Der erste Gedanke ist der an Hook, den lustigen, rostigen Abschleppwagen mit den Hasenzähnen aus dem Animationsfilm Cars. Auch diesem rostigen alten Pickup fehlt die Motorhaube, anders als Hook, der nur auf einem Scheinwerfer durch die Nacht leuchtet, ist dieser Ford F1 auf beiden Augen blind. Die Gemeinsamkeiten enden hinten. Über dem Heck erhebt sich kein Ausleger mit Abschlepphaken, sondern ein fünfteiliger, verstellbarer Heckflügel aus klarlackiertem Karbon.
Gammel-Truck zieht Fans an
Beim Fanfest in Colorado Springs dauert es eine Viertelstunde, einen freien Schuss auf das Geschoss zu bekommen. Der Gammel-Truck Baujahr 1949 mit dem klangvollen Namen „Old Smokey F1“ erhält kein bisschen weniger Aufmerksamkeit als der neben ihm parkende Biturbo-Mustang von Gymkhana-Legende Ken Block. Kein Wunder, aus dem offenen Motorraum quillt ein mindestens so mächtiger Haufen Eisen, ein 5,9-Liter-Cummins-Reihensechszylinder, der aus drei Gründen bemerkenswert ist. Erstens verhelfen ihm zwei dicke Garrett-Turbolader zu 1.233 PS, zweitens ist er laut seines stolzen Besitzers der stärkste Light-Truck, der je zu einem Pikes-Peakrennen angemeldet war, drittens ist er ein Diesel.
Die Dieselkategorie war in früheren Jahren eine mehr oder weniger bedeutungslose Klasse, in der deutsche Hersteller wie VW neue SUV-Modelle promoten wollten. Wie zum Beispiel den Touareg. Den aktuellen Dieselrekord hält der frühere Rallye-Profi Uwe Nittel auf einem Mercedes C300 4matic in 11.47,149 Minuten.
Kein Auto scheint ungeeigneter für Bestmarken als dieser runtergerittene Ford, aber der erste Eindruck täuscht gewaltig. „Unter der Karosse ist das Auto ein reiner GT mit Gitterrohrrahmen.“ Scott ist alles andere als ein Redneck, wie die Hinterwäldler des mittleren Westens gern genannt werden, er ist Techniker und betreibt einen Tuning-Betrieb in Kalifornien. Im Normalfall arbeitet er an modernen Porsche, aber er wollte was fürs Schaufenster, einen Hingucker, aber eben keinen Blender, der nur gut aussieht.
Kolbenschaden verhindert Pikes-Peak-Start
Unter der verbeulten Frontstoßstange lugt ein sehr professionell wirkender Kohlefaser-Spoiler hervor, im Cockpit schaltet Birdsall mit einem wuchtigen Alu-Hebel vier Gänge durchs sequenzielle Renngetriebe. Hinter der Fahrerkabine liegt ein mächtiger Ladeluftkühler auf dem Chassis, dem die Ladefläche weichen musste. Das Fahrwerk stützt sich auf verstellbare Federbeine mit Schraubenfedern. Der Rahmen ist aus Flugzeugstahl geschweißt, hinten liegt ein mächtiger Sicherheitstank, darunter sitzt der Karbon-Diffusor.
Das Differenzial an der Starrachse verteilt laut Birdsall unfassbare 2.700 Newtonmeter auf die fetten Slicks – aber nicht beim diesjährigen Pikes-Peak-Rennen. „Wir können nicht starten“, sagt Birdsall, der im Fahrerlager direkt neben dem Werksteam von VW campiert. „Wir hatten einen Kolbenschaden.“
Manfred Stohl nickt. Die Höhe macht den Verbrennungsmotoren zu schaffen. Wenn die Diesel nicht rußen sollen, laufen sie in der großen Höhe zu mager, und es gibt Kleinholz. Stohl ist Birdsalls Konkurrent. Er will mit einem 72er Käfer-Prototyp mit Zweiliter-TDI-Mittelmotor und rund 200 PS den gleichen Rekord knacken, auch Stohl wird scheitern, weil das Rennen nach einem schweren Gewitter mit Schnee und Hagel verkürzt worden ist. Stohl glaubt, dass er mit dem altersschwachen Käfer durchaus gute Chancen gegen Birdsalls Monstertruck gehabt hätte.
„Den musst du auch erst mal durch die schnellen Kurven im unteren Teil wuchten, wo du ein agiles Auto brauchst, und in den Kehren im Mittelteil musst die ganze Kraft auch erst mal auf den Boden bekommen“, sagt der Rallye-Routinier aus Österreich.
Der 44-jährige Scott Birdsall ist kein Hillbilly und hat seine Schlüsse gezogen. Old Smokey ist im Anhänger verstaut und macht sich auf den Weg zurück über die Rockies. Die beiden werden im nächsten Jahr wiederkommen, mit neuem Motor – und mit Allradantrieb.