Es hat Tradition, dass Ferrari für Monza etwas Besonderes auspackt. In der Vergangenheit war es meistens ein Wunder-Motor. Doch diese Zeiten sind vorbei. Die Motorenentwicklung ist eingefroren. In der Gegenwart kommen die Zeitsprünge von der Aerodynamik. Und da packte Ferrari sein drittes großes Upgrade nach Imola und Barcelona aus.
Die Monza-Flügel, der neue Unterboden, die stärker unterschnittene Motorabdeckung, die kürzeren Spiegelhalterungen und die tiefergelegte TV-Kamera in der Nase wurden vor der Sommerpause im Windkanal abgesegnet, der dann wegen Umbauarbeiten für sieben Wochen geschlossen wurde.
Ingenieur Jock Clear bestreitet, dass Monza ein Pflichttermin für die Premiere der neuen Teile war: "Wir richten unsere Entwicklung nicht nach bestimmten Rennen aus. Wenn Zandvoort auf dem Monza-Termin gelegen wäre, dann hätten wir sie auch nach Zandvoort gebracht."
Reaktion auf Barcelona-Upgrade
Der neue Unterboden war auch eine Reaktion auf den Fehlschlag von Barcelona. Die Spezifikation lieferte zwar mehr Abtrieb, doch mit ihr kam auch das Bouncing zurück. "Bei der Suche nach mehr Anpressdruck begibst du dich immer in diese Zone, in der das Pumpen ausgelöst werden kann. Bouncing ist ja das Resultat von zu viel Abtrieb. Es kommt darauf an, wie du dich dieser Grenze näherst. Wenn du zu aggressiv bist, bezahlst du dafür. Und wir waren zu aggressiv", gibt Clear zu.
Nachdem die Ferrari-Ingenieure das Problem erkannten, behalfen sie sich beim Unterboden mit einer Zwischenlösung. In den drei Rennen vor Monza kam ein Zwitter aus den beiden Versionen davor zum Einsatz. Vorne Barcelona, hinten Imola. Die jüngste Spezifikation ist ein neuer Ansatz mit Erkenntnissen aus den Unterböden davor.
Die Aerodynamiker in Maranello verringerten die Breite des vorderen Kiels unter dem Auto, ordneten die vertikalen Leitbleche in den Venturi-Kanälen neu an, modifizierten den Anstiegswinkel des Bodens, um Strömungsverluste Richtung Diffusor zu minimieren.
Neu gestaltete Slots und Winglets an den Unterboden-Kanten lenken effizienter die Luftverwirbelungen in die Bereiche, wo man sie haben will. Der Diffusor wird nicht mehr so stark von den Turbulenzen der Hinterräder beeinträchtigt. Das erlaubt gleichzeitig einen stärkeren Einzug der Motorabdeckung.
Upgrade ohne Nebenwirkungen
In Summe soll das stabileren Abtrieb über alle Geschwindigkeitsbereiche und Kurventypen liefern. Ein wunder Punkt vorher waren die lang gezogenen mittelschnellen Kurven, in denen es immer wieder zu Strömungsabriss kam. Um einen Fortschritt in diesem Punkt zu verifizieren, muss Ferrari bis Austin noch warten.
Ferrari war vom Erfolg seines Upgrades so überzeugt, dass man erst gar keine Zeit mit Vergleichstests verschwendete. Beide Autos waren von Anfang an mit den neuen Teilen ausgerüstet. Und die sollen nicht nur in Monza funktionieren. "Wir waren uns sicher, dass die Zahlen nicht lügen", beteuerten die Ingenieure.
Aus ihrer Sicht war Monza kein gutes Timing für das Debüt. Der Highspeed-Tempel ist ein Ausreißer im Kalender. Und die nächsten Stadtkurse in Baku und Singapur sind nicht viel aufschlussreicher. Da geht es viel geradeaus oder rechtwinkelig ums Eck. Clear relativiert: "Wir können nach Monza nicht mit Bestimmtheit sagen: Das wird jetzt überall funktionieren. Wir müssen die Daten von Monza in unsere Rechenmodelle einfließen lassen und unseren Werkzeugen vertrauen."
Auch Teamchef Frédéric Vasseur warnte vor zu schnellen Schlussfolgerungen. "Es ist schwer herauszufiltern, welchen Beitrag das Upgrade zum Sieg in Monza beigetragen hat. Aber wenn sechs Autos innerhalb von zwei Zehnteln liegen, dann kann jedes Detail wichtig werden. Der Hauptfaktor im Rennen war sicher unser gutes Reifenmanagement." Die gute Nachricht von Monza: Das Upgrade zeigte keine negativen Nebenwirkungen.