Porsche dominiert WEC-Auftakt in Katar

WEC – 1.812 Kilometer von Katar 2024
Porsche-Dreifachsieg und Peugeot-Drama

Das zweite Jahr der goldenen Sportwagen-Ära startete auf actionreiche Weise. Porsche gab über weite Strecken den Ton an, aber musste mehrmals hart für den ersten Hypercar-Erfolg kämpfen. Einen brutalen Nackenschlag kurz vor Schluss steckte derweil das überraschend starke Peugeot-Team ein. Mick Schumacher präsentierte sich bei seinem WEC-Debüt solide, hatte jedoch einen Schreckmoment.

WEC - 1812 Kilometer von Katar 2024 - Porsche Penske Motorsport
Foto: Porsche

Die riesigen Erwartungen an die neue WEC-Saison wurden nicht enttäuscht. Direkt beim ersten Aufeinandertreffen der nun acht Hersteller in der Top-Klasse ging es unvorhersehbar und eng zu. Den eröffnenden Qualifying-Aufschlag gewann das 2023 noch unter Wert geschlagene Porsche-Werksteam. Matt Campbell belohnte die intensive Arbeit während der Winterpause mit der ersten WEC-Pole der Weissacher seit 2017. Der Australier teilt sich die Nummer 5 mit Michael Christensen und Frédéric Makowiecki.

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Startrang zwei ging an die letztjährigen Dominatoren von Toyota. Deren Neuzugang Nyck de Vries zeigte eindrucksvoll, warum er schon vor seiner Formel-1-Zeit auf der Liste der Japaner stand. Trotzdem warnte sein Teamboss und Fahrerkollege in der Nummer 7, Kamui Kobayashi, vor dem Rennwochenende, dass der Toyota GR010 Hybrid kein Siegkandidat sei. Ein möglicher Beleg für die These war der enttäuschende elfte Platz des #8-Schwesterrenners (Sébastien Buemi, Brendon Hartley und Ryō Hirakawa).

Die Porsche-Privatmannschaft von Jota bestätigte mit der drittplatzierten Nummer 12 (Will Stevens, Callum Ilott und Norman Nato), dass der LMDh-Renner 963 per se gut in Katar aufgestellt war. Der beste Ferrari positionierte sich in Form der #50 (Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen) auf dem vierten Rang.

WEC - 1812 Kilometer von Katar 2024 - Start
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19 Hypercars und 18 LMGT3-Renner jagten beim Saisonstart auf die erste Kurve zu. Kurz darauf sollte es krachen.

Peugeot überrascht beim Abschied

Zu Beginn sah es noch so aus, als ob Porsche das Pech doch nicht über den Winter abgeschüttelt hat. Der #50-Ferrari katapultierte sich schon in der ersten Kurve außen herum in die Führung. Michael Christensen blieb zwar dran, aber musste sich in den anschließenden Minuten des 335 Runden langen Auftakts nach hinten orientieren. Dort machte zur Überraschung der meisten der Peugeot mit der Nummer 93 (Nico Müller, Jean-Éric Vergne und Mikkel Jensen) Druck. Schließlich gelang dem von Rang sechs kommenden Müller der Sprung auf Platz zwei.

Die gute Pace des mutigen, aber bislang erfolglosen Technik-Konzepts war allen voran auf die feine Oberfläche des Losail International Circuit zurückzuführen. Der zum letzten Mal ohne Heckflügel antretende Peugeot 9X8 konnte mangels Bodenwellen seine Ground-Effect-lastige Philosophie deutlich effizienter umsetzen. Beim zweiten Saisonrennen in Imola (21. April) wird der Franzose dann eine neue Aerodynamik im hinteren Autoteil tragen.

Nach nicht mal einer halben Stunde übernahm Müller sogar die Führung. Im Zuge der ersten Boxenstopp-Phase schnappten sich daraufhin die späteren Sieger von Porsche Penske Motorsport den Platz an der Wüstensonne. Das Trio der Nummer 6 besteht auch 2024 aus Kévin Estre, Laurens Vanthoor und André Lotterer. Zudem brachten sich die weiteren Akteure des Blockbuster-Schlussspurts zügig in Stellung. Auf den auf P2 zurückgestuften Peugeot folgten meistens der Pole-Porsche und einer der zwei Jota-Kunden-963.

WEC - 1812 Kilometer von Katar 2024 - Peugeot 9X8
Motorsport Images

Das 1.812-Kilometer-Rennen von Katar war der letzte Auftritt des Peugeot 9X8 in seiner ikonischen Ursprungsform. Ab Imola trägt er einen Heckflügel.

Harter Start für Toyota und Ferrari

Für die Weltmeister und die Le-Mans-Sieger der letzten Saison war der Dauerlauf in die Nacht von Katar harzig. Beide Toyota mussten sich ranhalten, um noch in die Top 10 einzulaufen. Die Nummer 7 schloss auf dem sechsten, die Nummer 8 auf dem neunten Platz ab. Brendon Hartley antwortete auf die Frage, ob der GR010 Hybrid noch Reserven im Rennen nutzen könnte, mit einem gequälten Lächeln. "Nein, wir sind wirklich langsamer."

Ferrari schlug sich hingegen selbst. Der #51-Italo-Renner von AF Corse (Alessandro Pier Guidi, James Calado und Antonio Giovinazzi) streifte nach einem Kontakt mit einem GT3-McLaren seine Heckpartie ab und musste länger repariert werden, was final nur P13 bedeutete. Immerhin auf Platz sieben überquerte die Nummer 50 die Ziellinie. Eine Durchfahrtsstrafe kostete potenzielle Extra-Zähler. Das neue Kundenfahrzeug mit der Nummer 83 war so auf Anhieb der beste 499P. Robert Shwartzman, Robert Kubica und Yifei Ye bejubelten den fünften Rang.

Obwohl grundsätzlich Geschwindigkeit im einzigen gemeldeten Cadillac V-Series.R (Sébastien Bourdais, Alex Lynn und Earl Bamber) steckte, hinkte er nach einem Bodywork-Schaden im Start-Getümmel und der damit verbundenen Reparatur immer etwas hinterher. Die US-Amerikaner erbten dank des Chaos im Schlussspurt einen soliden vierten Platz. Ein weiteres Opfer der allerersten Kurve war der zweite Peugeot, der keine Rolle mehr spielen sollte.

WEC - 1812 Kilometer von Katar 2024 - Toyota GR010 Hybrid
xpb

Ausbleibende Safety-Car-Phasen und eine etwas zu schwache Pace ließen die Titelverteidiger von Toyota grummeln.

Pech und Glück für Porsche

Weil auch die Newcomer Alpine, BMW und Lamborghini mit unterschiedlich schweren Problemen haderten, machten Porsche-Vertreter und der #93-Peugeot das Podium unter sich aus. Lange sah es so aus, als ob die höchste Stufe fest durch die Nummer 6 belegt sei, doch dann drohte ein Kontakt mit einem GT3-Lexus alles auf den Kopf zu stellen. Auf der linken Seite fehlte plötzlich das Teil der Carbon-Verkleidung, auf dem das obligatorische #6-Schild prangte. Ein Stopp war laut Reglement unausweichlich.

Glücklicherweise blieben die Verfolger aber derart mit sich selbst beschäftigt, dass Kévin Estre ohne Konsequenzen wenige Runden vor Ende einen neuen Sticker an der Box abholte. Sorgenfreie 33,297 Sekunden Vorsprung machten die letzten Umläufe zu einer Triumphfahrt des ersten LMDh-Siegers. Dass es sogar ein Vierfacherfolg des aus Amerika stammenden Technik-Konzepts werden sollte, ist mit einem Debakel bei Peugeot zu erklären.

Eigentlich hatten sich die Kameras auf das P3-Duell zwischen dem #5-Werks-Porsche und dem voran fahrenden #12-Jota-963 eingeschossen. Auf der durch Reifenreste extrem rutschigen Strecke gingen Ilott und Campbell an und über die Grenze hinaus. Plötzlich fiel aber der Peugeot hinter die Kampfhähne zurück und aus der Sichtweite. Eine geschockte Peugeot-Box verfolgte mit Grausen den anschließenden massiven Zeitverlust.

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Womöglich zu wenig Sprit

Während das Porsche-Duo in unveränderter Reihenfolge den Dreifachsieg abrundete, schleppte sich Vergne nur mit Hybrid-Power auf Rang sieben ins Ziel. Den Reportern vor Ort erklärte Stellantis-Sportboss Jean-Marc Finot gefasst: "Wir müssen es noch analysieren, aber es gab wohl ein Problem beim Splash-and-Dash. Wir hatten nicht die erwartete Spritrate."

Dem jüngsten Nackenschlag des Herzensprojekts rang Finot dennoch französisch-charmant eine positive Wendung ab: "Hybrid-Mobilität ist also nützlich für Motorsport. Wir sind ohne Emissionen in die Boxengasse zurückgekommen." Ironischerweise zog die übertriebene Stromnutzung später eine Disqualifikation nach sich. Als weiteren Grund für die vorher mutmachende Leistung ergänzte er: "Die kleinere Anzahl an langsameren Kurven lässt uns weniger mit den Reifen bei der Traktion leiden."

Schlussendlich bleibt vom Renn-Samstag der Frust, der Finot sofort an Toyotas schmerzhaftes Scheitern in Le Mans 2016 erinnerte. Nach dem Verdauen wechsle der volle Fokus auf das Update: "Ich denke, das Auto kann mit ihm wettbewerbsfähig sein. Es hängt vom Gewicht und der Leistung ab, die wir nutzen dürfen. Der Weg ist ein positiver, auch wenn es das Ergebnis heute nicht ist."

WEC - 1812 Kilometer von Katar 2024 - Porsche-Podium
xpb

Dreimal Porsche 963: Die beiden Werks-Trios rahmten die Kunden von Jota auf dem Podium ein.

Mick Schumacher mit Schreckmoment

Weitaus besser war die Laune bei den Landsmännern und -frauen von Alpine. Der A424 präsentierte sich grundsätzlich als bester der vier Neuzugänge. Isotta Fraschini und Lamborghini waren von der ersten Runde an sportlich irrelevant, BMW fuhr mit, allerdings durch Probleme final hinterher. Alpines Nummer 35 (Charles Milesi, Paul Loup-Chatin und Ferdinand Habsburg) holte einen guten achten Rang. Mick Schumacher und seine #36-Kollegen Matthieu Vaxivière sowie Nicolas Lapierre müssen sich mit Platz zwölf abfinden.

Der Deutsche zeigte häufig gute Rundenzeiten, hatte jedoch eine steile Lernkurve im Verkehr. Zu Beginn des letzten Renndrittels warf ihn ein Missverständnis mit einem GT3 von der Bahn – und ins Kiesbett. Der WEC-Debütant konnte die steinige Suppe daraufhin auslöffeln und das Auto auf das Asphaltband zurückreiten. Der Traum von einem Top-10-Resultat ist in diesem Moment höchstwahrscheinlich begraben worden.

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Erster LMGT3-Sieg für Porsche

Die automobile Kirsche auf der Porsche-Party-Torte ist der erste Sieg in der neuen LMGT3-Klasse. In einem am Ende relativ knappen Duell mit der Aston-Martin-Mannschaft von Heart of Racing (Ian James, Alex Riberas und Daniel Mancinelli) hatte die Traditionstruppe von Manthey final die Oberhand. Klaus Bachler, Joel Sturm und der starke Amateur Alex Malykhin zeigten die beste Mischung aus Pace und Strategie.

Wie erhofft bot der Nachfolger für die beliebte, aber zuletzt herstellerarme GTE-Division einen massiven Zuwachs an Action. Analog zur Hypercar zeigte sich die Balance of Performance ohne echte Lücken, aber auch mit Verbesserungspotenzial. So kämpfte zum Beispiel BMW länger mit den Umständen. Der zweite weltbekannte WEC-Debütant, Valentino Rossi, dürfte mit dem vierten Rang hinter dem japanischen D'Station-Aston (Marco Sørensen, Erwan Bastard und Clément Mateu) so oder so happy sein. Der Doktor teilt sich den Nummer-46-WRT-M4 mit Maxime Martin und Ahmad Al Harthy.

Porsche-Sportboss Thomas Laudenbach kondensiert den historischen Tag herunter: "Wir haben extrem hart gearbeitet und sind auf die beste Weise belohnt worden. Dieser Erfolg ist schwierig in Worte zu fassen. Glückwunsch auch an die gesamte Mannschaft zu Hause in Weissach. Mit einem Dreifacherfolg für Porsche konnte niemand rechnen. Mein Respekt gilt aber auch Peugeot. Es ist bitter, so kurz vor Schluss auszufallen. Sie hätten es verdient gehabt, zusammen mit uns auf dem Podest zu stehen. In der neuen LMGT3-Klasse hat der Porsche 911 GT3 R von Manthey PureRxcing gewonnen. Besser kann ein Saisonauftakt gar nicht verlaufen."