war in Baku zu weit aufgegangen.

Ein bis zwei Zehntel Vorteil?

Red Bull will ausgerechnet haben, dass dieser Trick ein bis zwei Zehntel wert sein soll und beruft sich auch auf ein verdächtig geringes Speed-Delta zwischen geschlossenem und offenem Flap im Rennen. Es lag bei 12 km/h, etwa 8 km/h unter den Werten der Konkurrenz.

Dabei könnte es sich aber auch um einen Ausreißer wegen eines Windschattens im Nicht-DRS-Bereich gehandelt haben, denn im Qualifying lag das Delta bei allen vier Top-Autos noch innerhalb von 1 km/h. Und die Autos sind am Samstag und Sonntag identisch.

Die FIA sah zunächst keinen Anlass zum Handeln, weil McLaren alle stationären Belastungstests bestanden hatte, weil sich alle Flügel immer irgendwie verbiegen und weil nach ihren Berechnungen McLaren keinen signifikanten Vorteil gegenüber den Gegnern hatte.

Doch dann stolperte McLaren über die Regel, dass die Lücke zwischen Hauptblatt und Flap ("Slotgap") bei geschlossenem DRS zu jeder Zeit gleich groß zu sein hat. Was offensichtlich hier nicht der Fall ist. Da könnte auch Ferrari ein Problem bekommen. Auch hier vergrößert sich die Slotgap ab einer bestimmten Geschwindigkeit an bestimmten Stellen, wenn auch nicht so massiv wie bei McLaren.

Lando Norris - GP Singapur 2024
xpb

Der High-Downforce-Flügel in Singapur macht keine Probleme.

Kein Problem mit Singapur-Flügel

McLaren muss deshalb aber nicht den ganzen Flügel wegwerfen. Es reicht, den Flap an den entsprechenden Stellen so steif auszulegen, dass er unabhängig von der Geschwindigkeit seine Position und Form beibehält. Für die nächsten drei Rennen in Singapur, Austin und Mexiko hat es ohnehin keine Auswirkungen, denn da setzen alle Teams Flügel mit mehr Abtrieb ein, die völlig anders aufgebaut sind.

Der nächste Einsatz des Biegeflügels wäre in Las Vegas gewesen. Red-Bull-Teamchef Christian Horner kündigte schon im Interview mit dem TV-Sender Sky an, dass McLaren den beanstandeten Flügel beim Nachtrennen im Zockerparadies nicht mehr einsetzen werden kann.

Rückwirkend muss McLaren wenigstens keinen Punktabzug befürchten, obwohl sich Red Bull für eine solche Strafe starkgemacht hatte. Der Regelverstoß sei offensichtlich, und McLaren habe ihn nach Beobachtung der Konkurrenz auch in Spa und Monza begangen. Von beiden Rennen gebe es wie in Baku Videobeweise.

Später veröffentlichte McLaren ein Statement, dass man in Abstimmung mit der FIA proaktiv angeboten hatte, kleine Änderungen an dem Flügel anzubringen. Im Gegenzug erwarte man, dass die FIA mit den Flügeln der Konkurrenz nach dem gleichen Maßstab verfahre.

McLarens Gegner haben somit einen kleinen Sieg errungen, aber trotzdem noch lange nicht die ganze Schlacht gewonnen. Das Geheimnis des derzeit besten Autos im Feld sitzt nicht im Heckflügel, sondern im Unterboden und im Frontflügel.