Rallye Deutschland 2018: Tänak siegt vor Neuville

Rallye Deutschland 2018
Tänak siegt, Neuville macht Schritt gen Titel

Sébastien Ogier verpasste im Saarland die Chance, sich wieder an Tabellenführer Thierry Neuville heranzurobben – möglicherweise die Vorentscheidung im Titelkampf. Das Gefühl hat auch der Sieger der Rallye Deutschland Ott Tänak.

Ott Tänak - Toyota Yaris WRC - Rallye Deutschland 2018
Foto: xpb

Wenn es im Rallyesport im letzten halben Jahrzehnt einen gab, der im entscheidenden Moment fast immer die wichtigen Punkte machte, die sogenannten Big Points, dann ist es Sébastien Ogier.

Nicht dieses Mal. Nicht bei der Rallye Deutschland 2018. Zwar wechselte der Weltmeister auf dem zweiten Panzerplatten-Durchgang das defekte Rad zusammen mit Beifahrer Julien Ingrassia in rasanten anderthalb Minuten, aber die Chance auf den Sieg war futsch, und damit die Aussicht auf maximale Punkte und so die Möglichkeit, Thierry Neuville im Titelkampf einen ordentlichen Schlag zu verpassen.

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Zweiter Platz für Neuville

Die Chance war da. Nach dem erwartet schwierigen Wochenende in Finnland rechnete man bei Hyundai auch in Deutschland nicht mit dem ganz großen Auftritt, zu schwer tat man sich mit dem i20 bisher auf Asphalt. Der blaue Renner aus Alzenau ist vom Konzept her auf ein möglichst neutrales und stabiles Kurvenverhalten getrimmt – prima gegen böse Überraschungen in schnellen Ecken, Gift für die unzähligen Abzweige entlang deutscher Äcker.

Thierry Neuville - Hyundai i20 WRC - Rallye Deutschland 2018
xpb
Thierry Neuville führt die WM mit 172 Punkten an. Sébastien Ogier liegt 23 Zähler zurück.

Tabellenführer Thierry Neuville hielt sich konsequent von allen Risiken fern, agierte nervenstark und souverän, auch wenn die Zeiten nicht der Erwartung entsprachen oder als schon am ersten Tag das Getriebe leckte. Erst am Sonntagmorgen, als Neuville dank weicherer Federn mehr Grip fand, konnte der Titelanwärter seine erste und einzige Bestzeit setzen. Es reichte im Gesamten für den zweiten Platz. Ein wichtiger Schritt in Richtung erster Titel.

Für einen Sieg war der Hyundai nicht schnell genug, gleiches gilt für alle anderen Autos, auf denen nicht Ott Tänak und Toyota geschrieben stand. Wie schon in Finnland war der Este im Yaris eine Klasse für sich. Mit sechs Bestzeiten auf den ersten sieben Prüfungen setzte er sich vom Feld ab, nur Ogier konnte ihm folgen. Der Franzose blieb im M-Sport-Fiesta bis zum Reifenschaden auf der 13. Prüfung in Schlagdistanz, hielt den Rückstand mit zehn bis 14 Sekunden in Grenzen. Es schien, als könnte der fünfmalige Champion mal wieder einen seiner Wunderschläge tun. Mit einem Sieg und Neuville nur auf Rang vier, mit fünf weiteren möglichen Punkten auf der Powerstage wäre es möglich gewesen, den Punkte-Rückstand nahezu komplett wegzuschmelzen.

Tänak unschlagbar in Deutschland

Doch der Zwischenstand täuschte, Ogier hatte nie eine Chance zu gewinnen. Tänak ließ ihn maximal am Erfolg schnuppern. Der Este flitzte in seinem Auto um die Ecken, und verschliss dabei die Reifen weniger als die Konkurrenz. Es wurde ein souveräner Erfolg mit einem Vorsprung von 39,2 Sekunden. Toyotas Stärke auf Asphalt untermauerte Esapekka Lappi, der sich den dritten Rang schnappte vor Ogier.

Sowohl der Weltmeister als auch der Meisterschaftsführende profitierten von zwei Ausfällen. Als der stark fahrende Jari-Matti Latvala am Sonntagmorgen unverschuldet mit gebrochener Getriebeeingangswelle die Segel streichen musste, als Dani Sordo in die Reben knallte, rückte Ogier nach seinem Reifenpech wieder auf Rang vier vor, aber das half nichts, denn Neuville war nun Zweiter.

Im Vorjahr hatte er im Saarland die WM mit einem rausgerupftem Fahrwerksgelenk endgültig verloren, möglicherweise hat er sie 2018 an gleicher Stelle gewonnen. Natürlich sind noch vier Rallyes zu fahren, und Ogier betont, es sei noch nicht vorbei, aber auch Ott Tänak hatte in Sankt Wendel das Gefühl, dass unter Umständen gerade ein Zug unwiederbringlich abgefahren war. Als er von den Ausfällen von Latvala und Sordo hörte grummelte er: „Neuville hat so ein verdammtes Glück.“ Dabei entfuhr ihm bei laufender Live-Übetragung gar das F-Wort. Nach Ogiers Panne und mit einem weiteren Sieg und zwei Gegnern als Puffer hatte sich Tänak wohl trotz erheblichem Rückstand noch eine kleine Titelchance ausgerechnet, aber aktuell 36 Zähler Rückstand sind schon eine Hausnummer.