Mercedes leidet in Zandvoort unter Reifenverschleiß

Silberpfeile in Zandvoort nur auf P7 und P8
Was war mit Mercedes los?

GP Niederlande 2024

So schnell kann das gehen. In Spa kamen die Mercedes auf den Plätzen 1 und 2 ins Ziel. Ein Rennen später waren die Silberpfeile nur vierte Kraft. Starke Reifenabnutzung zwang die Mercedes-Piloten zu zwei Boxenstopps.

George Russell - Mercedes - GP Niederlande - 23. August 2024
Foto: Motorsport Images

Vor der Sommerpause hatte Mercedes drei von vier Rennen gewonnen. In Zandvoort waren George Russell und Lewis Hamilton so weit vom Sieg entfernt wie schon lange nicht mehr. Sie kamen mit 45 und 49 Sekunden Rückstand als Siebte und Achte ins Ziel. Und sie waren in den Top-Ten die einzigen, die zwei Mal die Boxen ansteuern mussten.

Was wie ein Taktik-Poker aussah, der nicht aufging, wurde den Fahrern durch die Umstände aufgezwungen. "Uns fehlte auf allen drei Reifenmischungen der Speed", bedauerte Russell. Die Mercedes fanden keinen Grip. Das Rutschen trieb die Reifentemperaturen in den roten Bereich, was in immer langsameren Rundenzeiten resultierte. Auf den harten Reifen war es besonders schlimm. Deshalb holte der Kommandostand Russell in der 54. Runde ein zweites Mal an die Box.

Unsere Highlights
Lewis Hamilton - Mercedes - Formel  1 - GP Niederlande - 25. August 2024
xpb

Lewis Hamilton und George Russell stoppten in Zandvoort zwei Mal.

Bremsplatten zwingt Hamilton zum zweiten Stopp

Im ersten Drittel des GP Niederlande sah es für die Mercedes-Piloten gar nicht so schlecht aus. Russell katapultierte sich beim Start am zweiten McLaren von Oscar Piastri vorbei. Der McLaren war zwar schneller, hatte aber zu wenig Topspeed. Hamilton war vom 14. Startplatz von Anfang an auf Schadensbegrenzung aus. Der Plan schien aufzugehen. Nach einem guten Start und vier Überholmanövern tauchte der Rekordsieger in der 16. Runde auf dem neunten Platz auf.

Mit 23 Runden auf den Soft-Reifen lag Hamilton im Plan. Der Preis für das Timing war, dass er weit ins Feld zurückfiel und im zweiten Stint wieder vier Gegner überholen musste, um in die Punkteränge zurückzukehren. Ein Einstopp-Rennen wäre möglich gewesen, hätte er sich nicht einen Bremsplatten eingefangen. Da hinter Hamilton ein 24-Sekunden-Loch klaffte, tat ihm der zweite Boxenstopp nicht weh. Er sollte ihm wenigstens die schnellste Runde einbringen, doch dann zündete Sieger Lando Norris im letzten Umlauf auf 42 Runden alten Reifen den Turbo und jagte Hamilton den Extra-Punkt wieder ab.

George Russell - Mercedes  - Formel 1 - GP Niederlande - 23. August 2024
xpb

George Russell landete nach dem vierten Startplatz nur auf dem siebten Rang.

Russell verlor vier Positionen

Russell sollte laut Plan seine Medium-Reifen bis zur 28. Runde tragen. Doch als Leclerc plötzlich nach 24 Runden in die Boxengasse abbog, musste Mercedes eine Runde später reagieren. Es reichte nicht. Der Undercut war stärker als die 1,5 Sekunden Vorsprung. Es war auch ein geringer Trost, dass Piastri am längsten wartete und damit hinter Leclerc und Russell fiel. Mit dem Vorteil frischerer Reifen schaffte der Australier im zweiten Stint, woran er im ersten gescheitert war. In der 40. Runde zog er an Russell vorbei.

Der finale Angriff auf Sergio Perez und Carlos Sainz auf weichen Reifen verpuffte. Der Engländer hätte in 18 Runden 16 Sekunden auf den zweiten Red Bull aufholen müssen. Bei einem Delta von fünf Sekunden blieb die Uhr stehen. Im Vergleich zur Anfangsphase verlor der verhinderte Spa-Sieger vier Positionen. Eine durch den Undercut von Leclerc beim ersten Stopp, eine auf der Strecke gegen Piastri und zwei an Sainz und Perez durch den zweiten Reifenwechsel. Wäre Russell auf der Strecke geblieben, hätte er sich kaum wehren können. Seine Verfolger waren acht Zehntel pro Runde schneller.

George Russell - Mercedes - Formel 1 - GP Niederlande - 22. August 2024
ams

Russell (rechts) ist zuversichtlich, dass es sich bei der schwachen Mercedes-Performance in Zandvoort nur um einen Ausrutscher handelte.

Russell glaubt an einen Ausrutscher

Im Ziel war das Rätselraten im Mercedes-Camp groß. "Das war nicht das Auto, das vor vier Wochen auf Platz eins und zwei gefahren ist", stellte Teamchef Toto Wolff fest. Zandvoort ist zwar nicht Spa, doch zuletzt waren die Mercedes unabhängig vom Streckenlayout einigermaßen konstant. Die Zeit der großen Ausschläge schien vorbei.

In einer Schnellanalyse standen zwei Dinge im Verdacht. Die Fahrzeugabstimmung und das Technik-Upgrade, das in Spa nach einem Trainingstag eingezogen wurde, in Zandvoort aber wieder ans Auto kam. Mercedes hatte sich nach einem Vergleichstest am Freitag dazu entschlossen, dem neuen Unterboden eine zweite Chance zu geben. Wolff meldete aber Zweifel an: "Wegen des wechselhaften Wetters hatten wir nicht so viele Daten wie üblich. Vielleicht haben wir uns da falsch entschieden."

Auch das Setup stand im Verdacht. Am Freitag untersteuerten die Autos. Nach einer Korrektur war das Gegenteil der Fall. Wenn das Heck rutscht, ist man in Zandvoort doppelt gestraft. In den lang gezogenen Kurven wird der Reifen schnell zu heiß. Und wenn er zu heiß ist, bezahlt man in den Folgekurven. Aus dem Teufelskreis gibt es in der Regel kein Entrinnen mehr. Russell nahm es positiv: "Wir waren zuletzt sechs Rennen lang vorne dabei. Ich bin optimistisch, dass es nur ein Ausrutscher war."