Vorschau GP Bahrain: Ist Red Bull schlagbar?

F1-Vorschau GP Bahrain 2024
Samstags-Action wegen Ramadan

Beim Formel-1-Saisonstart in Bahrain werden die Karten neu gemischt. Welches Team kommt am besten aus den Blöcken für die Saison 2024? Kann jemand Max Verstappen und Red Bull aufhalten? Wo steht Mercedes? Und wie sortiert sich das Mittelfeld? In der Vorschau haben wir die letzten Infos vor dem Auftakt. Das Rennen startet am Samstag.

Max Verstappen - Red Bull - F1-Test - Bahrain - 21. Februar 2024
Foto: Red Bull

Das Warten ist endlich vorbei. Nach 97 Tagen ohne Grand Prix startet die Formel 1 am Wochenende in ihre 75. Saison. Das Rennen in Bahrain findet am Samstag (2. März) statt. Auch der Grand Prix in Saudi-Arabien eine Woche später wird am Samstag (9. März) ausgetragen. Das hängt mit dem Ramadan zusammen, der am 10. März beginnt. Um ausreichend Abstand zwischen zwei WM-Läufen zu haben, rutscht auch der Rennstart in Bahrain auf einen Samstag.

Unsere Highlights

In der vergangenen Woche testeten alle Teams über drei Tage im Wüstenstaat. Die Erkenntnisse haben uns schon einen Vorgeschmack auf das gegeben, was uns am ersten Grand-Prix-Wochenende erwarten dürfte. Vor dem Saisonauftakt gibt es aber natürlich noch jede Menge Fragezeichen.

Die Frage, wer der Top-Favorit für 2024 ist, können wir beantworten: Max Verstappen startet auch in die kommende Saison als der Mann, den es zu schlagen gilt. Im letzten Jahr dominierte er die Formel 1 nach Belieben. Der Niederländer sitzt auch 2024 im wohl besten Auto. Der neue Red Bull RB20 überraschte alle im Fahrerlager. Die Weltmeister veränderten ihren Rennwagen in der Winterpause grundlegend. Das Risiko scheint aufgegangen zu sein. Sowohl auf eine schnelle Runde als auch auf dem Longrun ist Verstappen wieder die Messlatte.

Dahinter geht es enger zu. Aktuell sollte Ferrari erster Verfolger sein. Die Roten bauten ihr Auto für 2024 massiv um. Das Konzept erinnert an den letztjährigen Red Bull RB19 und ist ein klarer Fortschritt. Die Probleme des hohen Reifenverschleißes hat Ferrari mit dem SF-24 scheinbar abgestellt. Charles Leclerc und Carlos Sainz äußerten sich zudem positiv über das Fahrverhalten ihres neuen Dienstwagens. Im Qualifying könnte Ferrari Red Bull sogar herausfordern. Das zeigten die schnellen Zeiten an den Testtagen zwei und drei.

Mercedes wechselte ebenfalls das Konzept für 2024. In vielen Bereichen ist der W15 ein mutiges Auto. Unter anderem der Frontflügel-Trick sorgte für staunende Gesichter. Das Auto lässt sich berechenbarer fahren, sagen die Piloten Lewis Hamilton und George Russell. Doch ist es auch schnell? Auf eine Runde ist Ferrari laut Mercedes schneller, doch im Longrun sehen sich die Silberpfeile vor den Roten. Das Verfolgerfeld bleibt eng. Aston Martin und McLaren sind von ihrer Leistungsstärke schwieriger einzuordnen. Alonso versuchte, das wahre Potenzial zu verschleiern, McLaren litt unter Zuverlässigkeitsproblemen.

Bahrain Grand Prix - Luftaufnahme
Motorsport Images

Das Qualifying und das Rennen finden in Bahrain unter Flutlicht statt.

Die Strecke: Bahrain International Circuit

Der Wüstenkurs in der Provinz Sakhir ist seit 2004 fast durchgängig im Rennkalender vertreten. Nur 2011 fiel der GP Bahrain politischen Unruhen zum Opfer. Ein Jahr zuvor hatte sich die Formel 1 an einer verlängerten Variante mit insgesamt 6,3 Kilometern probiert, kehrte danach aber wieder auf das alte Layout zurück. 2020 wählte man für den zweiten Teil eines Doppel-Events den nur 3,5 Kilometer kurzen "Outer Track".

Auf der 5,412 Kilometer langen normalen Variante zählen vor allem Traktion, Motorleistung und Bremsstabilität. 75 Prozent der Runde stehen die Fahrer voll auf dem Gas. Gleich vier Mal pro Runde beschleunigen sie auf über 300 km/h. Zwischen den langen Geraden bremsen viele langsame Kurven die Autos ein. Beschleunigen, Bremsen: Das geht vor allem auf die Hinterreifen. Zumal die Streckenoberfläche eine der rauesten überhaupt ist. Wer ein reifenschonendes Chassis gebaut hat, ist hier im Vorteil. Die Piloten können ebenfalls dabei helfen, über die Fahrweise die Gummis zu schonen.

Das erste und dritte Training finden traditionell am Nachmittag bei Tageslicht statt. Dabei sind Luft- und Streckentemperatur noch relativ hoch. Die Bedingungen sind eigentlich nur im zweiten Freien Training repräsentativ für das Qualifying und das Rennen nach Sonnenuntergang. Hier leuchten 495 Flutlichter die Strecke aus. Mit den tieferen Temperaturen ändert sich das Aufwärm- und Abnutzungsverhalten der Reifen. Ingenieure und Fahrer müssen aufpassen, sich nicht mit dem Setup zu verzetteln.

Bahrain geht besonders auf das Material. Der hohe Vollgasanteil setzt den Motoren zu. Sieben Bremszonen, drei davon von den Ingenieuren als starke Verzögerungsstellen ausgewiesen, treiben auch die F1-Rennwagen an die Belastungsgrenze. Das Getriebe wird ebenfalls überdurchschnittlich hart rangenommen. 58 Mal schaltet der Fahrer pro Runde.

Der feine Sand stellt für die Autos keine größeren Schwierigkeiten dar. Die Strecke wird von der dünnen Schicht, die der Wind aufträgt, relativ schnell freigefahren. Neben der Ideallinie bleibt es aber stets etwas rutschig, was die Jagd nach der perfekten Runde im Qualifying und das Überholen erschwert. Die FIA schreibt wie schon im letzten Jahr drei DRS-Zonen aus, die in der Länge für 2024 unverändert bleiben.

Sorgen bereitete bei den Testfahrten die Anfahrt von Kurve 11. An den Tagen zwei und drei rissen die Piloten beim Überfahren des Kerbs die Abdeckungen einer Drainage aus den Verankerungen. Die Reparaturen veränderten an beiden Tagen den Ablaufplan und wirbelte auch die Fahreraufstellungen durcheinander. Für das Grand-Prix-Wochenende wollen die Streckenbetreiber die Probleme ausgemerzt haben.

Pirelli - Reifen - GP Bahrain 2023 - Formel 1
Pirelli

Pirelli bringt wie in den vergangenen Jahren die Mischungen C1, C2 und C3 nach Bahrain. Es werden mindestens zwei Boxenstopps pro Fahrer erwartet.

Fast Facts zum GP Bahrain

  • Streckenlänge: 5,412 km
  • Rundenzahl: 57
  • Renndistanz: 308,238 km
  • Anzahl Kurven: 15 (6 links / 9 rechts)
  • Rundenrekord im Rennen: 1:31.447 Min. (Pedro de la Rosa, 2005)
  • Absoluter Rundenrekord: 1:27.264 Min. (Lewis Hamilton in Q3, 2020)
  • Distanz Pole zur ersten Bremszone: 297 Meter
  • Länge Boxengasse: 421 Meter (Zeitverlust bei 80 km/h: ca. 18,8 Sekunden)
  • DRS-Zonen: zwischen T15-T1, T3-T4, T10-11
  • Safety-Car-Wahrscheinlichkeit: 80 Prozent
  • Reifen: C1/C2/C3
Alex Albon - Williams  - F1-Test - Bahrain - 21. Februar 2024
Motorsport Images

Bei den Testfahrten präsentierten sich die Autos relativ standfest. Außer Williams musste kein Auto an den Abschlepphaken.

Das Setup

In Bahrain ist bei der Abstimmung ein guter Kompromiss gefragt. Auf den langen Geraden sollte das Auto möglichst wenig Luftwiderstand aufbauen, was für kleine Flügel spricht. Doch in den 15 Kurven muss vor allem die Hinterachse auf dem Asphalt kleben – beim Anbremsen, Einlenken und Beschleunigen. Zu klein dürfen die Flügel also nicht gewählt sein. Ansonsten verliert man zu viel Zeit im technisch anspruchsvollen Mittelsektor, wo fast die Hälfte der Kurven steckt.

Früher mussten die Bremshutzen wegen der hohen Temperaturen etwas größer ausgelegt werden. Durch die Verlegung der Startzeit in den Abend hat sich die Hitzeproblematik aber deutlich entspannt. Der Asphalt ist zwar nicht mehr ganz so eben wie in den ersten Jahren. Doch im Vergleich zu anderen Strecken gibt es immer noch relativ wenige Bodenwellen. Die Ingenieure können die Autos also sehr tief einstellen, was bei der aktuellen Rennwagen-Generation wichtig ist, um die Effizienz des abtriebspendenden Unterbodens zu erhöhen.

Um die Traktion aus den langsamen Kurven zu verbessern und den Reifenverschleiß zu begrenzen, ist etwas Federweg auf der Hinterachse zu empfehlen. Mechanischer Grip entscheidet in Bahrain über die Rundenzeit, weil die wenigen schnellen Kurven ohnehin mit Vollgas durchfahren werden.

Da die Temperaturen vom Start bis zum Ziel um bis zu 20°C fallen können, sind Verschiebungen des Kräfteverhältnisses im Laufe des Rennens möglich, je nachdem, in welches Temperaturfenster das Setup besser passt. Die Ingenieure müssen im ersten und dritten Freien Training bei Tageslicht aufpassen, dass sie sich von den heißeren Temperaturen nicht in die Irre führen lassen. Mit mehr Gummi und weniger Sand verbessert sich der Grip auf der Ideallinie im Laufe des Wochenendes spürbar.

Oscar Piastri - McLaren - Formel-1-Test - Bahrain - 23. Februar 2024
xpb

McLaren hat bereits einige Updates für den MCL38 in Planung.

Technik-Updates

Die Teams haben beim ersten Rennen des Jahres auch immer schon ein paar neue Teile am Start. Wie im vergangenen Jahr liegt nur eine Woche zwischen den Tests und dem Saisonstart. Deshalb dürfte das Upgrade-Feuerwerk nicht ganz so spektakulär ausfallen. Wir rechnen lediglich mit kleineren Updates für das erste Grand-Prix-Wochenende.

McLaren hatte schon bei der Präsentation des neuen Autos angekündigt, dass einige Upgrades in Planung sind. Es könnte durchaus sein, dass die Mechaniker in Bahrain bereits neue Teile an den MCL38 schrauben. Teamchef Andrea Stella sprach bei der Vorstellung gar von "Innovationen" an dem Auto, die für die Launch-Version noch nicht fertiggestellt worden waren.

Ein größeres Update-Paket zum Saisonstart hätte wohl Alpine nötig. Die Franzosen lieferten drei schwache Testtage ab. Der Rennwagen erscheint im Gegensatz zur Konkurrenz übergewichtig. Und das im dritten Jahr der Ground-Effect-Autos. In Enstone schrillen bereits die Alarmglocken. Während der Testfahrten lackierten die Ingenieure die Nase des A524 um. Die Kritik in den sozialen Medien an dem Carbon-Look war zu groß. Der kosmetische Eingriff änderte jedoch nichts an der Performance auf der Strecke.

Max Verstappen - Bahrain-Test - 2024
xpb

Max Verstappen hat mit dem Red Bull RB20 wohl die besten Chancen auf den WM-Sieg 2024.

Die Favoriten

Vor dem dritten Jahr der Ground-Effect-Ära sollte sich das Feld noch enger zusammenschieben. Diese Theorie scheint sich nach den Testfahrten zu bestätigen – zumindest für neun von zehn Teams. Denn vorne dürfte Red Bull noch die Oberhand haben. Vor allem, wenn Max Verstappen im RB20 sitzt. Laut Red Bulls Sportchef Dr. Helmut Marko liegt der Vorsprung des Weltmeister-Teams bei drei Zehntelsekunden. Ein knappes Teamduell ist im vierten Jahr der Paarung von Verstappen und Perez nicht zu erwarten. Zu deutlich watschte der Niederländer den Mexikaner in der Vergangenheit ab.

Im Verfolgerfeld geht es eng zu. Ferrari könnte im Qualifying zwar den Dominatoren des Vorjahres in die Suppe spucken. Im Renntrim glauben die Mercedes-Ingenieure aber, vor Ferrari zu liegen, das gab die große Analyse von auto motor und sport jedoch nicht her. Aston Martin und Fernando Alonso hingegen zeigten bei den Tests eine starke Longrun-Pace.

McLaren ist davon für den Saisonauftakt ein Stück entfernt. Die Ausdauerläufe sahen schlechter aus als bei den restlichen Top-Teams. Das könnte aber auch mit der Streckencharakteristik zusammenhängen. Bahrain lag McLaren bereits in der Vergangenheit nicht. Hinter dem Traditionsteam sehen wir Toro Rosso. Red Bulls B-Team machte bei den Tests einen starken Eindruck und könnte den sechsten Platz einnehmen.

Die nächste Gruppe dürfte Williams anführen. Die Truppe von Teamchef James Vowles hatte zwar technische Probleme in Bahrain, doch der FW46 zeigt bei der Pace vielversprechende Ansätze. Hinter Williams sehen wir Haas und Sauber. Nico Hülkenberg konnte sich beim Longrun knapp vor Valtteri Bottas im Sauber C44 halten. Das verdeutlicht, dass dem US-Team mit dem VF-24 ein Schritt nach vorne gelungen ist. Die Reifenprobleme scheint Haas unter Kontrolle zu haben.

Das Sorgenkind der Tests war Alpine. Die Franzosen waren weder auf eine schnelle Runde mit der C3-Mischung von Pirelli, noch über mehrere Umläufe hintereinander überzeugend. Das Team baute den A524 immer wieder um und war mit Experimenten beschäftigt. Nur sechs bis zehn Runden am Stück schafften Pierre Gasly und Esteban Ocon. Sollte das Werksteam tatsächlich am Ende des Feldes herumdümpeln, wäre das ein schwerer Schlag für Alpine und Mutterkonzern Renault.

Ein dezidiertes Ranking hat unser Formel-1-Reporter Michael Schmidt aufgestellt. Hier finden Sie die Einschätzungen zum Leistungsvermögen aller Teams.

Red Bull - Formel 1 - GP Bahrain 2023
Red Bull

Red Bull feierte 2023 in Bahrain einen Doppelsieg. Max Verstappen schlug seinen Teamkollegen Sergio Perez.

So lief das Rennen im Vorjahr – GP Bahrain 2023

Der Saisonstart 2023 verlief ganz nach dem Geschmack von Red Bull. Max Verstappen konnte von der Pole Position aus triumphieren. Hinter dem Niederländer kämpften in der Anfangsphase Charles Leclerc und Sergio Perez. Der Ferrari-Pilot konnte den aus der ersten Reihe gestarteten Red-Bull-Mann in Kurve 1 überholen. In Runde 15 kam Verstappen für seinen ersten Stopp an die Box. Leclerc hatte bereits drei Umläufe früher die Reifen gewechselt.

Perez zögerte den ersten Stint noch bis Runde 18 heraus. Acht Umrundungen später war dann Leclerc vor Kurve 1 fällig. Die ersten beiden Plätze waren bezogen. Leclerc musste sich zunächst mit Rang drei begnügen. In Runde 39 suchte den Ferrari-Piloten ein technischer Defekt heim. Das Podest war hinfällig.

Fernando Alonso zeigte derweil eine Aufholjagd. Die gipfelte in dem sehenswerten Duell mit seinem ehemaligen Teamkollegen und Rivalen Lewis Hamilton. Die beiden Altmeister gaben es sich richtig und kämpften in Runde 37 und 38 über mehrere Kurven miteinander, ehe sich Alonso durchsetzen konnte. Und der Spanier hatte noch nicht genug: Nach einem harten Zweikampf in der 45. Runde mit seinem Landsmann Carlos Sainz schnappte er sich vor Kurve 11 den dritten Platz mit seinem Aston Martin.

Am Ende feierte Red Bull einen ungefährdeten Doppelsieg. Fernando Alonso war aber der Star des Rennens. Direkt bei seinem Aston-Martin-Debüt steuerte der zweimalige Weltmeister den AMR23 auf Platz drei. Für Sainz und Hamilton blieben nur Rang vier und fünf. Lance Stroll wurde trotz seiner Handgelenksverletzung, die er sich in der Winterpause zugezogen hatte, Sechster. George Russell im zweiten Mercedes landete auf Rang sieben. Valtteri Bottas (Sauber), Pierre Gasly (Alpine) und Alex Albon (Williams) komplettierten die Top-Ten.

Ein Hinweis für alle TV-Zuschauer: RTL übertragt den Saisonauftakt live im Free TV. Das Unternehmen kooperiert mit dem Pay-TV-Sender Sky und zeigt sieben Rennen der Formel-1-Saison 2024 live. Mit dabei ist auch Günther Steiner. Der Südtiroler ist neuer F1-Experte beim Kölner Sender.

In unserer Galerie zeigen wir noch einmal die Highlights des GP Bahrain 2023.