Nichts ist ärgerlicher als Strafen im Motorsport. Besonders dann, wenn sie erst nach dem Rennen verteilt werden und das Ergebnis ändern. In der Saison 2023 stechen die Disqualifikationen von Lewis Hamilton und Charles Leclerc beim GP USA besonders heraus. Dreieinhalb Stunden nach der Zielflagge musste das Resultat korrigiert werden. Hamilton verlor einen zweiten, Leclerc einen sechsten Platz.
Doch das war nur die Spitze des Eisberges. Insgesamt haben die Sportkommissare in 22 Rennen 170 Strafen ausgesprochen. In der Saison 2022 waren es 140, vor zwei Jahren noch 96. Es ist kein gutes Zeichen, wenn die Richter immer häufiger eingreifen müssen. Entweder sind die Regeln zu kompliziert oder die Sportkommissare zu kleinlich.
Bester Zahler ist Lewis Hamilton
Von den 170 Verurteilungen entfallen 73 auf Zeitstrafen, 44 auf Geldbußen, 16 auf Startplatzversetzungen, drei Disqualifikationen und zehn auf eine Verletzung der Parc-fermé-Bedingungen, was einen Start aus der Boxengasse zur Folge hatte. Der Rest sind Verwarnungen, Ermahnungen, abgewiesene Klagen und eine Strafe gegen den Veranstalter des GP Brasilien.
Die 44 Geldbußen haben der FIA 107.900 Euro eingespielt. Das ist ein kleiner Rückgang im Vergleich zu 2021 (113.400 Euro) und 2022 (116.800 Euro). Die Teams wurden insgesamt mit 76.000 Euro zur Kasse gebeten, die Fahrer mit 31.900 Euro. Der beste Zahler bei den Teams ist Williams, die fünf Mal belangt wurden und in Summe 30.000 Euro auf das FIA-Konto zahlten.
Bei den Fahrern wurden Lance Stroll und Guanyu Zhou je fünf Mal zur Kasse geben. Stroll musste in Summe 900 Euro berappen, Zhou immerhin 1.300 Euro. Sie werden es verschmerzen können. Genauso wie Großverdiener Lewis Hamilton, der nicht nur 700 Euro wegen zu schnellem Fahren in der Boxengasse bezahlen muss, sondern auch noch 25.000 Euro aufgebrummt bekam, weil er beim GP Katar ohne die Erlaubnis der Streckenposten die Rennstrecke überquerte. Weitere 25.000 Euro sind noch zur Bewährung ausgeschrieben.
38 Mal Streckenlimits
Den größten Teil der Einträge machen die Zeitstrafen aus, und die sind besonders ärgerlich, weil sie das Ergebnis verfälschen. Der Großteil der Strafen, nämlich 38, entfällt auf den Verstoß gegen die Streckenlimits. Hier betraf es hauptsächlich zwei Rennstrecken. Am Red-Bull-Ring wurden 20 Fahrer mit Strafen von fünf oder zehn Sekunden belegt, in Katar zwölf. Die gestrichenen Runden in der Qualifikation noch gar nicht mitgezählt. Und die nicht entdeckten Fälle wie beim GP USA auch nicht.
Die beiden am meisten betroffenen Rennstrecken haben eine Gemeinsamkeit. Beide haben auf der Außenseite schneller Kurven große Asphaltflächen als Auslaufzonen. Der Grip jenseits der Randsteine ist so gut, dass eine Vergrößerung des Radius Rundenzeit bringt. Die weißen Begrenzungslinien waren aus dem Cockpit so schwer zu erkennen, dass die Fahrer immer wieder in die Falle gelaufen sind.
Der zweitgrößte Posten bei den Zeitstrafen macht der Tatbestand "Auslösen einer Kollision" aus. 14 Fahrer wurden hier überführt. Der Rest verteilt sich auf Tempoverstöße in der Boxengasse während des Rennens, auf falsche Startpositionen, falsch abgediente Strafen, das Abdrängen anderer Fahrer von der Strecke oder Regelverstöße hinter dem Safety-Car.
Motorstrafen gehen zurück
Wer an den beiden Trainingstagen Fehler macht, muss in der Startaufstellung die Konsequenzen tragen. 16 Mal wanderten Fahrer zwei, drei oder fünf Startplätze zurück. Meistens wegen Behinderung eines Konkurrenten in einer Qualifikationsrunde oder zu schnellem Fahrer bei gelber Flagge.
Zehn Mal mussten Fahrer aus der Boxengasse starten. Wenn sich die Regeln in Bezug auf die Abnutzung der Skidblocks unter dem Auto nicht ändern, droht der Start aus der Boxengasse zum taktischen Element zu werden. Speziell an Sprint-Wochenenden. Für Fahrer, die in der zweiten Hälfte der Startaufstellung stehen, könnte es sich lohnen, das Setup zu korrigieren und eine neue Planke unter das Auto zu schrauben. Lance Stroll ist mit dieser Taktik in Austin in die Punkteränge gefahren.
Während die Strafen wegen Regelverstößen auf der Strecke oder in der Boxengasse kontinuierlich steigen, nehmen die Motor- und Getriebestrafen weiter ab. Die Technik wird hier immer zuverlässiger. Nur zehn Mal musste ein Fahrer zurück, weil er das Kontingent der Antriebseinheiten überschritten hatte. Eine kleine Hilfe war, dass sich die Zahl der erlaubten Motoren, Turbolader, MGU-K und MGU-H um jeweils eine Einheit erhöhte.