Gebrauchtwagencheck BMW 3er (Typ F30/F31, 2011-2019)

Gebrauchtwagencheck BMW 3er F30/31
Verdient dieser 3er die Note 1?

Soll es ein sportlicher Mittelklasse-Vertreter sein? Dann führt am BMW 3er kaum ein Weg vorbei. Anders als bei den Vorgängern sind hier auch die Prüfinstitutionen voll des Lobes.

Gebrauchtwagencheck BMW 3er F30
Foto: Sven Krieger

Früher war alles einfacher: Wer etwas Sportliches wollte, fuhr einen BMW; wer auf Haltbarkeit Wert legte, einen Mercedes. Audi war für die Hutträger. Und heute? Niemand belächelt die Ingolstädter mehr, aber den Stuttgartern rosten seit drei Modellgenerationen die Hinterachsen weg (W 203, 204, 205 sowie deren Ableger). Und die Münchner? Bauen immer noch sportliche Autos, die aber mittlerweile auch echte Steherqualitäten beweisen. Offenbar nimmt man das "MW" im Namen wieder ernst und vertraut auf die eigenen Techniker, statt wie beim Joint-Venture mit PSA fremde Entwicklungen zu adaptieren und die Kunden dann mit reihenweise ausgeleierten Steuerketten sitzenzulassen.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Karosserie: Schön, schlank, nicht zu eng

Die einst recht kompakte BMW-Mittelklasse hat mit dem F30 und dem F31-genannten Touring stattliches Reisewagen-Gardemaß erreicht. Und so findet sich verteilt auf 4,60 Meter Länge nicht nur ein schlank-straffes Design (welches übrigens gänzlich ohne Riesennieren oder sonstiges Effekthaschen auskommt), sondern vor allem auch genügend Platz für Erwachsene in beiden Sitzreihen. Auch der Kofferraum liegt mit knapp 500 Litern bei unserem Touring (rund 1.500 werden es umgeklappt) voll im Klassendurchschnitt. Das Ganze ist mit ansprechender Wertigkeit zusammengebaut und dank des guten Rostschutzes auch im Gebrauchtalter noch eine freudige, lang haltbare Angelegenheit.

Gebrauchtwagencheck BMW 3er F30
Sven Krieger

Zugegeben, unser Fotoauto schmeckt mit etwas M-Würze noch besser, doch kaum jemand würde dem 3er wohl nachsagen, er sähe lumpig aus. Auch in puncto Karosserieverarbeitung kann er sich mit seinem aktuellen Nachfolger messen.

Innenraum: Platz für mehr

Über die generell durchaus brauchbaren Platzverhältnisse haben wir im Karosseriekapitel bereits gesprochen. So bleibt uns Zeit, ein wenig über den Innenraum an sich und seine Qualität(en) zu philosophieren. Hier liegen Licht und Schatten nämlich eng beieinander. Zum einen wäre da die brillante BMW-Ergonomie, die dafür sorgt, dass Hände, Füße, Gesäß und Gesichtsfeld ganz automatisch dort sitzen, wo sie hingehören. Die tiefe Sitzposition, der recht lange Fußraum, das steil stehende Lenkrad, alles sorgt für einen insgesamt sportliches Fahrgefühl, noch ohne überhaupt einen Meter gefahren zu sein. In Sachen Haltbarkeit können sich die Sitze übrigens auch sehen lassen – unabhängig davon, ob es sich um stoffbezogene Seriensitze handelt, oder die einst für 1.640 Extra-Euro konfigurierte Ledergarnitur, die in unserem Fall die sportlich geformten Sitze des M-Pakets umfasst. Alles hier genannte ist übrigens ausgesprochen langstreckentauglich. Weniger lobenswert ist dagegen der Ausstattungseindruck karger Basismodelle. Mit manuellen Sitzen, knopflosen Kunststofflenkrädern und Mini-Displays in Mittelkonsole und Kombiinstrument wirkt der 3er einfach zu geizig, zumal ohnehin die überwiegende Menge etwas luxuiröser ausgestattet daherkommt. Und: Oberflächen wie Lenkrad, Pedale, Schaltknauf, vor allem aber die serienmäßige Start-Stopp-Taste sehen oft schon früh abgewetzt aus. Hier lässt sich zum Glück günstig nacharbeiten.

Gebrauchtwagencheck BMW 3er F30
Sven Krieger

Wilkommen im Cockpit. Hier sitzt nicht nur der Fahrer gut, sondern auch jedes einzelne Bedienelement. Die iDrive-Bedienung gehört noch immer zum Intuitivsten, was Innenräume zu bieten haben.

Motoren: Gegen Kritik immun

Hier ist Obacht geboten: Der 1,6-Liter aus Frankreich war bis Mitte 2015 noch im 3er der Baureihe F30 (Limousine F30, Touring F31) zu finden, als 316i sowie als 320i Efficient Dynamics Edition. Absolut abraten muss man nicht von ihm, aber das Risiko gelängter Ketten, defekter Injektoren und ölundichter Kettenkästen sollte mit eingepreist sein.

Abgelöst wurde dieses Aggregat übrigens vom 318i, und nun wird es interessant: Denn ursprünglich – und um genau zu sein: seit 1977 – galt der 3er ja als günstigste Möglichkeit, einen Sechszylinder zu fahren. Die prägten das Markenimage, akquirierten Kunden. Und dieser 318er trat nun mit nur noch der Hälfte an Verbrennungseinheiten an – ein Dreizylinder im 3er.

Man kennt diesen Motor aus dem Mini, wo er den Cooper kernig trommelnd in unter acht Sekunden auf Tempo 100 schubst. Doch in der ausgewachsenen Umhüllung eines 3ers merkt man ihm an, dass er sich nicht recht wohlfühlt, dass Klangbild und Laufkultur nicht zum Preis passen. Überdies macht er deutlich, dass Downsizing oft nur auf dem Papier gut aussieht. Denn in der Praxis ist der Kleine weder leichter noch sparsamer als die älteren Vierzylinder.

Erst recht nicht als die neueren. Die kommen aus dem gleichen Baukasten wie der Drei-Ender und bei gleichen Einzelhubräumen somit auf zwei Liter. Das Auto auf diesen Seiten ist so einer, ein 320i aus dem April 2017 und seitdem knapp 112.000 Kilometer gelaufen. Dieser 3er fährt ordentlich. Wenn man sich etwas wünscht, dann vielleicht etwas mehr Leistung. Oder Drehmoment. Keine Frage, der B48B20 macht seine Sache gut, doch angesichts der sehr sportlichen Umgebung sind 184 PS und 270 Newtonmeter doch etwas knapp bemessen. Da wundert es nicht, dass der Anteil der Diesel in der F30-Reihe bei 74 Prozent liegt.

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Sven Krieger

Sitzt ein problemloses Triebwerk im Motorraum (übrigens immer so weit hinten wie es geht, zwecks guter Gewichtsverteilung), kann die Haube bis auf Weiteres zu bleiben.

Die Selbstzünder haben zwar nicht mehr Leistung, liefern aber im Fall des 320d satte 400 Nm schon bei 1.750/min. Ein Wert, mit dem uns früher dicke V8 das Grinsen verbreitert haben. Bis zur Modellpflege 2015 waren es 380 Newtonmeter, so ein 320d Touring begleitete die Redaktion über 100.000 Kilometer im Dauertest. Das Fazit damals war ein dickes Lob für den Antrieb, zu dem neben dem Diesel die famose Achtgangautomatik aus dem Hause ZF gehörte. Die fällt dadurch auf, dass sie nicht auffällt, und ist ein unbedingter Tipp – wer will schon ständig sechs Gänge von Hand sortieren?

Dem Motor konnte der Dauertest ebenfalls nichts anhaben, was insofern erwähnt werden darf, als es sich dabei noch um das Aggregat aus der Reihe N47 handelte. Dort gab es stets ein Problem mit gelängten und am Gehäuse schleifenden Steuerketten. BMW suchte es mit allerlei Maßnahmen zu kurieren, aber es kann auch noch bei 201 4er -Baujahren auftreten. Wenn es also bei der Probefahrt schleift, auf zum Nächsten!

Im Dauertest tauchte dieses Problem nicht auf, wohl aber ein zerrüttetes Flexrohr im Abgasstrang. BMW tauscht dann gern den halben Auspuff, im freien Handel gibt es aber auch Flexrohre zum Einschweißen. Ansonsten standen noch zweimal Bremsscheiben und -beläge vorn auf der Rechnung – bei zügiger Fahrt normal, aber von den Prüfinstituten gern als weiterer Mangel angekreuzt.

Ab dem Facelift ersetzte der B47 den N47, und obwohl die Eckdaten nahezu identisch sind, handelt es sich doch um komplett neu entwickelte Motoren. Allerdings haben sie ein Leiden übernommen, das flächendeckend alle BMW-Diesel betrifft: undichte AGR-Kühler. Dadurch gelangt Kühlwasser in den Ansaugtrakt, der Glykolanteil aus dem Frostschutz kann sich entzünden, und im ungünstigsten Fall fackelt die ganze Kiste ab. BMW hat deshalb alle AGR-Kühler bereits gegen gleiche Teile jüngeren Produktionsdatums getauscht und ist derzeit dabei, diese nach und nach noch einmal zu ersetzen, und zwar durch konstruktiv überarbeitete Exemplare.

Diese Rückrufe betreffen auch die selbstzündenden Sechszylinder, die jedoch ansonsten gegen Kritik weitgehend immun sind. Die bei früheren Baureihen berüchtigten Drallklappen sind mittlerweile zuverlässig befestigt und fallen nicht mehr in den Motor; die seltenen Probleme mit dem Turbolader – oder den zweien beim 335d – sind in der Regel auf Mangelschmierung wegen überzogener Ölwechselintervalle zurückzuführen.

Die Otto-Sechszylinder sind nicht alle so standfest. Der im 335i verwendete N55 gilt als anfällig für undichte Zylinderkopfdichtungen, weshalb er für den Einsatz im M3 ein stabileres Kurbelgehäuse erhielt und sich dort S55 nennt. Außerdem neigt er zu Verkokungen des Ansaugtraktes. Der ab 2015 im 340i einsetzende B55 ist diesbezüglich unverdächtig, wie auch der Rest des Antriebsstrangs.

Getriebe: Die Qual der Wahl

Die Getriebe sind unauffällig, wobei BMW für die Automatik keinen Ölwechsel vorsieht. Hersteller ZF empfiehlt diesen jedoch alle 80.000 Kilometer. Und auch bei Schaltgetriebe und Differenzial kann es nicht schaden, nach spätestens zehn Jahren mal den Schmierstoff zu erneuern. Übrigens sind die Ausgleichsgetriebe an der Hinterachse gern mal undicht, hier also auf Ölspuren achten. Fahrerisch fällt die Getriebewahl höchstens dann leicht, wenn das eigene Fahrprofil messerscharf zu definieren ist. Autobahn-Dauerbesucher wählen die vorzügliche Achtstufen-Wandlerautomatik, sportliche Landstraßenfahrer das feine Sechsgang-Schaltgetriebe. Wobei die Grenzen fließend sind, und speziell das Spektrum der Automatik weit reicht. Sportliches Fahren beherrscht sie ebenso gut, wie das gelassen-sparsame Kilometerfressen.

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Sven Krieger

Rührend: Die Schaltversionen fördern das emotionale Fahren. Automatik-3er sind aber in den meisten Hinsichten ebenso über jeden Zweifel erhaben. Sie stellen den größten Teil des Gebrauchtangebots dar.

Fahrwerk: Kommt drauf an

Rund 20.000 Euro schreibt unser freundlicher Leihgeber, die Autowelt Michael aus dem niedersächsischen Beckdorf, auf das Preisschild. Der Gegenwert ist hoch, dem Touring fehlt nichts Wesentliches, und auf den zweiten Blick fallen die blauen Bremssättel auf: Dieser 320i hat tatsächlich die M-Sportbremse an Bord, zusätzlich zum M-Paket, das für die Optik zuständig ist. Nur das M-Sportfahrwerk war einem der beiden Vorbesitzer wohl etwas zu steifbeinig, nun ermöglichen Federn und Dämpfer von KW sanfteres Anfedern und ruhigeres Abreiten größerer Wellen. Eine Sänfte wird aus dem Touring trotzdem nicht, dafür sorgen schon die 19-Zoll-Räder (Doppelspeiche 442 M) und die Einstellung des Gewindefahrwerks, die den 3er doch deutlich Richtung Erdmittelpunkt rückt. Kurzer Nebeneinwurf: Die Räder zeigen mit beginnender Oxidation, dass glanzgedrehte Felgen im Winterbetrieb nicht die beste Idee sind.

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Sven Krieger

Hurtig lässt sich prinzipiell jeder F30/F31 bewegen. Dazu genügt bereits das komfortable Standardfahrwerk. Die M-Pendants sind in manchen Versionen fast ein wenig straff. Dem Fotoauto verhalf tatsächlich ein Gewindefahrwerk zu mehr Komfort.

Das Fahrwerk an sich ist recht solide, der früher für den 3er typische Achsenärger plagt heute eher andere Premium-Marken. Zu erwähnen wären jedoch frühzeitig zerbröselnde Anschlagpuffer der Stoßdämpfer, was BMW aber ebenfalls mit seinen Wettbewerbern verbindet.

Mängel: Außer Spesen nichts gewesen

Eine eigene Note besitzt hingegen die Verarbeitungsqualität. Im Inneren der F30-Modelle ist zwar alles sehr stabil und präzise zusammengebaut, wirkt aber im Normalfall ziemlich billig. Es sei denn, der Erstbesitzer hat kräftig in Options-Polster und -Verkleidungen investiert, dann entfaltet der 3er volles Premium-Aroma. An der Haltbarkeit gibt es dagegen nichts auszusetzen, ein unverbasteltes Auto neigt kaum zum Klappern und rostet so gut wie gar nicht. Warum wir das erwähnen? Weil auch die F30-Reihe wie ihre Vorgänger immer mehr zum Opfer der Bastelfraktion wird und Originalität deshalb ein wichtiger Punkt ist. Aber das war auch früher schon so.

Gebrauchtwagencheck BMW 3er F30
Sven Krieger

Am Unterboden ist in der Regel kein Rostbefall zu befürchten - wohl aber an manch einer Verschraubung. Apropos: Die Befestigung der Kardanwelle wurde bei einigen Exemplaren aufgrund von berechtigten Verlustängsten zurückgerufen.

Preise: Ein weites Feld

Der typische 3er ist ein Touring als Diesel mit Automatik. Allerdings ist der Viertürer ebenfalls stark vertreten, und dann wären da noch ein paar GT-Schrägheck-Limousinen. Das Angebot ist groß, zusammen mit den 4er-Cabrios und -Coupés sowie dem Gran Coupé umfasst es aktuell fast 10.000 Exemplare. Da sollte jeder fündig werden. Inzwischen herrscht auf dem Gebrauchtwagenmarkt wieder die freie Auswahl, lediglich das Preisniveau liegt noch etwas hoch. Im Falle des 3ers beginnen brauchbare Fahrzeuge um 10.000 Euro. Wer jedoch deutlich unter der 100.000-km-Marke bleiben will und Wert auf grundlegende Ausstattungsdetails wie Navi, Automatik und anständiges Licht legt, sollte eher 17.000 Euro in petto haben. Dafür gibt’s dann aber auch Modelle nach dem Facelift, mit den solideren Motoren der B-Serie und ab 2016 auch mit LED-Scheinwerfern in Serie. Mehr muss anlegen, wer einen BMW M3 sein Eigen nennen will: Unter 40.000 Euro geht hier nichts. Guter Kompromiss: der 340i, der bei rund der Hälfte beginnt und vom grundsoliden B58-Sechszylinder angetrieben wird. Wobei Probleme bei F30 & Co. generell selten sind, der ADAC ist jedenfalls voll des Lobes.