Bewegliche Ziele sind schwer zu treffen, heißt es bekanntlich. In der Pirelli-Entwicklungsabteilung in Mailand haben die Ingenieure aktuell die Formel-1-Autos für 2026 im Visier. Das Problem: Momentan weiß noch keiner genau, mit welchen Geschwindigkeiten die nächste Rennwagen-Generation durch die Kurven fliegen wird und wie stark die Reifen dabei strapaziert werden.
Erste Simulationen deuten an, dass die Pace deutlich nach unten geht. Der erhöhte Elektro-Anteil verlangt nach effizienten Autos mit weniger Luftwiderstand und damit auch weniger Abtrieb. Damit würden die Belastungen auf die Gummis sinken. Die Reifen müssen aber auch selbst einen Teil dazu beitragen, dass der Wind weniger Angriffsfläche bekommt.
Erste Überlegungen, den Felgendurchmesser von 18 Zoll auf 16 Zoll zu verkleinern, wurden auf Wunsch von Pirelli in letzter Sekunde wieder verworfen. Durch die etwas modifizierte Profilstärke reduziert sich der Reifendurchmesser der Slicks somit nur ganz leicht von derzeit 720 Millimetern auf 705 Millimeter vorne bzw. 710 Millimeter hinten.
2026er-Reifen schmaler und leichter
Die Einsparung bei der Breite fällt da schon stärker ins Auge. Vorne verschmälern sich die Pneus von 305 auf 275 Millimeter, hinten von 405 auf 375 Millimeter. Im Gesamtbild fällt die Maßnahme aber kaum auf, weil die neuen Autos insgesamt zehn Zentimeter schlanker werden und der Radstand um 20 Zentimeter schrumpft. Die kleineren Reifen wirken sich natürlich auch positiv auf das Gewicht aus. Vier bis fünf Kilogramm können pro Satz eingespart werden, heißt es.
Obwohl das Technik-Reglement für 2026 noch immer an einigen Ecken angepasst wird und die Simulationen entsprechend ungenau sind, hat Pirelli schon mit den ersten Praxistests auf der Rennstrecke begonnen. Mitte September begab sich Aston-Martin-Junior Felipe Drugovich in Barcelona mit den dünneren Walzen auf die ersten Runden. Dabei ging es zunächst nur um eine rudimentäre Basisarbeit und das Sammeln von Daten.
Ursprünglich waren umfangreichere Modifikationen am zwei Jahre alten Aston Martin angedacht, um die prognostizierten Abtriebswerte der 2026er-Rennwagen besser zu simulieren. Am Ende beschränkte sich der Umbau aber auf die Radträger und die Bremshutzen, die natürlich an die neuen Reifendimensionen angepasst werden mussten.
Monza-Abtrieb und offenes DRS
Ansonsten bekamen die Ingenieure des Teams lediglich den Auftrag, aerodynamisch ein Monza-Setup mit extrem wenig Abtrieb zu wählen. Um den Luftwiderstand weiter zu senken, raste Drugovich zeitweilig sogar mit geöffnetem DRS-Heckflügel um den katalanischen Grand-Prix-Kurs. Am Ende spulte der Brasilianer 1.392 Kilometer in der ungewohnten Konfiguration ab.
In der ersten Oktober-Woche war dann McLaren als zweites Team an der Reihe. Andauernder Regen in Mugello sorgte allerdings dafür, dass Lando Norris nur einen verwertbaren Testtag mit insgesamt 118 Runden absolvieren konnte. Große Erkenntnisse wollte Pirelli noch nicht rausrücken. Es wird aber erwartet, dass der Luftdruck mit den neuen Reifen steigt und der Sturz etwas geringer ausfällt.
Mitte November wird Alpine das Entwicklungsprogramm in Magny-Cours fortsetzen. Auch der Testplan für die heiße Phase in der Saison 2025 steht bereits fest. Alle zehn Teams erklärten sich bereit, Rennwagen an die neuen Reifengrößen anzupassen, damit ihre Fahrer erste Eindrücke sammeln können. Dann sollte das Reglement hoffentlich auch irgendwann fix und das zu erwartende Abtriebsziel nicht mehr ganz so beweglich sein.