Eigentlich spricht alles für McLaren. Lando Norris und Oscar Piastri starten von Plätzen vier und fünf. Ihr großer Gegner Max Verstappen steht beim Start sechs Positionen weiter hinten. Bei der Rennsimulation am Freitag drehte Norris auf den Soft-Reifen die schnellsten Runden. Sein Kollege Piastri bestimmte das Tempo auf den Medium-Sohlen.
Dazu hat McLaren zwei frische Garnituren der harten Reifen in der Hinterhand. Red Bull gibt der fragilere Medium-Mischung den Vorzug und hat sich nur einen Satz harte Reifen reserviert. Alle erwarten, dass die Reifen im Rennen stark leiden werden. Da ist hart vielleicht die bessere Option. Und trotzdem warnen die McLaren-Boys: "Max ist eine Gefahr." Teamchef Andrea Stella geht noch einen Schritt weiter: "Für mich bleibt Max der Favorit."
Kein Topspeed-Vorteil trotz kleinerem Flügel
Stella führt gleich mehrere Gründe an, warum Red Bull noch eine Spur besser ist, als es mit Verstappens Bestzeiten im ersten und dritten freien Training und in der Qualifikation schon den Anschein machte. "Max war unter allen Bedingungen schnell. Er kam als einziger mit zwei neuen Satz Intermediates bis ins Q3. Red Bull ist am Freitag im zweiten Training mit weniger Motorleistung gefahren als wir."
Auch die Tatsache, dass McLaren kleinere Flügel als Red Bull wählte und trotzdem die Reifen in den Longruns gut in Schuss hielt, beruhigt Stella nicht. "Wir hätten auf den Geraden eigentlich schneller sein müssen, waren es aber nicht." Die Entscheidung für mehr Abtrieb half dem Red Bull im Regen. Trotzdem muss der WM-Spitzenreiter keine Opfer in einem Rennen auf trockener Strecke befürchten.
Oscar Piastri glaubt, dass Spa eher eine Red Bull-Strecke ist. So wie Budapest eine McLaren-Strecke war. Der Australier bestreitet, dass McLaren in letzter Zeit generell das schnellere Auto hat. "Es gab eigentlich nur ein Rennen, bei dem ich das Gefühl hatte, dass wir überlegen waren. Und das war in Ungarn."
Auch Norris redet den Gegner stark. "Red Bull war nie weit weg. Vielleicht hatten wir zuletzt auf eine Runde die Nase leicht vorne, aber im Rennen waren sie immer stark."
Kein Risiko in der Qualifikation
Auch der 11. Startplatz von Verstappen ist für McLaren keine Beruhigungspille. Norris und Piastri haben ebenfalls keine ungetrübte Sicht nach vorne. Sie müssen erst einmal an Charles Leclerc, Sergio Perez und Lewis Hamilton vorbei, bis sie Land auf den Weltmeister gewinnen können. "Und jeder von denen kämpft am Sonntag um den Sieg. Da wird uns keiner was schenken", fürchtet Norris.
McLaren ist spätestens seit dem Doppelsieg mittendrin im Titelkampf. Da kalkuliert man das Risiko anders, als wenn man in der Rolle des Außenseiters steckt. Der Herausforderer investierte im Q1 je einen zweiten Satz Intermediates, um sicher weiterzukommen. Dieser Satz ging den Fahrern in der letzten K.O.-Runde ab.
Die Ferrari-Taktik im Q3 kam für Stella nicht in Frage. "Ferrari hat hoch gepokert, in dem man den frischen Satz Medium erst am Ende eingesetzt hat. Leclerc hatte frische Reifen mit minimalem Spritgewicht. Aber wenn es am Ende wie erwartet stärker geregnet hätte, wäre die Rechnung nicht aufgegangen."