Am Samstag (10. Juni) springen die Ampeln in Le Mans um 16 Uhr auf Grün. Die Jubiläums-Edition 2023 wollen gleich fünf Werke gewinnen. So viele gab es seit der 99er-Ausgabe nicht mehr in Le Mans. Porsche, Ferrari, Peugeot und Cadillac wollen Branchenprimus Toyota stürzen. Die Japaner peilen den sechsten Sieg in Serie an der Sarthe an.
Wir haben vor der großen Geburtstags-Party des historischen Rennens alle fünf Autos der Werksteams unter die Lupe genommen und stellen sie vor. Toyota, Ferrari und Peugeot entschieden sich, ein Hypercar (LMH) zu bauen. Porsche und Cadillac wollen mit einem LMDh-Auto siegen. Alle Rennwagen eint der verpflichtende Einsatz von elektrischer Energie, die jedes Auto zu einem Hybrid macht.
Toyota GR010 Hybrid
Der Sieg in Le Mans dürfte nur über Toyota gehen. Die Japaner haben alle drei WEC-Läufe in der bisherigen Saison gewonnen. Der GR010 Hybrid hat die beste Rennpace aller Top-Autos. Toyota profitiert vom Wissensvorsprung der vergangenen Jahre. Nach Porsches Ausstieg 2017 war man in Le Mans nahezu konkurrenzlos. Lediglich die Privatiers Glickenhaus und der als Alpine gelabelte Oreca versuchten, den Seriensieger zu ärgern. Toyota setzt den GR010 Hybrid seit 2021 unter dem LMH-Reglement ein. Der Motor hat einen Hubraum von 3,5 Litern und ist ein V6-Biturbo. Kontinuierliche Evolutionen in den letzten Jahren machen den Renner zur Messlatte im Feld.
Das kommt die Japaner teuer zu stehen und soll den Dauersieger einbremsen. Die Techniker der vom ACO und der FIA geführten Serie verdonnerten Toyota zu 37 Kilogramm Zusatzgewicht. Die neue Balance of Performance (BOP) wurde am 2. Juni 2023 veröffentlicht. Die erlaubte Energie pro Stint darf Toyota aufgrund der angepassten BOP um vier Megajoule erhöhen.
Ferrari 499P
Der berühmteste Name in der Top-Klasse heißt Ferrari. Die Italiener kehren 50 Jahre nach ihrem letzten Auftritt zurück in die Spitzenklasse von Le Mans. Der 499P basiert wie der GR010 Hybrid ebenfalls auf dem LMH-Reglement. Direkt beim Debüt überraschte Ferrari. Antonio Fuoco stellte im März den 499P in Sebring auf die Pole Position und schlug die Toyota. Im Rennen kann der Ferrari aber (noch) nicht mithalten.
Bei den drei WEC-Saisonläufen gelangen dem Team mit den zwei eingesetzten Autos drei Podestplätze. Im Heck des Italieners steckt ein drei Liter großer V6-Biturbo. Auch Ferrari leidet unter den bisher guten Ergebnissen und der neuen BOP. Der 499P muss 24 Kilogramm zuladen, dafür darf Ferrari zwei Megajoule pro Stint mehr verwenden.
Peugeot 9X8
Der zweite Rückkehrer kommt aus Frankreich. Peugeot tritt 2023 zwölf Jahre nach der letzten Teilnahme 2011 wieder in Le Mans an. Mit dem 908 fochten die Franzosen jahrelang verbissen mit Audi um den Sieg. 2023 besitzt Peugeot nur Außenseiterchancen. Der futuristische 9X8 erwies sich bei seinen bisherigen Renneinsätzen als langsam und unzuverlässig.
Die Ingenieure entschieden sich für ein Auto ohne Heckflügel. Das Konzept sorgte für Aufsehen, doch die Ergebnisse waren unbefriedigend. Seit dem Debüt in Monza 2022 gelang keinem der zwei eingesetzten 9X8 bei den sechs Rennen ein Podestplatz. Immerhin einen Vorteil hat Peugeot: Wegen der schlechten Resultate verschonte der Technikausschuss die Franzosen bei der neuen BOP mit Zusatzgewicht. Der Motor verfügt über einen 2,6 Liter großen Hubraum und ist ebenfalls ein V6-Biturbo.
Porsche 963
Noch ein Rückkehrer will in Le Mans den Triumph. Porsche schickt mit dem 963 ein LMDh-Auto nach Frankreich. Die Erwartungen der Öffentlichkeit sind groß. Porsche ist mit 19 Erfolgen Rekordsieger des 24h-Klassikers. Als Favorit fährt Porsche jedoch nicht nach Le Mans. Der 963 bereitete bei seinen bisherigen Renneinsätzen Probleme. Nur ein Podestplatz gelang Porsche in Portimão.
Die bisher enttäuschenden Ergebnisse resultierten in einer besseren BOP. Lediglich drei Kilogramm extra muss der 963 in Le Mans um den Kurs schleppen. Ob das ausreicht, um die Konkurrenz beim Dauerlauf zu schlagen, bleibt fraglich. Unter der Haube des Porsche steckt ein 4,6 Liter großer V8-Biturbo. Das Chassis des LMDh-Renners stammt vom kanadischen Hersteller Multimatic. Vier 963 sind in Le Mans am Start. Drei Autos setzt das Penske-Team ein, ein weiterer Porsche fährt in Farben des Jota-Teams.
Cadillac V-Series.R
Einen besseren Eindruck als Porsche machte in den drei WEC-Läufen Cadillac. Zwar schrieb Porsche die besseren Ergebnisse an, doch der V-Series.R überzeugte mehr. Die US-Amerikaner setzen ebenfalls ein LMDh-Auto ein. Das Chassis des V-Series.R stammt von Dallara. Für die Leistung sorgt ein V8-Saugmotor mit 5,5 Litern Hubraum. Cadillac gelang mit dem Rennauto ein guter Wurf. Ein Podestplatz sprang in den bisherigen drei WEC-Rennen allerdings noch nicht.
Doch es gibt nicht wenige, die Cadillac einiges in Le Mans zutrauen. Trotz der schlechteren Ergebnisse als Porsche bekommt der V-Series.R wegen der neuen BOP acht Kilogramm mehr aufgebrummt (insgesamt 11 Kilogramm) als der 963. Cadillac darf ein Megajoule pro Stint mehr verwenden. Die US-Amerikaner schicken drei Renner nach Le Mans.
Toyota, Ferrari und Peugeot treten mit jeweils zwei Autos an. Mit den vier Porsche und den drei Cadillac nehmen 13 Rennwagen der fünf Werke an der Jubiläums-Edition teil. Die Privatiers Glickenhaus (zwei Autos) und Vanwall (ein Auto) füllen die Topklasse auf 16 Starter auf.