Mehr Action für die Fans. Das ist der Grundgedanke des neu organisierten Sprint-Formats der Formel 1. In Baku feiert es Premiere und sieht dabei den Samstag ganz im Zeichen des Sprints vor. Dazu gehört am Samstagmorgen ein Sprint-Shootout, also das Qualifying für das Sprintrennen. Es ist wie das Qualifying für das Rennen in drei Abschnitte aufgeteilt, die aber nur 12, 10 und 8 Minuten lang sind.
In Sachen Reifen sind ein neuer Satz Medium in SQ1, ein neuer Satz Medium in SQ2 und ein neuer Satz Soft in SQ3 vorgeschrieben. Weil man jeweils nur einen Satz verwenden darf, muss der erste Schuss sitzen. Am Nachmittag folgt dann das 17 Runden lange Sprintrennen, das neuerdings für sich steht und nicht mehr relevant für die Startaufstellung am Sonntag ist.
Samstag im Zeichen des Sprints
Man könnte also sagen, der Samstag ist wie ein eigener abgekoppelter Renntag im Rennwochenende. Dadurch ergeben sich Änderungen im gesamten Ablauf. Am Freitag steht nur noch ein einstündiges freies Training an, danach das Qualifying für das Hauptrennen. Damit fallen die bisherigen zwei freien Trainingssitzungen weg.
Dadurch werden die Teams mit neuen Herangehensweisen herausgefordert. Im ersten Training stehen nun bereits die Vorbereitung für das Qualifying an. Und auch Longruns zur Vorbereitung auf das Rennen müssten theoretisch in diese Sitzung gequetscht werden, was aber praktisch kaum möglich ist.
"Für die Ingenieure und Fahrer wird es sehr schwierig sein, die optimale Abstimmung sowohl für das Qualifying als auch für das Rennen mit viel Benzin zu finden", sagt Mercedes-Teammanager Ron Meadows. "Wir müssen die Anzahl der Runden im FP1 maximieren, also werden wir wahrscheinlich keine Änderungen an der Abstimmung planen, die die Fahrer Zeit kosten. Es ist eine neue Arbeitsweise für alle Teams und bietet eine Menge Möglichkeiten, sich zu verbessern."
Reifen-Tetris gefragt
Dabei stellt sich auch die Frage nach der Einteilung der Reifen. Insgesamt stehen sechs Soft-Reifen, vier Medium und zwei der harten Mischung zur Verfügung. Zwei Medium-Sätze gehen im Sprint-Shootout drauf, ein Satz Soft ebenfalls. Eine Soft- und Medium-Garnitur wird vermutlich in der Vorbereitung auf das Quali im ersten Training zum Einsatz kommen, drei weitere Soft-Sätze wohl im Qualifying selbst. Die Schlüsselfrage: Welcher Reifen ist für das Sprint-Rennen angesagt? Während es früher die Medium-Mischung war, ging der Trend zuletzt eher zum Soft-Reifen.
Pirelli-Motorsportchef Mario Isola geht allerdings davon aus, dass in Baku eher der Medium-Reifen im Sprintrennen gefragt ist, weil es im vergangenen Jahr Probleme mit dem Körnen der Reifen gab. Da das Rennen nun früher in der Saison stattfindet und die Temperaturen kühler sind, könnte das Problem noch verstärkt werden. Alfa Sauber-Teammanager Beat Zehnder geht davon aus, dass viele einen gebrauchten Medium-Reifen im Sprintrennen nutzen werden. Und er gibt zu Bedenken, dass manche Piloten sogar auf den letzten Abschnitt des Sprint-Shootouts verzichten könnten, weil sie keinen neuen Satz weicher Reifen mehr übrig haben.
"Es ist interessant gewesen, da wir erst am Dienstag vom neuen Format wussten, als die Regeln bei der Sitzung der F1-Kommission verabschiedet wurden", erklärt Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin. "Wir haben uns drei Möglichkeiten angeschaut, die eintreten könnten, und für alle diese Fälle Reifen- und Rennpläne vorbereitet."
Alpine-Einsatzleiter Alan Permane meint: "Mit den aktuellen Vorgaben sind die Möglichkeiten recht überschaubar. Anders hätte es ausgesehen, wenn wir die zwölf Sätze beliebig über das Wochenende hätten einsetzen können."
Piloten müssen ausgeschlafen sein
Auch die Fahrer müssen sich umstellen. Statt sich am Samstag gemütlich im Training einzugrooven, geht es nun direkt um die besten Startplätze für den Sprint. Auf dem anspruchsvollen Stadtkurs von Baku dürfen sich die Piloten keine Fehler erlauben. "Wir haben Frühstück und dann geht es ins Auto und wir müssen abliefern. Das ist sehr aufregend", erklärte Yuki Tsunoda.
Alpine-Kollege Esteban Ocon freut sich ebenfalls auf die Herausforderung: "Vielleicht sind einige Fahrer noch nicht ganz ausgeschlafen und machen Fehler. Dadurch könnten sich Möglichkeiten ergeben. Aber jedes Rennwochenende möchte ich diesen Zeitplan auch nicht haben."
Die Frage lautet, ob der neue Sprint-Samstag durch die Loslösung vom Rennen mehr Action bringt: "Ich glaube schon, dass die Fahrer mehr Risiko gehen", erklärt Lando Norris. "Allerdings haben wir immer noch das Budget-Cap. Da kann man sich keine teuren Unfälle leisten. Wir wollen ja unser Auto im Rest der Saison noch weiterentwickeln."