Denn für den Porsche-Piloten gab es am vorherigen Dienstag (25.6.) schlechte Nachrichten aus Paris: Nach der Auswertung einer Anhörung am 7. Juni verkündete der International Court of Appeal der FIA die Ablehnung des Einspruchs seines Teams gegen die Disqualifikation in Misano. Die sportjuristische Instanz ließ die Argumentation der Weissacher dabei schroff abprallen. Bezüglich der, vereinfacht heruntergebrochen, falsch verbauten Gaspedal-Dämpferfeder stellte sie deutlich heraus, dass Porsche durch ihre Nutzung durchweg entgegen den Regeln gehandelt habe. Unzureichende Teilelisten des Zulieferers Spark und ein laut Porsche nicht vorhandener Vorteil seien dabei irrelevant.
Das Gericht äußerte sich in einem 17 Seiten umfassenden, auf der Webseite einsehbaren Dokument auch zu den bisherigen Abnahmen von 99X-Gen3-Rennern: "Der Beschwerdeführer hat in keinem seiner vorgelegten Dokumente Beweise präsentieren können, dass das technische Team der FIA die Feder kontrolliert und ihre Zulässigkeit abgenickt hätte. Gegensätzlich dazu konnten die Unterlagen der FIA zeigen, wie Offizielle niemals die infrage stehende Feder gecheckt haben."
Lange juristische Rede, kurzer Sinn für Da Costa – die eh nur sanft zurückgekehrten WM-Träume nach Siegen in Berlin und Schanghai schienen endgültig geplatzt zu sein. Doch der vorerst letzte Auftritt auf dem Portland International Raceway, der 2025 von Homestead-Miami ersetzt wird, hatte eine emotionale Wendung für den Champion geplant.
Strafen-Zoff bei Evans
Bereits in der Qualifikation am Samstag schnitt Da Costa mit dem vierten Rang gut ab. Die Pole-Position ging an Mitch Evans (Jaguar), der Jake Hughes (McLaren-Nissan) im Grid auf Platz 2 verwies. Robin Frijns (Envision-Jaguar) wurde starker Dritter. Für die WM-Duellanten Nick Cassidy (Jaguar) und Pascal Wehrlein (Porsche) lief es mittelmäßig. Der neuseeländische WM-Führende reihte sich auf dem zehnten Startrang ein, sein deutscher Verfolger wurde Achter.
Obwohl die Anfangsphase zunächst recht gesittet abgelaufen war, schloss das US-Gastspiel schnell an das bunte Treiben des Vorjahres an. Während der Attack-Mode-Aktivierungen wurde das Feld wild durchmischt. Zu einem Zeitpunkt fuhren vorn sechs Autos nebeneinander die Start-Ziel-Gerade hinunter. In der 15. von insgesamt 27 Runden traf die Rennleitung eine für den WM-Kampf folgenschwere Entscheidung.
Mitch Evans bekam für einen vorherigen Kontakt mit Hughes fünf Sekunden auferlegt. Noch im Rennen wütete der Jaguar-Mann über die "unfaire" Strafe, konzentrierte sich aber schnell wieder auf die allgemeine Action nach den absolvierten Elektro-Boosts. Dank einer klugen Taktik und passend getimter Überholmanöver konnten sich die britischen Renner in die Top 3 kämpfen. Cassidy ging vor Da Costa als Führender in das Finale. Mitch Evans hielt sich vor Frijns auf dem dritten Rang.
Cassidy passiert "riesiger Schnitzer"
Mit der Strafe im Hinterkopf griff Evans den Porsche vor ihm in der 24. Runde mutig an und konnte ihn auch knacken. Wegen des unvermeidbaren Effizienzzwangs der Meisterschaft hatte er allerdings keine Chance, sich ein Polster für die Strafe herauszufahren. So spurteten die Jaguar einem Doppelsieg entgegen, der keiner werden durfte. Kurz vor dem Start des letzten Umlaufs wurde es für die Truppe von James Barclay noch schlimmer.
Cassidy verlor in der schnellen S-Passage die Kontrolle und drehte sich in das äußere Gras der elften Kurve. António Félix da Costa staubte doppelt ab. Frijns sprang auf den zweiten Platz. Und Jean-Éric Vergne (DS Penske) beendete einen denkwürdigen Tag auf dem dritten Rang. Angesichts einer enttäuschenden zehnten Position konnte Pascal Wehrlein nicht wirklich vom Jaguar-Zerfall profitieren.
Wehrlein ohne Frontflügel in Top 4
Nach einigen Spitzen gegen die FIA-Strafen der jüngeren Vergangenheit und einem abgewiesenen Prüfungsantrag forderte Barclay am Sonntag wieder Konzentration ein. Seine Schützlinge Cassidy und Evans gingen von P6 und P11 ins Rennen. Da Costa verlor das Quali-Finale gegen den neuen Rekord-Pole-Mann Vergne. Sein Teamkollege Wehrlein ging auf der siebten Position in Lauf 2.
Dieser ähnelte in vielen Belangen dem Samstag. Nur war diesmal Porsche die bestimmende Kraft. António Félix da Costa setzte den Rückenwind in einen starken Auftritt um und lag zur Rennmitte in der Führung. Dahinter konnten sich Frijns und Wehrlein einreihen und sich dann mit ihm abwechseln. Was recht sinnig klingen mag, war im Falle des Deutschen reichlich kurios. Denn Wehrlein hatte sich früh in der Attack-Mode-Phase seinen Frontflügel abgeschlagen. Der eh nur als optisches und extrem fragiles Anhängsel bekannte Vorderbau machte tatsächlich keinen essenziellen Unterschied.
Trotzdem musste Wehrlein in den letzten Runden Da Costa, Frijns und Evans ziehen lassen. Weil Cassidy nach einem Schaden wieder ohne Zähler blieb (167), sind Wehrlein (155) und Evans (155) punktgleich beste Verfolger des WM-Führenden. Cassidys Chaos-Wochenende machte die potenzielle Vorentscheidung so zu einem drohenden Wendepunkt vor dem großen Showdown in London (20./21.7.). Auch bei den Teams wurde es eng. Porsche liegt nur noch 33 Punkte hinter Jaguar. Und Da Costa? Der will noch nicht vom Wunder träumen, aber fest glauben: "Es gilt weiter: Niemals aufgeben!"