Formel 1 nähert sich Net-Zero Ziel für 2030

13 Prozent weniger CO₂-Emissionen
Auf gutem Weg zum Net-Zero Ziel

Die Formel 1 hat ihren Nachhaltigkeits-Report für 2022 präsentiert. Seit 2018 wurden die Treibhausgase trotz mehr Rennen um 13 Prozent reduziert. Die Formel 1 stellt gleichzeitig den Weg vor, wie man 2030 bei Netto-Null landen will.

F1-Schild - Net-Zero - Klimaschutz Formel 1
Foto: Motorsport Images

Es ist ein ehrgeiziges Ziel, das sich die Formel 1 gesetzt hat. 2030 will die Königsklasse die CO₂-Emissionen auf netto Null gesenkt haben. Die Gesamtmenge der Treibhausgase, die bei allen Aktivitäten freigesetzt wird, soll dann durch die Menge, die der Atmosphäre vorher bei der Produktion entzogen wurde, kompensiert werden.

Die Rennautos sind dabei das geringste Problem. Sie tragen einer Studie zufolge nur ein Prozent zu den Emissionen bei. Größter Treiber ist der Warentransport auf der Straße, zu Wasser und in der Luft. Er beträgt stolze 49 Prozent. 29 Prozent des CO₂-Ausstoßes geht zulasten der Reisetätigkeit des Personals. Zwölf Prozent steuern die 22 Veranstaltungen bei, zehn Prozent die Aktivitäten der Teams in den Fabriken.

Unsere Highlights

Vergleichsmaßstab ist die Saison 2018. Damals wurde erstmals gemessen und laut dem Bericht des Formel-1-Managements 256.551 Tonnen Kohlendioxid freigesetzt. Vier Jahre später waren es bei drei Rennen mehr 223.031 Tonnen, was einer Reduzierung von 13 Prozent entspricht. Die Formel 1 ging mit gutem Beispiel voran. Sämtliche Büros werden mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben. Heute reisen 150 Mitarbeiter weniger zu den Rennen als vor vier Jahren. Die eigene Fracht wurde um 32 Prozent reduziert.

Charles Leclerc - Ferrari - Formel 1 - GP Österreich - Spielberg - Freitag - 30.6.2023
xpb

Zwölf Prozent des Gesamtausstoßes der Formel 1 stammte 2022 von den Veranstaltungen selbst.

Trucks mit Bio-Kraftstoffen

Da sich die Nachhaltigkeitswächter der Formel 1 einst ein Mindestziel von 50 Prozent weniger Ausstoß bis 2030 gesetzt hatten, bleiben noch sechs Jahre Zeit, um die Emissionen um weitere 37 Prozent zu verringern. Doch Ellen Jones, die Beauftragte für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung im Formel-1-Hauptquartier, will mehr als diese 50 Prozent erreichen. Sie will die Null. Dazu braucht sie die Mitspieler.

Alle zehn Teams sind bereits an Bord und haben 2023 auch den Dreisterne-Nachhaltigkeitsanspruch des Weltverbandes FIA erreicht. Die Veranstalter sind zu 75 Prozent im Boot. Ein Jahr zuvor waren es noch 50 Prozent. Auch Dienstleister wie Logistikpartner DHL, Pirelli und der Paddock Club müssen ihren Beitrag leisten.

Die Zahlen für 2023 liegen noch nicht vor. Gemeldet wird erst, wenn alle Beteiligten ihre Ergebnisse abgeliefert haben. Es lässt sich aber bereits absehen, dass der CO₂-Ausstoß erneut deutlich verringert wurde, berichtet Ellen Jones. Die 18 DHL-Trucks, die die Ausrüstung zu den neun Europa-Rennen bringen, werden ausschließlich mit Bio-Kraftstoff der zweiten Generation betrieben. Das hat die Emissionen in diesem Bereich letztes Jahr um 83 Prozent gesenkt. Die Formel 2 und Formel 3 fahren seit dieser Saison mit E55-Sprit.

DHL - F1- Motorhomes - Formel 1 - GP Spanien - 4. Juni 2023
ams

Logistikpartner DHL schickt seine 18 mit Bio-Kraftstoff betankten Trucks zu den Europa-Rennen der Königsklasse.

Strom aus Solarzellen

Sechs der 24 Rennen haben bereits massiv in die Infrastruktur investiert, um den CO₂-Ausstoß zu verringern. Der GP Österreich übernahm dabei eine Vorreiterrolle. Solar-Paneele auf 600 Quadratmetern innerhalb der Rennstrecke lieferten grünen Strom. Alle Generatoren im Fahrerlager wurden mit HVO-Kraftstoff betrieben. Das senkte die Emissionen in diesem Bereich um 90 Prozent.

Silverstone montierte 2.746 Solarzellen, Singapur 1.396. Auf dem Gelände der Rennstrecke von Sakhir in Bahrain steht eine Solarfarm, die 5,28 MW Strom produziert. Mehr als der Grand Prix benötigt. Beim GP Niederlande wurden 80.000 Liter Dieseltreibstoff durch HVO ersetzt, einem Sprit, der aus Bioabfällen hergestellt wird. Beim GP Spanien gab es einen Versuch, die Innenausstattung des Paddock Club durch neue Materialien zu ersetzen, die umweltfreundlicher und leichter sind.

Auch bei der Logistik stellt sich die Formel 1 um. Die Infrastruktur für die Fan-Zonen wurde in dreifacher Ausfertigung hergestellt und in drei Drehkreuzen in Europa, dem Mittleren Osten und in den USA gelagert, um die Transportwege zu den Grand Prix in den jeweiligen Regionen kurzzuhalten.

Fahrerlager Red Bull Ring - GP Österreich
Red Bull

Die Generatoren im Fahrerlager in Spielberg werden mit HVO-Kraftstoff betrieben.

Kalender soll regionalisiert werden

Wenn das Ziel erreicht werden soll, muss die Formel 1 jedoch noch mehr Gas geben, fordert Ellen Jones. Die nächsten Maßnahmen sind schon in Planung. Der Kalender soll noch mehr regionalisiert werden, damit Fracht und Personal weniger Kilometer im Jahr zurücklegen. "Im ersten Schritt haben wir jetzt Australien und die Asien-Rennen zusammengelegt, Aserbaidschan und Singapur, Katar und Abu Dhabi."

In Zukunft sollen alle Partner für ihre Transportmittel nachhaltigen Kraftstoff verwenden. Viele Teams haben sich dem Programm bereits angeschlossen. Die Formel-1-Autos selbst fahren ab 2026 klimaneutral. Den Mineralölfirmen ist dabei freigestellt, ob die Basis biologische Abfälle sind oder das Kohlenstoffdioxid direkt aus der Umgebungsluft gewonnen wird. Der Wettbewerb soll die beste Lösung bringen, die dann auch in Serienfahrzeugen Anwendung finden kann. Das Reglement schreibt einen sogenannten Drop-in-fuel vor, also Kraftstoff, der in jedes Straßenauto eingefüllt werden kann.

Impressionen - Formel 1 - GP Australien - Melbourne - 21. März 2024
xpb

Das Rennen in Melbourne legten die Verantwortlichen mit den Asien-Rennen in China und Suzuka zusammen, um die CO₂-Emissionen zu senken.

Weniger statt mehr

Die Rennstreckenbetreiber sind angehalten, dem Beispiel Österreichs zu folgen und den Strombedarf durch erneuerbare Quellen zu decken. Ansonsten gilt: weniger Ausrüstung, weniger Leute, mehr stationäre Infrastruktur, neue Technologien. Für die Fans sollen vor Ort alternative Transportmöglichkeiten geschaffen werden, um die Umweltbelastung so gering wie möglich zu halten. Zandvoort stellte tausende Leihfahrräder bereit.

Formel-1-Chef Stefano Domenicali weiß, dass der Motorsport mehr unter Beobachtung der Umweltwächter steht wie jede andere Unterhaltungsbranche. Er betrachtet es aber als, Chance zu zeigen, dass die Formel 1 für alles Lösungen findet und vor allen anderen ans Ziel kommt: "Nachhaltigkeit ist für uns eines der wichtigsten Themen. Es reicht nicht mehr, gute Action auf der Rennstrecke abzuliefern. Wir müssen sicherstellen, dass das auf nachhaltigem Weg passiert. Die Formel 1 kann darüber hinaus einen Beitrag leisten, neue Technologien zu entwickeln."