Betrug statt BMW: Western-Union Trick beim Gebrauch-Kauf

Betrug statt BMW
Der Western-Union-Trick beim Gebrauchtkauf

Kommen Sie mit uns auf Gebrauchtwagen-Tour. Wir teilen unsere Erlebnisse vom Kiesplatz bis zum Showroom. Für dieses Erlebnis müssen Sie allerdings nicht mal vor die Tür. Der sogenannte Western Union Trick überlistet auch die abgebrühtesten Typen. So können Sie sich vor der Betrugsmasche schützen.

"Das könnte mir nicht passieren", ist ein häufiges Fazit, wenn es ums Aufdecken von Betrugsmaschen geht. Gesunde Skepsis und etwas Menschenkenntnis reicht meistens aus, um plumpe Betrugsversuche direkt zu entlarven. In unserem heutigen Fall ist es jedoch ein wenig anders. Der sogenannte Western Union Trick führte nämlich bereits so einige Autobegeisterte aufs Glatteis. Als Köder dienen meist begehrte Liebhaberautos in tollem Zustand, so wie in unserem Fall ein wunderbar gepflegtes BMW 3er Cabrio.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Unsere Geschichte beginnt im Frühsommer vor einigen Jahren. Ein mir wohlbekannter Autofan – nennen wir ihn zum Schutze seines echten Namens Michael – war schon lang auf der Suche nach einem seiner Traumautos: Ein BMW 3er Coupé oder Cabrio der Baureihe E46, gern mit Sechszylinder, gern mit guter Ausstattung, aber bitte nur aus seriöser Hand und in gepflegtem Zustand.

Traumauto im Traumzustand – sogar der Verkäufer passt!

Michael weiß, worauf es beim Gebrauchtwagenkauf ankommt. Er besitzt den technischen Durchblick, um jeden Mangel spielend zu erkennen, und hat menschlich schon so einiges erlebt, sodass ihm so schnell kein zwielichtiger Typ etwas vormachen kann. Schon seit einigen Monaten stürzt er sich auf jedes neue Inserat im Netz und filtert zielsicher die augenscheinlichen Mängelexemplare aus. Leider war selbst nach einer Handvoll Ortsterminen noch kein einwandfreies Cabrio dabei, bei dem Zustand, Anbieter, Preis und Ausstattung zusammenpassten. Dann geht ihm eines Abends der perfekte Fund ins Netz.

BMW 3er Cabrio
BMW
Etwa so sah das BMW-Cabrio im Betrugsfall aus. Das Inserat enthielt - sehr vertrauenswürdig - eine ganze Reihe von Fotos. Von der Gesamtansicht vor Villa mit Garten, bis hin zum Detailfoto einer winzigen Delle. Dass die Fotos vertrauensvoll wirkten, ist kein Wunder: Sie entstammten einem deutlich älteren Inserat.

Ein offener BMW 330Ci, Baujahr 2005, mit Schaltgetriebe, toller Farbkombination und gehobener Ausstattung; noch besser: Die Fotos im Inserat zeigen den Wagen vor einem noblen Einfamilienhaus im Speckgürtel einer hessischen Großstadt. Der Text in der Offerte ist sprachlich einwandfrei und wurde offenbar mit Liebe geschrieben. Kurz: Der ideale Vorbesitzer, dessen Profil sich augenscheinlich mit dem typischen Neukäufer des einst teuren Wagens deckt. Jackpot!

Das Inserat wirkt transparent und alles passt zusammen. Sogar eine winzige Delle in der Fahrertür (scheinbar der einzige Mangel) wird pflichtbewusst vom Verkäufer angegeben und ist auf einem Foto zu sehen.

Der Dialog beginnt

Leider gibt es keine Telefonnummer, dafür aber eine Mailadresse, an die sich Michael flugs wendet. Nicht lang dauert es, da schreibt der Verkäufer zurück, gibt sympathisch Antworten auf alle Fragen und erkundigt sich freundlich nach Michaels eigenem Hintergrund, ob er ein BMW-Fan sei, das Auto auch als Hobbyobjekt pflegen würde, und so weiter. Nach der zweiten Mail erzählt er bereitwillig von sich: ein Arzt im Ruhestand, vor einiger Zeit ausgewandert nach Schweden, das Einfamilienhaus in Hessen dient nun als Feriendomizil, der BMW wird nur noch selten gefahren.

Die Baureihe E46 gab es zwischen 2000 und 2007. Die grundsätzlich solide Technik muckt anders als bei Limousine oder Touring hier oft nur mit Kleinigkeiten. Gerade die Cabrios entscheiden sich aber signifikant im Zustand, je nach dem, aus welchem Vorbesitz sie stammen.

Wer sich hier denkt, das klingt zu gut, um wahr zu sein, ist bereits auf der richtigen Fährte. Mit vertrauensvoll-freundlichem Smalltalk und offenbar von Wohlstand geprägtem Hintergrund entsteht ein Dialog zwischen Michael und dem Verkäufer, in dem Michael unauffällig, aber zielsicher nach Details aus seinem Leben gefragt wird. Im Gespräch äußert der Verkäufer sogar eine gewisse Vorsicht. Er würde sich zum Verkauf von Schweden auf den Weg nach Hessen machen, möchte die weite Strecke aber nicht umsonst auf sich nehmen – verständlich. Zum Schein fragt er, ob Michael eine Möglichkeit der Absicherung bieten kann, damit der Verkäufer nicht versetzt wird.

Der Verkäufer möchte auf Nummer Sicher gehen

Als Michael nur beteuern kann, dass er definitives Interesse hat, und ganz sicher nach Hessen fahren würde, schlägt der Verkäufer Folgendes vor:

Michael soll über ein Geldtransferunternehmen – in diesem Fall die Transferbank Western Union – eine Anzahlung in Höhe von 2.000 Euro hinterlegen, die nur vor Ort in Hessen abgeholt werden kann. Um hier kein Misstrauen zu erzeugen, heißt es, er solle den Transfer ausschließlich im eigenen Namen beauftragen. Kurz: Michael soll Geld zur Western-Union-Filiale in Hessen schicken, das nur er allein abheben kann.

Nach kurzem Stutzen und einem Besuch auf der Western-Union-Webseite hält Michael den Vorschlag zwar noch für etwas seltsam, willigt aber ein. Die Bank macht einen seriösen Eindruck und er kann die Bedenken des offenbar gut situierten Verkäufers verstehen. Außerdem hätte er so gleich die Anzahlung in der Hand, wenn es vor Ort zum Kauf kommt.

Man einigt sich auf einen nahegelegenen Termin und Michael bringt wie verabredet am Vorabend 2.000 Euro zu seiner eigenen Western-Union-Filiale. Abends hat er doch ein flaues Gefühl im Magen und liest noch einmal die Mails mit dem Verkäufer durch. Er stellt fest, dass er viel über sich preisgegeben hat. Sein Alter, seine Herkunft, sogar seine Adresse hat er dem Verkäufer vertrauensvoll übermittelt. Genügend Informationen, mit denen sich ein falscher Personalausweis erstellen ließe. Ein Foto von Michael findet sich über Social Media schnell im Internet, sodass auch sein Aussehen bekannt ist.

Lunte gerochen – das war knapp!

Mit den richtigen Schlagworten durchsucht Michael noch am Abend das Internet und findet vergleichbare Betrugsfälle. Das Unternehmen Western Union selbst warnt (wie auch vergleichbare Geldtransferunternehmen) auf seiner Webseite vor Betrugsfällen unter Annahme gefälschter Identitäten. Der Verkäufer, oder zumindest ein halbwegs ähnlich aussehender Strohmann, würde mit einem falschen Personalausweis bei nächster Gelegenheit Michaels Geld in Hessen abheben. Den BMW hat es so nie gegeben. Die Fotos entstammen einem viel älteren Inserat, die restliche Geschichte wurde kreativ hinzugedichtet.

Western Union Trick Beispielbild
Andreas Jüngling
Den Originalprospekt zigmal studiert, nervös schon die dritte Tasse Kaffee getrunken, das Geld bereits abgehoben. Erst im letzten Moment wurde unser Betrugsopfer doch misstrauisch.

Fünf Minuten vor der Öffnungszeit am nächsten Morgen gelingt es Michael, dem Betrüger zuvorzukommen, und sich das Geld zurückzuholen. Glück gehabt! Die gleichzeitig verständigte Polizei meldet, dass nur wenig später ein Unbekannter in Frankfurt versuchte, das Geld unter Michaels Identität abzuheben.

Oftmals bewahrheitet sich eben doch das gute alte Bauchgefühl, das anspringt, wenn etwas zu gut scheint, um wahr zu sein. Der wortgewandte Täter, der sein Opfer gekonnt im Dialog einlullt, lässt sich dabei nur schwer entlarven. Tatsächlich sind Fälle bekannt, in denen gutgläubige Betrugsopfer sogar bereitwillig ihren eingescannten Personalausweis an den Betrüger schickten. Der hat es so noch viel leichter, eine Fälschung zu erstellen. Sogar die Geldtransferunternehmen selbst bemühen sich auf ihren Webseiten, über alle bislang bekannten Betrugsmaschen aufzuklären. Ihnen lässt sich also kein Vorwurf machen.

Wie kann ich mich vor der Masche schützen?

Hier einige Punkte, mit denen Sie im Verdachtsfall einen möglichen Betrug entlarven können:

  • Bitten Sie den Verkäufer um eine Telefonnummer. Wer nichts zu verbergen hat und anständig behandelt wird, ist auch telefonisch erreichbar.
  • Laden Sie ein Bild aus dem Inserat herunter und nutzen Sie es zur Rückwärtssuche im Netz. Nicht selten tauchen im Betrugsfall die Fotos aus alten Inseraten auf.
  • Den Arzt mit dem angegebenen Verkäufernamen gab es in unserem Fall wirklich. Nur war er weder im Ruhestand, noch wohnte er in Schweden. Suchen Sie den angegebenen Namen doch mal online oder im Telefonbuch und rufen Sie an. "Was, Sie haben gar keinen BMW zu verkaufen?"
  • Ein relativ seltenes Auto im scheinbaren Bestzustand ist selten das günstigste Exemplar in der Suchliste. Beobachten Sie das Preisniveau im Vergleich zu anderen Exemplaren.
  • Bleiben Sie im Dialog freundlich, aber geben Sie nicht zu viel über sich preis. Es ist nicht falsch zu sagen: "Entschuldigung, aber ich gebe meine Personalien nicht per Email weiter. Ich komme gern persönlich und bringe alle nötigen Informationen mit."


In unserer Fotoshow oben im Artikel finden Sie übrigens eine Kaufberatung für die E46-Baureihe von BMW. Damit Sie nicht nur gegen Betrugsmaschen gewappnet sind, sondern auch etwaige Schwachstellen an dem bayerischen Bestseller erkennen.