McLaren-Stallregie: Dumme Aktion von Norris

Schatten über Piastris Sieger-Party
Norris ärgert sich über „dumme Aktion“

GP Ungarn 2024

Lando Norris ärgert sich, dass er Teamkollege Oscar Piastri in Budapest so lange zappeln ließ. Das habe einen Schatten auf den tollen Premierensieg und das perfekte Team-Ergebnis geworfen. In Zukunft soll es klarere Ansagen geben.

Lando Norris & Oscar Piastri - GP Ungarn 2024
Foto: Wilhelm

Kurz bekam man in Budapest das Gefühl, dass Lando Norris doch eine skrupellose Seite haben könnte. Wenn es darauf ankommt, zieht der Brite normalerweise eher zurück. Teambefehle zu ignorieren, ist komplett untypisch für den 24-Jährigen. "Ich war schon im Kartsport immer so etwas wie der Nice Guy", sagte der McLaren-Star 2019 in seinem ersten Interview mit auto motor und sport.

Doch in Budapest hatte ihn die Strategie im teaminternen Duell an die Spitze gespült. Und die wollte er plötzlich nicht mehr aufgeben. "Für mich war immer klar, dass ich ihn vorbeilassen werde. Dass es so lange gedauert hat, war etwas dumm von mir", entschuldigte sich Norris, nachdem er in den letzten Tagen noch einmal in sich gegangen war.

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Vor allem bedauerte der Pilot, dass er mit seinem zögerlichen Verhalten für unnötige Negativ-Schlagzeilen gesorgt hatte: "Es tut mir leid, dass ich dadurch einen Schatten auf den ersten F1-Sieg von Oscar und das perfekte Teamergebnis geworfen habe. Darüber wurde am Ende gar nicht geschrieben. Darauf kann ich nicht stolz sein."

Norris deutete aber auch an, dass er vom Team klare Ansagen vermisst hat. Erst dadurch entwickelte sich die ganze Angelegenheit zu einer Hängepartie. "Es hätte sowohl vom Team, als auch von mir besser gehandhabt werden können. Als man mir den Befehl gegeben hat, ihn sofort vorbeizulassen, habe ich es dann ja auch direkt gemacht. Da wäre etwas mehr Klarheit besser gewesen. Wir werden daraus lernen und es das nächste Mal besser machen."

Lando Norris - GP Belgien 2024
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Lando Norris bedauert sein Verhalten beim GP Ungarn.

Nummer-1-Status für Norris?

Im Nachhinein war die Situation für Norris eindeutig: "Oscar ist in Führung gegangen und hat das Rennen danach kontrolliert. Er hatte den Sieg verdient. Ich hätte ihn einfach direkt vorbeilassen sollen. Wir durften ja gegeneinander kämpfen. Hätte ich ihn vorbeigelassen, hätte ich vielleicht noch eine Chance gehabt, mir den Sieg auf der Strecke zu holen. Aber daran habe ich in der Situation leider überhaupt nicht gedacht."

Ein klärendes Gespräch mit Piastri habe es danach nicht gegeben. Laut Norris wurde aber in den gemeinsamen Pressekonferenzen direkt nach dem Rennen schon alles gesagt. Die Frage lautet, ob nicht irgendwann doch der Punkt kommen muss, an dem McLaren alle Chips auf Norris setzen und ihm den Nummer-1-Status geben muss, um im WM-Kampf gegen Max Verstappen eine Chance zu haben.

Norris will von sich aus keine Bevorzugung fordern. "Ich will es mir auf der Strecke verdienen. Und das geht nur, wenn ich schneller als alle anderen bin. Wir haben bei McLaren noch nie einen Fahrer bevorzugt. Daran wird sich jetzt auch nichts ändern. Es sind noch viele Rennen zu fahren. Vielleicht kommt es etwas später in der Saison dazu. Ich weiß aber nicht, wann dieser Punkt erreicht ist. Das ist dann auch nicht meine Entscheidung."

Oscar Piastri - GP Belgien 2024
xpb

Der frischgebackene Premierensieger kam gut gelaunt im Fahrerlager von Spa an.

Piastri will Norris helfen

Piastri will natürlich auch nichts von einer Degradierung zum Nummer-2-Fahrer wissen. "Es ist noch zu früh. Wir haben ja gerade erst die Hälfte der Saison hinter uns. Ich weiß aber, dass die Möglichkeit besteht, dass es irgendwann dazu kommt. Aktuell liege ich in der Fahrerwertung ein gutes Stück hinten. Ich bin aber noch nicht ganz aus dem Rennen. Wenn ich gebeten werde, den Teamplayer zu spielen und Lando im WM-Kampf zu helfen, dann werde ich das natürlich tun."

Laut Piastri habe sich am Verhältnis zum Teamkollegen nichts geändert: "Der Platztausch hat natürlich ein paar Runden länger gedauert, als ich es gerne gehabt hätte. Aber da haben bestimmte Faktoren mitgespielt, die man vorher nicht alle vorhersehen kann. Wenn man in Führung liegt, kann man schnell mal egoistisch denken. Am Ende hat er die Position ja zurückgegeben. Wir müssen das Ganze nicht überdiskutieren. Beim nächsten Mal wissen wir gleich, was zu tun ist."

Die Siegerfeier fiel übrigens etwas kürzer aus. Wegen eines Unwetters hatten am Sonntagabend in Budapest viele Flieger Verspätung. "Wir haben dann etwas bei McDonalds gegessen und Monopoly gespielt. Leider hat Alex Albon uns beide geschlagen. Ich bin dann erst um fünf Uhr in der Früh zuhause angekommen. Seitdem hatte ich etwas Zeit, das ganze sacken zu lassen", berichtet der Premierensieger über die wenig glamouröse Siegerfeier.

Zak Brown - McLaren - GP England 2023 - Formel 1 - Silverstone - Qualifikation
Wilhelm

Zak Brown hat die letzten McLaren-Siege immer mit einer besonderen Aktion gefeiert. Was lässt sich der McLaren-Boss dieses Mal einfallen?

Zak Brown mit Irokesen-Frisur

Sein Manager Mark Webber war übrigens nicht vor Ort, um den ersten Grand-Prix-Erfolg zu feiern. Der Porsche-Botschafter saß beim Formel-E-Rennen in London. Aus seiner gemeinsamen Zeit mit Sebastian Vettel könnte der Australier sicher einige Anekdoten zum Thema Stallregie zum Besten geben. "Wir haben seitdem noch nicht länger gesprochen. Vielleicht hat beim Zuschauen vor dem Platzwechsel ein paar Flashbacks an seine aktive Zeit bekommen", scherzte Piastri.

Unklar ist auch noch, was sich Teamboss Zak Brown als "Belohnung" ausdenkt. Die letzten beiden McLaren-Sieger, Daniel Ricciardo und Lando Norris, wurden in Form von Tätowierungen gewürdigt. "Es wird kein Tattoo werden, das hat er klar gesagt", grinste Piastri. "Wir haben uns nie auf etwas Konkretes geeinigt. Aber das letzte, worüber wir diskutiert haben, war eine Irokesen-Frisur in Papaya-Orange. Ich habe ihn schon daran erinnert."

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