Meister Wünsch steht unter dem schwarzen Dacia Sandero Stepway und gräbt seine Arme in Richtung Motor. Der Wagen parkt auf der Hebebühne – für den Check des Unterbodens. Eigentlich wollte der Meister den Antrieb des Dacia nur schnell auf Undichtigkeit überprüfen, dann aber hatte sich der Schein seiner Taschenlampe am Flexrohr der Abgasanlage verfangen. „Ist der dünne Draht eingerissen?“, hatte der Meister gemurmelt. Und daraufhin das geflochtene Rohr abgetastet. „Falscher Alarm“, ruft er zufrieden. „Vermutlich werden meine Augen einfach müde – was man von dem Flexrohr nicht behaupten kann. Das ist noch tadellos in Ordnung.“
Mit gebrauchten Dacia ist das so eine Sache dieser Tage: Viele Käufer sehen keinen Sinn darin, nach einem Schnäppchen aus zweiter Hand zu suchen, wenn die regulären Preise der Neuwagen bereits wie Lockangebote wirken.
Sparen lässt sich auch beim Kauf eines Dacia
Beim Sandero und seinem Bruder, dem Stepway, ist das ja der Fall. „Richtig“ , pflichtet Meister Wünsch bei, „man sollte aber nicht vergessen, dass an einem guten Gebrauchten nichts auszusetzen ist und es Autofahrer gibt, die ganz rational nach einem möglichst günstigen Fortbewegungsmittel suchen, um von A nach B zu kommen. Wenn genau diese Gruppe beim Kauf zwei- bis dreitausend Euro sparen kann, werden sie den Deal eingehen. Vorausgesetzt, die Modelle sind solide.“
Genau aus diesem Grund ist der schwarze Sandero Stepway zu Besuch bei Meister Wünsch. Der Dacia stammt aus dem ersten Jahrgang der zweiten Generation (2013). Der Vorbesitzer orderte den Fünftürer mit dem Dreizylinder-Turbobenziner – und bekam damit ein besseres Ausstattungspaket inklusive Navi, Klimaanlage und Parkpiepsern hinten. Nach rund fünf Jahren und 50.000 Kilometern steht der Wagen nun zum Verkauf: für 7.800 Euro. Zwei kleine Dellen konnte Meister Wünsch entdecken sowie ein paar Steinschläge rings um den Kühler.
Unser Gebrauchtwagen- Experte macht keinen Hehl daraus: Er mag den aktuellen Kurs der Marke. „Renault verpackt bewährte Großserientechnik neu und verkauft unter dem Dacia-Label, um damit einen hungrigen Markt unter 10.000 Euro zu bedienen. Das ist clever, aber vor allem solide ausgeführt. Denn arges Kopfzerbrechen bereiten uns diese Modelle in der Werkstatt so gut wie nie.“ Meister Wünsch fasst zusammen: „Mit manchen Gebrauchtwagen muss man auch Glück haben – dieser hier ist so ein Fall. Der Vorbesitzer hat ihn offensichtlich gut gepflegt und, wie das Scheckheft verrät, regelmäßig warten lassen.“
Die typischen Problemzonen eines Sandero
„Wir finden an den Dacia meist nur verrostete Auspuffanlagen, ausgeschlagene Spurstangenköpfe, gerissene Flexrohre in Abgasanlagen. Bei älteren Modellen kann auch mal eine Stabzündspule durchbrennen, das merkt man dann aber relativ schnell am unrunden Motorlauf. Meist leuchtet dazu auch noch die Motorkontrollleuchte.“
Nach einer Atempause fügt Meister Wünsch hinzu: „Das mag sich jetzt nach viel anhören, es sind aber alles keine großen Baustellen, vielmehr normale Verschleißteile – die ja auch nicht alle auf einmal kaputtgehen müssen.“ Am Ende des Satzes macht er eine Geste in Richtung Unterboden des Stepway: „Dieses Exemplar ist ein gutes Beispiel: Bis auf minimales Spiel bei den Stabi-Verbindungsstreben hat er nichts. Keine eingerissenen Achsmanschetten, keinen Ölverlust am Antrieb, keine Durchrostung am Auspuff – noch nicht mal Flugrost an den Achskörpern.“ Die Federn sind nicht gebrochen, die Stoßdämpfer und der Kühler dicht, das Profil der Reifen noch im Limit.
Die Extras des Dacia Sandero Stepway
Seine Premiere feierte der Dacia Sandero auf dem 78. Genfer Auto- salon im März 2008, am 20. Juni kam er dann auf den Markt. Der auch im brasilianischen Curitiba gebaute Viertürer basiert auf dem Clio und ist das erste Modell des Renault- Konzerns, das außerhalb Europas entwickelt wurde. Die Modelle für den europäischen Markt entstanden im rumänischen Werk Pitești. Bereits in der ers- ten Generation des Sandero – 2008 bis 2012 gebaut – gab es den Stepway mit höherer Bodenfreiheit und robuste- rem Look. Auf einigen südamerikanischen Märkten tritt er als eigenständiges Modell unter dem Namen Renault Stepway an.
Meister Wünsch hat in diesem Gebrauchtwagen-Check die zweite Generation des Sandero Stepway unter die Lupe genommen. Die ersten Fahrzeuge wurden Ende 2012 gebaut, offiziell aber erst 2013 ausgeliefert. Die Weltpremiere der zweiten Generation des Sandero fand rund ein halbes Jahr zuvor auf der Automobilausstellung in Paris statt.
Technisch nutzte Renault abermals die Plattform des Clio – diesmal der vierten Generation. Neben dem fünftürigen Sandero Steilheck gibt es seit dem Start wieder einen Stepway mit größerer Bodenfreiheit und Kunststoffschmuck um die Radhäuser. Beide Versionen besitzen erstmals ESP serienmäßig.
Während für den Sandero zwei Benziner (75 und 90 PS) und ein Dieselmotor (90 PS) zur Verfügung stehen, wird der Stepway stets nur mit den Topmotoren aus beiden Verbrennungslagern angeboten. Beim 90 PS starken Ottomotor handelt es sich um einen Dreizylinder, der seine Leistung aus 900 Kubikzentimetern Hubraum schöpft und auf die Hilfe eines Abgasturboladers setzt. Macht 140 Newtonmeter Drehmoment ab 2.250 Touren.
Beim Selbstzünder verteilen sich 1,5 Liter Hub- raum auf vier Zylinder und sind ebenfalls mit einem Turbolader garniert, was die 220 Newtonmeter Drehmoment bei 1.750 Umdrehungen erklärt. Beide Motoren werden mit einem Fünfgang- Schaltgetriebe, Frontantrieb und Start-Stopp-System ausgeliefert. Wer sich mehr Power wünscht, muss nach Südamerika auswandern: Dort läuft seit 2015 der Sandero R.S. 2.0 mit 145 PS vom Band.
Beim Euro-NCAP-Crashtest konnte die zweite Generation des Sandero vier von fünf Sternen holen.
Ein Gebrauchter wie aus dem Bilderbuch
Dann startet der Kfz-Meister eine Probefahrt, um seinen Check abzuschließen. „Diese kleinen Turbomotoren überraschen immer wieder“, ruft er nach den ersten Metern verzückt. „Man merkt denen doch kaum an, dass sie weniger als einen Liter Hubraum haben.“ Meister Wünsch spricht vom Turbo-Dreizylinder, dem einzig verfügbaren Benziner für den Sandero. Die Alternative? Ein 1,5-Liter- Vierzylinder-Diesel, ebenfalls 90 PS stark.
„Aktuell würde ich zum Benziner raten. Man weiß nie, welche verrückte Entwicklung die aktuelle Dieselsituation noch nehmen wird,“ meint der Meister und schaltet sich durch das Getriebe. „Schnelligkeit mag es nicht. Schade auch: Sechs Gänge wären vor allem für Autobahnfahrten die bessere Wahl. Aber das sprengt vermutlich die knappe Kalkulation bei Dacia.“
Als er nach einer guten Viertelstunde wieder vor der Werkstatt angekommen ist, steigt er zufrieden aus, überreicht uns die Schlüssel und fasst zusammen: „Optisch wie technisch ein guter Wagen. Seine fünf Jahre sieht man ihm kaum an. Der Vorbesitzer hat ihn anständig behandelt – daher wird er auch seinem nächsten Chef treue Dienste leisten. Und er beweist: Gebrauchte Dacia sind durchaus eine Alternative.“
Wir untermauern das Fazit des Meisters mit ein paar Zahlen: 7.800 Euro soll dieser Sandero Step- way nach fünf Jahren kos- ten. Ein vergleichbar konfigurierter Neuwagen rangiert aktuell bei 12.120 Euro – ergibt in unserem Fall eine Ersparnis von 36 Prozent.
Dacia Sandero TCe 90 Lauréate | |
Grundpreis | 10.090 € |
Außenmaße | 4057 x 1733 x 1523 mm |
Kofferraumvolumen | 320 bis 1200 l |
Hubraum / Motor | 898 cm³ / 3-Zylinder |
Leistung | 66 kW / 90 PS bei 5250 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 175 km/h |
0-100 km/h | 12,2 s |
Verbrauch | 5,0 l/100 km |
Testverbrauch | 6,8 l/100 km |