Es hätte kaum besser laufen können für Weltmeister und Titelverteidiger Sébastien Ogier. Zweiter Saisonsieg, 25 Punkte und damit die erneute Führung in der Weltmeisterschaft. Die Rivalen hatten sich einiges ausgerechnet, um den Franzosen nach der Pleite von Schweden erneut zu Fall zu bringen, scheiterten aber.
Hyundai kann Ogier nicht aufhalten
Ogier musste nach dem Verlust der Tabellenführung in Schweden nicht als Erster auf die Piste, würde aber als Zweiter noch genügend Staub fressen, die beste Gelegenheit für das Hyundai-Team, den Spieß umzudrehen. Es war klar, dass sich Thierry Neuville als Straßenfeger Nummer eins irgendwie durchhangeln musste, aber Andreas Mikkelsen und Daniel Sordo hatten beste Voraussetzungen für den Erfolg, nur der Plan ging nicht auf. Fangen wir mit Mikkelsen an, das Thema ist schnell abgehakt. Der Norweger fand das Wochenende über nie den richtigen Rhythmus. Er lief unauffällig als Vierter im Ziel ein.
Teilzeit-Jobber Sordo hatte im dritten Hyundai i20 nach seiner Nullnummer in Monte Carlo als Zehnter auf der Strecke eine wunderbar frei gefahrene Ideallinie und münzte den bestmöglichen Grip in eine frühe Führung um. Doch die Sache mit den späten Startplätzen hat bei Schotter-Rallyes auch einen Haken: Die lieben Kollegen davor haben beim Räubern durch die Rabatten schon allen möglichen Unrat auf die Piste gewühlt, darunter auch massives Gestein. Sordo traf einen Brocken und kassierte einen Plattfuß.
Zur Halbzeit hatte der dritte Hyundai-Pilot 43 Sekunden Rückstand, und damit war an Sieg nicht mehr zu denken. Dabei hatte Sordo noch Glück. Auf der Powerstage erlitt er einen weiteren Reifenschaden. Sordo verlor knapp 19 Sekunden auf die Bestzeit, blieb aber Zweiter, weil Citroën-Fahrer Kris Meeke im Finale seinerseits 16 Sekunden liegen ließ. Nach zwei Drehern und einem halben Überschlag wollte die TV-Reporterin im Ziel nett sein und Meeke zum dennoch errungenen dritten Rang gratulieren, doch der Nordire ist berühmt, weder seinen Citroën noch sein Ego zu schonen und gestand: „Ich hatte das Tempo, das Auto und die Startposition, um hier zu gewinnen. Ich habe meinen Job nicht gut gemacht.“
Erstaunlicher Loeb
Trotz des Podestplatzes stand Meeke klar im Schatten seines Teamkollegen. 44 Jahre alt, seines Zeichens Rekordweltmeister: Bei Sébastien Loeb ist die Lust auf Rallyes nach dem ersten Rücktritt Ende 2013 zurückgekehrt, nicht zuletzt wegen der aktuellen Autos mit ihren 380 PS. Anders als bei seiner vermeintlichen Abschieds-Rallye 2014 im Elsass oder seinem letzten Auftritt 2015 in Monte Carlo hatte sich der neunmalige Champion gewissenhaft vorbereitet und ausgiebig getestet. Der erfolgreichste Rallyefahrer aller Zeiten versuchte die Euphorie zu bremsen. Wer aber so schnell wieder so gut ist, hat wenig Argumente, dass die anderen den Ball flachhalten mögen.
Doch auch der 78-fache WM-Laufsieger kam nicht ohne Malheur durch. Am Samstagmittag rumpelte Loeb über einen Stein auf der Piste, und reflexartig riss der Rekord-Champion am Zügel, um nach den Hufen seines C3 zu sehen. „Wir waren noch so im Dakar-Modus“, entschuldigte sich der Rückkehrer später. Der Reifenwechsel auf Prüfung 14 kostete die Führung und 2.23 Minuten. Die Michelin-Oberen knurrten, Loeb hätte die restlichen zehn Kilometer einfach weiterreiten sollen, der Gescholtene stimmte zu, entschuldigte sich aber, dass er mit der aktuellen, robusten Reifengeneration wenig Erfahrung hat.
Ogier weltmeisterlich zum Sieg
Loeb fiel auf Rang fünf zurück. Es wäre allerdings unfair zu behaupten, die Aktion hätte ihn den Sieg gekostet. Ohne Wechsel hätte er zwar nach Michelin-Schätzung allenfalls 20 bis 30 Sekunden verloren, aber auch die wären gegen den späteren Sieger zu viel gewesen, denn befreit von seiner schlechten Ausgangsposition feuerte der aktuelle Weltmeister an diesem Samstag aus allen Rohren. Mit vier Bestzeiten in Folge war er am Horizont verschwunden. Die wahre Magie hatte sich aber schon am Freitag gezeigt: Auf staubig rutschigem Geläuf hatte Ogier lediglich eine halbe Minute verloren. „Ich war ständig am Limit, und es war nahezu perfekt“, lobte sich der Meister selbst.
Was für ein Bild des Jammers gab dagegen sein Titelrivale Thierry Neuville ab. Auch der Belgier fand bis zum Schluss kein Setup an seinem Hyundai, das ihm ausreichend Vertrauen für ganz große Leistungen gegeben hätte. Wie so oft bei Hyundai, bremsten ihn kleine Probleme. Neuville wurde mit rund neun Minuten Rückstand Sechster. Dem Belgier fiel wie Ogier in Schweden der Umstand auf die Füße, dass er mit einem mäßigen Ergebnis am Freitag angesichts umgedrehter Startreihenfolge auch am Samstag und Sonntag den Pistenputzer spielen durfte.
Immerhin angelte sich Neuville auf der Power-Stage drei Zusatzpunkte, um die mickrigen acht für Rang sechs aufzupolieren. Immerhin bleibt der Belgier mit nur vier Zählern Rückstand in Schlagdistanz zu Ogier.
Trostpreis für Tänak im Toyota
Die vollen fünf Extrapunkte holte sich Ott Tänak, vier gingen an Jari-Matti Latvala, womit wir bei Toyota wären. Esapekka Lappi ist schnell abgehandelt. Der Jüngste des Trios zahlte Lehrgeld, war mit sich unzufrieden und rodelte schon auf Prüfung sieben neben die Piste. Als Elfter blieb Lappi ohne Punkte.
Latvala und Tänak klagten über hohe Motortemperaturen, mussten zeitweilig das Anti-Lag-System abschalten, das im Schiebebetrieb mit zusätzlich eingespritztem Benzin den Turbolader in Schwung hält, aber den Motor thermisch stark belastet. Zu allem Überfluss blieb Latvala schon am Freitag mit defekter Lichtmaschine liegen. Tänak hätte Siegchancen gehabt, aber den Esten erwischte es mit einem Turboschaden. Nur dem dürren Starterfeld von 31 Autos ist zu verdanken, dass Latvala mit über 15 Minuten Rückstand noch Achter wurde. Tänak endete auf Rang 14 und musste sich mit der Bestzeit auf der Powerstage trösten.