In den ersten beiden Generationen technisch identisch mit dem viertürigen Audi 80, verließ der VW 1988 diese Parallelität, um erstmals mit Quermotor zum Raumwunder der Mittelklasse zu werden. Aber schon 1996 folgte der Schwenk zurück und zur Technik des Audi A4, was den Kunden vor allem hohe Reparaturrechnungen für die unausgereift auf den Markt geworfene Vierlenker-Vorderachse aufbürdete. Seit 2005 setzt VW wieder auf den quer eingebauten Antrieb und dessen Raumvorteile. 2014 erschien die aktuelle – alle Facelifts mitgezählt — achte Generation ( Passat B8), die ihrerseits 2019 ein Update auf die heute noch gebaute Version erfuhr.
Die spielt am Gebrauchtmarkt freilich noch keine große Rolle, wegen Corona, Lieferketten und so. Deshalb werden viele Leasingfahrzeuge länger gefahren und kommen später als nach drei Jahren in den Handel. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn außer optisch kaum erkennbaren Retuschen übernimmt der Facelift-Passat das Bedienkonzept des Golf 8 – und damit auch dessen Schwächen und Systemabstürze.
Konzentrieren wir uns also auf die Modelljahre 2015 bis 2019, die ja, wie VW-Kundige wissen, stets nach den Sommer-Werksferien begannen. Die ersten Kundenfahrzeuge dieses Modells gingen jedoch erst im November 2014 in die Auslieferung, sodass es nur wenige Exemplare mit einer Erstzulassung in jenem Jahr geben dürfte. Diese und auch noch 2015 gebaute Passat stützen übrigens die These, dass man ein neues Auto nicht unbedingt direkt nach Serienanlauf kaufen sollte. Denn nach diversen Beanstandungen sah sich VW genötigt, jene mittels eines Qualitätspakets abzustellen. Dabei wurden die Autos im Rahmen teilweise mehrtägiger Werkstattaufenthalte auf einen akzeptablen Standard gebracht. So wurden Frontkameras und Türschlösser ersetzt, Luft ziehende und dadurch Startprobleme verursachende Dieselleitungen abgedichtet, undichte Ladeluftleitungen erneuert, bei Allradmodellen der Antrieb der Hinterachse modifiziert und in vielen Fällen die komplette, weil unentwegt knarrende Armaturentafel ersetzt.
Karosserie: Geradlinig und solide
Wahre Größe kommt ja bekanntlich von innen. Und dass bei einem so ehrlichen Mittelklasse-Klassiker die inneren Werte zählen ist ja eh klar. Über die eingangs genannten Generationen gehörte der Passat fast immer zu den geräumigsten Kandidaten in der Mittelklasse. Parkt man den Passat neben einer C-Klasse (egal ob als Limo oder Kombi), möchte der Mercedesfahrer im Anschluss lieber zur E-Klasse greifen, da der Passat den Daimler (und die meisten anderen Mittelklässler) auf die Plätze verweist. Einzige Ausnahme: Der plattformgleiche Skoda Superb, der noch eine Idee mehr Platz hat als der Wolfsburger.
Und dieser Platz bleibt auch im Alter sonnig – sofern die Abläufe des gläsernen Panoramaschiebedachs frei von Knicken und/oder Schmutz bleiben. Ansonsten kennt die Karosserie keine wirklichen Schwachstellen. Das gilt auch für die im Alter nicht immer makellose Rostfreiheit des Vorgängermodells. Hier blühte es noch unschön, wenn der Besitzer auf Pflege verzichtete und sich gern im Streusalz suhlte. Der aktuelle Passat steckt das weg.
Innenraum: Mehr Volumen – nicht nur am Scheitel
Dass im Innern des Passats viel Platz geboten ist, haben wir damit geklärt. Aber was gibt es noch? Bis zum Facelift 2019 jedenfalls eine hübsche Analoguhr in der Mittelkonsole. Die wurde hernach leider weggespart, ebenso wie die bis dato an Perfektion grenzende Bedienbarkeit aller Infotainment- und Komfortfunktionen. Dann hielten nämlich die ersten Navis ohne Lautstärkedrehregler Einzug, einhergehend mit stolperigen Reaktionszeiten und einer nicht mehr blind zu beherrschenden Bedienung. Das ist großer Mist, von dem Sie in jedem Bericht zum Golf 8 lesen können.
Leider bleiben auch die zuvor verwendeten Radio- und Navigationssysteme nicht von Ausfällen verschont. Neben softwarebedingten Abstürzen kommt es immer wieder zu Ausfällen einer Verstärker-Endstufe, die sämtliche Audiofunktionen verstummen lässt. Radiohören gehört also zur Probefahrt dazu! Danach bitte aber wieder leisedrehen und lauschen ob sich (etwa beim Aufwärmen) Knackgeräusche aus dem Cockpit zeigen. Sie müssten auch bei den ersten Baujahren ausbleiben – der Nachbesserung sei Dank. Knackt’s im Tachogehäuse, besteht die Chance auf Kulanz ein neues Instrument zu bekommen.
Ansonsten begeistert die Gleichgültigkeit mit dem der Passat und seine Innenraumoberflächen die Kilometer aufschnupfen. Ist hier Verschleiß zu erkennen, muss schon von Mutwilligkeit ausgegangen werden. Ausgenommen – und vollkommen VW-typisch: Das schon bei geringer Laufleistung speckig glänzende Lenkrad. Dieser Zustand stellt sich schnell ein, bleibt aber dafür gefühlt auch ewig.
Motoren: Problemlos
Gut, dass sich der 1.4 TSI vom einstmals Steuerketten fressenden Sorgenkind in der seit Anfang 2013 gebauten Ausführung EA211 zum standfesten Antrieb für alle Fälle gemausert hat. So spricht nichts gegen einen Kauf. Zumal die Diesel, mechanisch betrachtet, zwar problemlos astronomische Kilometerleistungen erreichen, gelegentlich aber auch mit defekten Ventilen der Abgasrückführung (AGR-Ventil) oder undichten Öl-Wasser-Wärmetauschern auffallen. Das gilt nicht nur für den Passat, sondern für so gut wie alles, was das Kürzel TDI im Fahrzeugschein trägt. Die Symptome, also fehlendes Kühlwasser bei gleichzeitig entstehendem Schleim im Öldeckel sprechen üblicherweise für eine defekte Zylinderkopfdichtung oder schlimmeres. Als dieses Phänomen bei den ersten 2.0 TDI Mitte der Nuller-Jahre erstmals auftrat wurden ganze Zylinderköpfe demontiert und auf Dichtheit überprüft. Schade, dass dieser zumindest recht günstig behebbare Ölverlust noch immer ein Thema ist.
Wer als Schnellfahrer über Kühlwassermangel klagt (und das maximal ein-zwei Mal im Jahr), darf nach zügiger Autobahnfahrt mal rasch die Motorhaube öffnen und das Geruchsorgan bemühen. Riecht es süßlich feucht? Das ist ihr Kühlwasser. Es neigt dazu, bei hohen Temperaturen in minimalsten Mengen durch die Schläuche zu diffundieren. Das ist normal.
Die genaue Motorenauswahl ist annähernd zweitrangig. Es gibt zum jeweiligen Baujahr immer nur zwei verschiedengroße Aggregate pro Treibstoffsorte und die in jeweils verschiedenen Ausbaustufen. Grundsätzlich gilt: Mehr als goldene 150-PS-Mitte ist höchstens für sehr zügige Autobahnfahrer notwendig. Weniger (also z.B. der sehr sparsame 1.6 TDI, der ansonsten baugleich zur hubraumstärkeren Version ist) tut es jedoch auch – wobei wir hier klar zu Schaltgetrieben raten. Warum? Weil sonst ein anfälliges Trocken-DSG im Einsatz ist.
Getriebe: Besser selbst schalten
Eine VW-Spezialität ist jedoch die DSG-Automatik, dessen Name sich mit der Zeit so eingebürgert hat, obwohl die Bezeichnung "Direktschaltgetriebe" im Grunde keinen Sinn ergibt. Jedenfalls gehört es zur Familie der Doppelkupplungsgetriebe, womit das Problem bereits beim Namen genannt ist. Denn für den Anfahrvorgang bemüht es eine der beiden Kupplungen, und deren Bedienung gelingt den elektrischen Aktuatoren selbst 20 Jahre nach Serieneinführung (2002, im Golf 4 R32) immer noch nicht so perfekt wie einem geübten Kupplungsfuß. Das stört aber nur beim zügigen Losfahren; einmal in Fahrt, erfolgen die Schaltvorgänge blitzschnell und ruckfrei.
Rein mechanisch haben die DSG-Boxen mittlerweile einen hohen Reifegrad erreicht. Was aber nun nicht heißen soll, dass nicht doch mal eine Schaltmechatronik erneuert werden muss. Generell sind die Sechsgangautomaten und die "großen" Siebengang-DSG mit ihren im Ölbad laufenden Kupplungen noch etwas solider, sie reagieren gleichmütiger auf Fehlbedienungen, wie zum Beispiel das Festhalten des Fahrzeugs am Berg durch leichtes Gasgeben. Aber die Trockenkupplungen des "kleinen" Siebenganggetriebes (für Motoren bis einschließlich 250 Nm Drehmoment) geraten dabei nach wenigen Sekunden in Hitzestress. Ein Großteil der Beanstandungen wegen vorzeitigen Verschleißes ist auf solche Misshandlung zurückzuführen.
Keinen Einfluss hat der Fahrer jedoch auf das Kratzen beim Einlegen des zweiten Gangs. In diesem Fall sind die Synchronringe hinüber, da müssen das Getriebe zerlegt und die Gangräder des Zweiten erneuert werden. Damit wären die Probleme der Kraftübertragung auch schon abgehakt, allgemeine Defekte wie eingerissene Antriebswellenmanschetten mal ausgenommen. Von denen ist ohnehin eher der Passat Alltrack betroffen, die leicht hochgebockte Variante für Schotterwege. Die hat zwar einen kleinen Unterfahrschutz, aber wer damit wirklich mal durchs Unterholz bricht, könnte unter Umständen Folgeschäden beklagen.
Fahrwerk: Besonnen und standfest
Doch was sagen die Überwachungsvereine wie der TÜV zum Passat B8 (auch 3G genannt)? Da ergibt die Statistik zunächst ein zwiespältiges Bild. Denn die Zahl der Fahrzeuge ohne erkennbare Mängel liegt bei der ersten Hauptuntersuchung nach spätestens drei Jahren um 1,2 Prozent unter dem Durchschnitt – die derer mit erheblichen Mängeln hingegen um 1,2 Prozent drüber. Und nun kommt das große Aber, denn der mittlere Kilometerstand, mit dem diese Passat beim TÜV vorfahren, liegt um 61,4 Prozent höher als der Durchschnitt aller geprüften Fahrzeuge! Es sind halt typische Außendienstler-Kutschen, zu Hause auf der linken Spur. Deshalb ist der einzige ernsthafte Mangel, den der TÜV häufiger ankreuzen muss, Verschleiß der Bremsscheiben.
Die Scheiben der Hinterachse neigen außerdem zu Rost und Riefenbildung – man darf gespannt sein, ob es VW jemals hinbekommen wird, dort Bremsscheiben zu montieren, die auch mal ein paar Tage im Regen bleiben dürfen, ohne irreparable Rostmarken davonzutragen. Davon abgesehen hat der TÜV wenig zu meckern, Beanstandungen an den Radaufhängungen finden nur im Promillebereich statt. Allerdings ist an unserem Probe-Exemplar nicht zu übersehen, dass die Längslenkerbuchsen der Hinterachse bereits erneuert wurden. Ob’s am Anhängerbetrieb liegt? Zumindest hat das Auto einen benutzt wirkenden Haken.
Vereinzelt finden sich beim Blick unters Blechkleid auch mal minimalst verformte Radlagergehäuse (Spiel und Knacken, aber keine Brummgeräusche).
Und wie fährt sich das Ganze? So linientreu, wie ein Kleinstadtpolizist bei der Mofakontrolle. Man könnte fast sagen, er verstehe keinen Spaß. Der Passat fährt straff, aber nie zu straff, weich, aber nicht zu weich, absolut präzise und dabei aber etwas gefühlskalt in der Lenkung. Doch aller Häme zum Trotz: Er funktioniert einfach verdammt gut. Wer's wattig wünscht, wählt wiederum das Verstellfahrwerk DCC (Dynamic Chassis Control). Es hat einen irrelevanten Sportmodus und eine wogend weiche Komfortabstimmung.
Mängel: Lange Liste ohne Fettgedrucktes
Gelegentlich kommt es zu Ölverlust. Der hat seinen Ursprung oft in fehlerhaft zusammengebauten Ölfiltergehäusen. Denn VW verwendet seit Jahren sogenannte Eco-Filter, bei denen nur der Papiereinsatz im Müll landet und nicht wie früher die ganze Patrone. Leider überfordert es manche Mechaniker und viele Do-it-Yourselfer, den Dichtring für den Gehäusedeckel richtig zu platzieren. Ein ähnliches Phänomen gibt es bei den Dieselfiltern: Dort bildet der Dichtring eine Einheit mit dem Filtereinsatz und muss zuerst am Gehäusedeckel befestigt werden. Sonst kann Kraftstoff aus- oder Luft eintreten, was für Startprobleme sorgt.
Kleine Ursache, große Wirkung also, das gilt ebenso für eine Reihe skurriler Probleme. So kann eine im Kraftstoffbehälter falsch verlegte Spritleitung zu einer falschen Anzeige der Tankuhr führen; der Abstandsregeltempomat funktioniert nicht bei Sonne von vorn oder weil ein falsches VW-Zeichen am Kühlergrill die Radarwellen nicht durchlässt. Am Lenkgetriebe kann Wasser eindringen. Knarren beim Lenken bedingt einen sofortigen Austausch – oder liegt eventuell nur an klemmenden Federbeinstützlagern. An dieser Stelle darf die Warnung vor dem Panorama-Glasdach nicht fehlen: Seine Wasserablaufschläuche neigen nach einer gewissen Zeit zum Abknicken in den A-Säulen. Im ungünstigen Fall säuft dort eine Steckverbindung des Hauptkabelbaums ab, und dann gibt es die dollsten Fehlermeldungen.
Preise: Gut, nicht günstig
Fast 9.000 Passat gibt es auf den Gebrauchtportalen – trotz aller vorherrschenden Krisen. Ganz ganz frühe davon bekommt man mit ganz ganz viel Glück und ganz – naja – mittelvielen Kilometern für knapp 14.000 Euro. Realistischer sind Preise zwischen 16- und 18.000 Euro. Der direkte Konkurrent Opel Insignia B, zu dem wir erst kürzlich im Gebrauchtwagencheck rieten, kostet zwar ähnlich viel, ist aber dabei meist jünger. Wer das wiederum auf die Faceliftversion des Passat überträgt, liegt bei einem noch deutlich größeren Unterschied in Preis und Bedienbarkeit. Zu beidem hat der Opel die Nase vorn. Die richtig guten Angebote zum Passat B8 haben also zumindest drei Jahre auf dem Buckel.
VW Passat Variant 2.0 TDI SCR BMT Comfortline | VW Passat 1.4 TSI ACT Comfortline | |
Grundpreis | 39.650 € | 31.550 € |
Außenmaße | 4767 x 1832 x 1516 mm | 4767 x 1832 x 1476 mm |
Kofferraumvolumen | 650 bis 1780 l | 586 bis 1152 l |
Hubraum / Motor | 1968 cm³ / 4-Zylinder | 1395 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 140 kW / 190 PS bei 3500 U/min | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 233 km/h | 220 km/h |
0-100 km/h | 8,4 s | 9,0 s |
Verbrauch | 4,6 l/100 km | 4,9 l/100 km |
Testverbrauch | 6,8 l/100 km | 7,6 l/100 km |