McLaren: Warten auf WM-Punkte und Baku-Upgrade

Nächste McLaren-Nullnummer
Warten auf Baku-Upgrade

McLaren liegt nach zwei Saisonrennen auf dem letzten Platz der Teamwertung. Nach technischen Problemen in Bahrain verhinderten in Jeddah zwei Frontflügelschäden in der Startrunde die ersten WM-Punkte. Teamchef Andrea Stella blickt dennoch verhalten optimistisch in die Zukunft.

Lando Norris & Oscar Piastri - GP Saudi-Arabien 2023
Foto: McLaren

McLaren hat dieses Jahr den erwarteten Fehlstart hingelegt. Die Pace des Autos ist zwar nicht ganz so schlecht, wie zunächst befürchtet, aber in den ersten beiden Rennen blieben dem Team WM-Punkte jeweils verwehrt. In Bahrain spielte die Elektrik am Auto von Oscar Piastri verrückt. Bei Teamkollege Lando Norris war es ein Leck in der Ventilpneumatik, das zur Nullnummer führte.

McLaren hat inzwischen bestätigt, dass die Antriebseinheit nicht mehr zum Einsatz kommt. Da droht also später in der Saison noch eine Strafe. "Wir mussten den Motor öffnen, um dem Problem auf den Grund zu gehen", erklärt Teamchef Andrea Stella. "Dabei wurden die FIA-Siegel verletzt. Der Motor ist also verloren. Auch für Mercedes kam der Fehler überraschend. Dieses Problem hatten sie zuvor nie gesehen."

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In Jeddah spielte die Technik mit. Dafür verhinderten andere Zwischenfälle ein besseres Ergebnis. Im Qualifying schlug Norris in der Zielkurve innen an der Bande an und verbog sich die Lenkung. Folge war das frühe Aus im Q1 und der 19. Startplatz. Der Engländer sparte anschließend nicht mit Selbstkritik: "Das war wirklich ein dummer Fehler, der mir nicht passieren darf. Und das in einer der einfachsten Kurven der Strecke. Dafür gibt es keine Entschuldigung."

Pierre Gasly vs. Oscar Piastri - Formel 1 - GP Saudi-Arabien 2023
Wilhelm
In der Startrunde legte sich Piastri mit Gasly an - mit Folgen für beide McLaren-Piloten.

Zwei Mal Frontflügel-Schaden

Piastri zeigte, was mit dem McLaren möglich war. Der Rookie sorgte für den ersten Q3-Einzug des Teams in dieser Saison. Doch im Rennen ging es von Startplatz acht schnell rückwärts. Am Ausgang von Kurve zwei legte sich der Australier mit Pierre Gasly an. Dabei ging sein Frontflügel zu Bruch. Der nötige Reparaturstopp warf Piastri ans Ende des Feldes zurück.

"Das war einfach eine unglückliche Situation. Da konnte Oscar nicht viel anders machen", nahm Stella seinen Junior in Schutz. "Leider ist dann auch noch Lando ein paar Kurven später über die Trümmerteile gefahren und hat sich ebenfalls den Frontflügel beschädigt. Wir haben in den Daten einen massiven Abtriebsverlust erkannt. Deshalb mussten wir beide Frontflügel wechseln."

Das Rennen drohte für McLaren früh zur Testsession zu werden. Doch dann stauchte das Safety-Car das Feld wieder zusammen. Die Strategen entschieden sich dafür, die Strategie zu splitten. Norris wurde noch einmal an die Box geholt und auf Medium-Reifen gesetzt. Piastri blieb auf seinen harten Sohlen draußen. Mit dem Grip-Nachteil musste der Rookie seinen erfahreneren Teamkollegen schnell passieren lassen.

Andrea Stella - McLaren - GP Saudi-Arabien 2023
Wilhelm
Teamchef Andrea Stella nimmt sein Team in die Pflicht. Die Wende sei immer noch möglich.

Rennpace nicht gut genug

Doch weil die Mediums bei Norris im letzten Renndrittel in die Knie gingen, konnte Piastri die alte Reihenfolge am Ende wieder herstellen. Stella lobte die fairen internen Zweikämpfe seiner Piloten. Das Gesamtfazit fiel aber eher bescheiden aus. "Wir müssen uns eingestehen, dass die Pace einfach nicht gut genug war, um in der zweiten Rennhälfte nach vorne zu kommen."

Positiv vermerkte der Italiener, dass die Zuverlässigkeit dieses Mal keine Probleme machte und Piastri im Vergleich zum Debüt eine deutliche Steigerung zeigte. "Die Geschwindigkeit seiner Weiterentwicklung ist wirklich außergewöhnlich. Er sagt nicht viel. Aber wenn er was sagt, dann ist sein Feedback sehr präzise. Er wirkt ruhig und spricht langsam, aber er erfasst die Dinge im Cockpit sehr schnell. Und wenn er bei den Ingenieuren ein Problem anspricht, dann verbessert er sich auf der Strecke auch direkt."

An den Piloten liegt es also nicht, dass aktuell nicht viel vorangeht. Doch bis das Auto auf dem erhofften Niveau liegt, ist noch etwas Geduld gefragt. Laut Stella ist die aerodynamische Effizienz derzeit das größte Problem. Der MCL60 produziert zu wenig Abtrieb für den relativ hohen Luftwiderstand. Auf den langen Geraden in Jeddah war der Papaya-Renner in der Top-Speed-Tabelle stets ganz hinten zu finden. Dass es im Qualifying dennoch für einen Top-Ten-Startplatz reichte, lag nach Ansicht der Ingenieure vor allem am griffigen Asphalt, der die Aero-Defizite kaschierte.

Lando Norris & Oscar Piastri - GP Saudi-Arabien 2023
McLaren
In der internen Analyse sieht sich McLaren hinter Red Bull, Aston Martin, Ferrari, Mercedes und Alpine auf Rang sechs.

Mit Baku-Upgrade an Alpine vorbei?

Schon mit dem ersten großen Upgrade, das für Baku geplant ist, soll hier der Hebel angesetzt werden. "Die Zahlen aus dem Windkanal sind vielversprechend", verrät Stella jetzt schon. "Das sollte uns hoffentlich vom sechsten Platz im Team-Ranking eine Position nach vorne bringen. Um eines der vier Top-Teams zu sein, wie es unser Saisonziel ausgegeben hat, reicht es aber wohl noch nicht. Da müssen wir noch ein paar weitere Upgrades bringen, an denen wir auch schon arbeiten."

Trotz des Fehlstarts will der Teamchef die Ziele für das Jahr 2023 noch längst nicht aufgeben: "Wenn wir die Steigerungsrate, die wir aktuell im Windkanal sehen, über einen längeren Zeitraum beibehalten können, dann sollten wir unser Ziel erreichen. Es gibt dabei aber noch ein paar Faktoren, die wir nicht kennen. Da geht es zum Beispiel darum, wann der Windkanal zur Verfügung steht und wie sich das Personal entwickelt. Aston Martin hat uns aber gezeigt, dass größere Sprünge möglich sind. Die Abstände sind relativ gering."

Etwas neidisch schaut der oberste Ingenieur auf die aktuelle Pace des Red Bulls. Zwischen dem RB19 und dem MCL60 liegen Welten. Obwohl das Groundeffect-Reglement die Autos eigentlich näher zusammenführen sollte, zieht Red Bull an der Spitze einsam seine Bahnen. "Sie haben einen Wissensvorsprung. Und sie verwandeln dieses Wissen auch in Performance auf der Strecke. Da kann man nur den Hut ziehen. Sie verdienen den Erfolg", lobt Stelle die Konkurrenz.

Der Boss fordert seine Mannschaft auf, sich an die eigene Nase zu fassen: "Jeden Freitag müssen alle Autos in der Boxengasse ausgestellt werden. Man sieht also, was die anderen machen. Es gibt keine Ausreden. Man kann nicht einfach sagen, dass man nicht weiß, was zu tun ist. Viele Teams werden den Red Bull sicher als technische Inspiration nutzen. Die Saison ist noch lang. Da hat man genug Zeit, dieses neue Wissen in Teile umzusetzen. Deshalb glaube ich auch, dass der Vorsprung von Red Bull am Ende des Jahres schrumpfen wird."