Der Auftakt zur Nürburgring Langstrecken-Serie war an Superlativen kaum zu überbieten. Zum einen startete man gleich mit zwei Rennen in die neue Saison – am Samstag und am Sonntag. Und das nach all den Querelen rund um die Gerichtsverfahren im Nordschleifen-Streit. Zum anderen meldete sich jede Menge Prominenz an. Darunter Ex-F1-Pilot Kamui Kobayashi, Jari-Matti Latvala, David Schumacher, Robert Wickens, Johan Kristoffersson und Timo Glock.
So richtig riss es die Zuschauer aber erst am Sonntag wenige Sekunden vor Rennende von den Sitzen. Auf den letzten Metern des vier Stunden dauernden zweiten Laufs der Saison spielte sich ein Drama ab, das man sich nicht besser hätte ausdenken können.
Knappster Zieleinlauf der Geschichte
Der Lamborghini Huracan GT3 von Abt Sportsline mit Jordan Pepper am Steuer führte vor dem Manthey-Porsche 911 GT3 R mit Laurens Vanthoor. Alles sah nach dem ersten Sieg für die Abt-Mannschaft aus, doch Pepper musste taktieren. Wenn er vor Ablauf der 4 Stunden über die Ziellinie gefahren wäre, hätte er noch eine Runde drehen müssen – dafür reichte die Tankfüllung allerdings nicht mehr.
Entsprechend blieb dem Südafrikaner nichts anderes übrig, als zu verlangsamen. Er lupfte zunächst in der Hohenrain-Schikane, hatte aber noch ein gutes Polster auf Vanthoor. Doch bei der Überfahrt der Ziellinie schaffte es der "Grello" doch noch an Pepper vorbeizuziehen. So konnten die Lokalmatadoren von Manthey den Sieg holen – mit einem irren Abstand von gerade mal 0,042 Sekunden. Der knappste Zieleinlauf der Geschichte in der NLS!
Es gab zwei Sekunden Puffer
Ärgerlich: Pepper kreuzte die Ziellinie mit einer Gesamtzeit von 4:00.01,768 Stunden. Sprich: Er hätte eigentlich 1,7 Sekunden Spielraum gehabt. "Ich dachte, ich bin immer noch zu schnell", schildert er den Eindruck aus dem Cockpit. "Ich habe aber dann sofort gemerkt, dass er vorbeigegangen ist. Ich konnte nichts mehr tun."
Umso mehr freute sich Vanthoor über den unverhofften Sieg: "Ich habe die ganze Inlap über grinsen müssen. Das ist eine krasse Geschichte. Sowas kannst du dir nicht ausdenken." Bis zum letzten Stint sah es ohnehin nach einem Manthey-Sieg aus, jedoch erwischte der Lamborghini deb finalen Boxenstopp vom Timing her besser, während der Porsche in einer Code-60-Phase festhing. Der dritte Platz ging ebenfalls an einen Markenkollegen. Der Falken-Porsche 911 GT3 R mit der Startnummer 4 von Joel Eriksson und Tim Heinemann lieferte ein sauberes Rennen ab.
Heftiger Unfall von Robert Wickens
Dieses Auto war es auch, das das erste Rennen am Samstag gewonnen hat. Allerdings in anderer Besetzung. Hier feierte der Eifler Nico Menzel seinen ersten Sieg in der NLS gemeinsam mit Eriksson. "Darauf musste ich lange warten. Ich fahre hier, seit ich 18 Jahre alt bin, jetzt bin ich 26. Aber Joel ist ein echter Glücksbringer. Für ihn war es bereits der vierte Sieg." Dahinter landeten der Manthey-Porsche und der Scherer-Audi von Frank Stippler und Markus Winkelhock, die das Rennen am Sonntag nicht absolvierten.
Für Aufsehen sorgte am Samstag auch der Unfall von Robert Wickens. Er flog in Runde 13 in der Hohenrain-Schikane mit seinem Hyundai Elantra N TCR in die Reifenstapel und kippte daraufhin über den FIA-Zaun. Er wurde zunächst im Medical Center untersucht und anschließend mit dem Rettungshubschrauber nach Neuwied ins Krankenhaus gebracht, wo er eine Nacht zur Beobachtung verbrachte. Eine Computertomographie wies keine Verletzungen auf. Für Wickens war es der erste Start in der NLS. Der Kanadier ist seit seinem Indy-Car-Crash querschnittsgelähmt und fuhr mit einem speziell modifizierten Fahrzeug.
Schumacher und Co. üben für Permit
Sowohl Kobayashi, der mit einem Toyota Supra in der GT4 Klasse antrat, als auch David Schumacher (BMW M240i), Timo Glock (BMW M240i), Jari-Matti Latvala (Toyota Yaris, VT2) und Johan Kristofferson (Audi RS3 TCR) sammelten Kilometer, um ihre Nordschleifen-Permit zu erhalten, die sie für den Start beim 24h-Rennen Nürburgring und leistungsstärkere Autos benötigen.
Auch die bei den Fans beliebte Glickenhaus-Mannschaft meldete sich wieder nach einer Nordschleifen-Pause zurück. Neuerdings tritt man mit einem babyblauen SCG004 c an, der von Thomas Mutsch, Franck Mailleux und Lance-David Arnold pilotiert wird. Ebenfalls wieder bejubelt: Der Dacia Logan, der nun mit mehr Motorleistung seine Runden dreht. Es gab zwischenzeitlich allerdings noch technische Probleme.
Am Samstag starteten 109 Autos ins Rennen, am Sonntag waren es 92 Fahrzeuge. Es fehlten aber rund 15 GT3-Renner, weil es eine Terminüberschneidung mit der GT World Challenge in Paul Ricard gab, die ebenfalls den Saisonauftakt auf dem Programm hatte. Für die beiden NLS-Läufe 3 & 4 am kommenden Wochenende (13./14. April) werden um die 130 Starter erwartet. Diese beiden Rennen gehören zum 24h-Qualirennen, der Generalprobe für das Saisonhighlight 24h-Rennen.
In unserer Bildergalerie zeigen wir Ihnen die Highlights vom NLS-Saisonauftakt.