Junge Piloten haben es in der modernen Formel 1 schwer. Die Testfahrten sind streng limitiert. Es gibt kaum Gelegenheiten, mit den Autos der aktuellen Generation zu üben. Auch Williams-Neuling Logan Sargeant wurde diese Saison ins kalte Wasser geschmissen. Anderthalb Testtage in Bahrain mussten reichen, um sich an das Tempo der Königsklasse und den neuen FW45 zu gewöhnen.
Doch der Rookie aus Florida schlug sich mehr als wacker. Im ersten Qualifying des Jahres fehlten nur zwei Zehntel zu seinem deutlich erfahreneren Teamkollegen Alex Albon. Und auch im Rennen hielt Sargeant den Anschluss zum Schwesterauto, auch wenn es am Ende auf Rang zwölf nicht ganz zu Punkten reichte.
Von der Teamleitung gab es anschließend ein Sonderlob. Die Ingenieure zeigten sich beeindruckt vom Speed und der geringen Fehlerquote. Teamchef James Vowles hatte die starke Leistung nicht unbedingt erwartet, wie er anschließend zugab: "Ich hatte ein paar Bedenken, dass es etwas dauern könnte, bis er sich an alles gewöhnt hat. Aber er hat seine gute Pace sofort gezeigt. In seinem ersten Rennen ist er sehr gut mit dem großen Druck umgegangen."
Besonders in Erinnerung ist dem Teamchef die hektische Startphase geblieben. "Beim Einlenken in die erste Kurve, lagen drei Autos nebeneinander. Bei einem Rookie im ersten Rennen endet das normalerweise in einem Desaster. Aber er hat in dieser Situation seine Reife bewiesen. Ich bin mir sicher, dass er im Laufe des Jahres noch weitere Fortschritte machen wird."
Dämpfer im Jeddah-Qualifying
Beim Qualifying in Saudi-Arabien gab es zwei Wochen später allerdings einen kleinen Rückschlag: "Er hat im ersten Versuch direkt eine Knaller-Runde rausgehauen. Die Zeit hätte zum Weiterkommen gereicht. Leider hat er nach der Zielkurve die Linie an der Boxeneinfahrt überfahren und die Zeit wurde gestrichen. Wir mussten selbst erst einmal bei der Rennleitung nachfragen, um zu verstehen, was da vorgefallen war", ärgerte sich Vowles.
Mit Wut im Bauch leistete sich der Rookie in den folgenden beiden Runs kleine Fehler. Erst unterlief ihm ein Dreher in Kurve 22, dann ein Verbremser in Kurve 1 gefolgt von einem Mauerkuss in Kurve 2, der die Aufhängung hinten links verbog. Sargeant entschuldigte sich beim Team für die Patzer, schimpfte aber gleichzeitig noch über die gestrichene Runde: "Das ist ziemlich frustrierend. Es hat ja überhaupt keinen Vorteil gebracht."
Chefingenieur Dave Robson bezeichnete es als typischen Teil des Lernprozesses: "Logan hat gezeigt, wozu dieses Auto fähig ist. Er wird seine Lehren aus diesem Tag ziehen. Diese Erfahrung wird wertvoll für seine weitere Karriere sein." Im Rennen hatte Sargeant dann erneut Pech. Das Safety-Car kam zum falschen Zeitpunkt auf die Bahn. Mit dem Reifen-Nachteil in der zweiten Rennhälfte konnte er nicht mehr attackieren. Es ging am Ende nur noch darum, Platz 16 gegen Lando Norris zu verteidigen.
Teamchef muss Urteil revidieren
Trotz der Probleme fiel Sargeants Fazit am Ende positiv aus: "Ich konnte zeigen, dass ich auf einer schwierigen Strecke richtig schnell sein kann. Das will ich in Melbourne natürlich wiederholen. Ich habe in den ersten beiden Rennen viel gelernt. Es fühlt sich immer natürlicher für mich an. Ich habe verstanden, dass ich nicht alles auf einmal schaffen werde, sondern dass ich mich konstant weiterentwickeln muss."
James Vowles hat bereits genug gesehen, um sich ein Urteil zu bilden. Der Teamchef gibt offen zu, dass er vor der Saison nicht ganz überzeugt war von den Qualitäten seines Piloten: "Logan war als Entwicklungsfahrer vor ein paar Jahren im Mercedes-Simulator zu Gast und ich hatte die Gelegenheit, ihn mir anzuschauen. Man konnte sein Potenzial schon in der Formel 3 erkennen, als er in einem mittelmäßigen Team unterwegs war. Wir hatten damals bei Mercedes aber schon einen guten Junior-Kader. Deshalb ist der Kontakt danach abgebrochen", erinnert sich der Teamchef.
Weil Mercedes nicht wollte, hat dann Williams zugeschlagen: "Williams hat seine Formel-2-Karriere finanziert, weil man von seinen Qualitäten überzeugt war. Ich war da etwas zurückhaltend, auch weil es schwer war, von außen eine Einschätzung zu treffen. Jetzt, wo er im Auto sitzt, und ich mir seine Daten anschauen kann, muss ich aber klar sagen, dass es die richtige Entscheidung von Williams war, ihn zu unterstützen. Logan hat seinen Platz in der Formel 1 verdient. Da habe ich mit meiner ersten Einschätzung falsch gelegen und Williams richtig."