Cadillac Lyriq: Elektro-SUV mit 530 km Reichweite und 528 PS

Cadillac Lyriq
Kraftvoller E-SUV-Luxus im Alltagstest

Nachdem GM den Kompakt-SUV XT4 in Europa nicht mehr vertreibt, geht‘s für die Traditionsmarke hier nun rein elektrisch weiter. Den Auftakt gibt der Lyriq, der mit fünf Metern Länge locker als echter Ami durchgeht.

Cadillac Lyriq Elektro-SUV EU-Version
Foto: GM Europe

Der Lyriq basiert auf der neuen Elektro-Plattform des GM-Konzerns, die zuerst die Bezeichnung BEV3 trug und nun Ultium heißt. Die Plattform erlaubt es, Batterie-Module mit einer Kapazität von 50 bis 200 kWh zu verbauen. Dank der Ultium-Batterien kann das Unternehmen die Akku-Packs flexibel je nach Karosserieform aufbauen. So erhalten Fahrzeuge mit hoher Bodenfreiheit eine vertikale Anordnung im Fahrzeugboden, bei niedrigeren Modellen sind die Akkus horizontal angeordnet. Die Reichweite der Ultium-Fahrzeuge liegt maximal bei über 400 Meilen (umgerechnet 644 Kilometer), die Aufladung der 400-Volt-Akkus geschieht per Schnellladung mit höchstens 200 kW.

Der große E-Ratgeber

Die Serienversion des Lyriq rüstet Cadillac mit zwölf Batterie-Modulen aus, die zusammen eine Kapazität von 102 Kilowattstunden erreichen. Das soll nach europäischer Spezifikation eine Reichweite von 530 Kilometern garantieren. Für die USA werden 312 Meilen (umgerechnet 502 Kilometer) genannt. Geladen wird über einen CSS-Schnellade-Port (nach der amerikanischen Combo-1-Bauform), der sich auf der linken Fahrzeugseite direkt hinterm Radhaus befindet. An entsprechend starken Schnellladesäulen lässt sich beim Lyriq mit maximal 190 Kilowatt Strom tanken. In der heimischen Garage soll sich das immerhin mit bis zu 22 Kilowatt erledigen lassen.

Antrieb

Für den Elektromotor, der auf die Hinterachse wirkt, gibt die GM-Marke eine Leistung von 345 PS und ein maximales Drehmoment von 440 Newtonmetern an. Nach Europa kommt vorerst nur die allradgetriebene Version mit einem weiteren E-Motor an der Vorderachse. Während die Systemleistung für den US-Markt mit 500 hp (507 DIN-PS) angegeben wird, stehen in Europa 388 kW (528 PS) im Datenblatt des 2,8-Tonners, der hierzulande zudem mit speziell abgestimmtem Fahrwerk antritt. Das höchstmögliche Drehmoment beträgt in beiden Fällen 610 Newtonmeter. Diese Version verfügt über eine maximale Anhängelast von knapp 1,6 Tonnen. Mit welcher Intensität der Cadillac Lyriq rekuperiert, lässt sich vom Fahrer oder von der Fahrerin einstellen.

Lyriq als V Series geplant

Es sieht allerdings ganz danach aus, dass Cadillac eine noch stärkere Version des Lyriq plant. Einen entsprechenden Hinweis haben aufmerksame Zeitgenossen auf der Zubehör-Website der Baureihe entdeckt. Wer dort die entsprechenden Filter genutzt hatte, konnte unter dem Punkt "Ausstattung" kurzzeitig auf "V" klicken; mit diesem Buchstaben bezeichnet Cadillac traditionell die leistungsstarken Varianten seiner Baureihen. Inzwischen ist die Angabe von der Website zwar wieder verschwunden; dennoch ist es wahrscheinlich, dass eine V Series des Lyriq kommt. Bereits 2021 hieß es, dass Cadillac eine derartige Modellvariante in Betracht ziehe. Technische Eckpunkte sind freilich noch komplett unbekannt, doch man kann getrost davon ausgehen, dass ein möglicher Lyriq V deutlich stärker als die bisherige Topversion.

Design

Beim Design entfernt sich die 5,00 Meter lange, 2,21 Meter breite (mit ausgeklappten Spiegeln) und 1,62 Meter hohe (Radstand 3,09 Meter) Serienversion des Cadillac Lyriq kaum von der zuvor gezeigten Konzeptstudie. Wir sehen weiterhin einen Crossover-SUV mit stark konturierter Seitenansicht sowie einem coupéhaften Dachverlauf. Die martialische Front mit schwarzem "Kristall"-Grill weist geteilte Leuchteneinheiten auf, wobei die Tagfahrlampen vertikal in der Frontschürze und die schlanken LED-Hauptscheinwerfer horizontal angeordnet sind. Die Heckleuchten haben die Cadillac-Designer kunstvoll in die D-Säule integriert.

Weitere Auffälligkeiten sind die bündig in der Karosserie versenkten Türgriffe, die Chromleiste als oberer Abschluss der Seitenfenster und die sanft in einen Spoiler überführte hintere Dachpartie. Die Heckscheibe fällt flach ab und mündet in ein wuchtig gestaltetes Hinterteil. In den USA stehen aktuell zwei Felgen-Optionen in 20 und 22 Zoll zur Wahl; in Europa gibt es zum Start nur 21-Zöller. Die anfangs überschaubar bestückte Farbpalette hat Cadillac inzwischen erweitert.

Innenraum

Der fünfsitzige Lyriq-Innenraum orientiert sich am Interieur des neuen Escalade. Die niedrige Dachlinie limitiert den Kopfraum im Fond, ansonsten gibt‘s reichlich Platz für alle. Der Fahrer kann das Lenkrad mit abgestellten Ellenbogen entspannt greifen und blickt auf einen gekrümmten, 33 Zoll großen LED-Bildschirm, der Cadillac zufolge auch Augmented Reality sowie über eine Milliarde Farben darstellen kann. Der Monitor soll eine individuell anpassbare Benutzeroberfläche bieten: Die Informationen werden intuitiv dort angezeigt, wo sie gerade benötigt werden, und sie sollen auf die Stimmung der Person auf dem Fahrersitz abgestimmt werden. In den Holz- und Metall-Applikationen finden sich lasergeätzte Dekore. Der Kofferraum fasst bei fünfsitziger Bestuhlung 588 Liter und lässt sich auf maximal 1.751 Liter inklusive 64 Liter fassendem Zusatzfach erweitern.

Das nativ integrierte Google Maps öffnet per Direktwahlfläche, Naviziele sind per Sprache sofort gesetzt – "Navigation nach Madrid" reicht, wenige Sekunden später steht die Route mit Ladestopps. Die Reisedauer dorthin soll der große 102-kWh-Akku (netto) verkürzen, der mit maximal 22 kW (AC) oder bis zu 190 kW (DC) lädt. Konkrete Ladezeiten gibt Cadillac nicht an – selbst überprüfen konnten wir das auf der zweistündigen Testfahrt nicht.

Erste Fahrt im Cadillac Lyriq AWD

Die führt durch München, über Autobahnen und über Land. Auf den gepflegten Straßen wirkt der Federungskomfort ziemlich gut. Manche der wenigen Fahrbahnschäden lassen aber vermuten, dass der Lyriq auf schlechten Pisten tendenziell straffer fahrwerkt. Zudem vibriert der Innenspiegel schon bei geringen Karosserieanregungen, vereinzelt gilt das auch für Verkleidungsteile im hinteren Fahrzeugbereich. Und die Materialqualität? Überwiegend sehr anständig, aber nicht immer klassengemäß.

Cadillac Lyriq
Stefan Wagner

Bei der ersten Ausfahrt gab sich der Cadillac Lyriq AWD komfortabel.

Absolut klassengemäß gibt er sich in Kurven. Zum früh einsetzenden Limit hältst du automatisch zwei Schritte Abstand, denn dort angekommen untersteuert der Lyriq ausgeprägt. Doch immerhin nicht plötzlich heftig, ergo behältst du trotz der sehr indirekten Lenkung dramafrei die Kontrolle. Das gilt auch längsdynamisch, denn der Doppelmotor-Allradantrieb verzichtet trotz seiner 528 System-PS auf Effekthascherei, gibt die Leistung also progressiv statt explosiv frei. Das passt zum Charakter, wenngleich es im Sportmodus ruhig mal knallen dürfte.

Priorität genießt die gelungene Dämmung, die via Noise-Cancelling-Technologie digital unterstützt wird. Für eine angenehme Akustik soll darüber hinaus das High-End-Soundsystem mit 19 Lautsprechern sorgen, von denen sich einige auch in den Kopfstützen befinden und das in Europa ebenfalls zum Serienumfang gehört. Zum Komfort trägt auch der Einpedalmodus bei, der Pedalbewegungen mit leichter Verzögerung umsetzt und den Cadillac bis zum Stillstand verzögert. Das Anhalten gelingt dem System geschmeidig, ebenso aber auch dem Fahrer, da die Bremsdosierung im Ampelverkehr intuitiv klappt. Weitere Modi mit geringer oder moderater Rekuperation sind ebenfalls per Touchscreen anwählbar. Zusätzlich kann man die Wippe am Lenkrad nutzen: Solange sie gedrückt wird, zieht die Energierückgewinnung temporär an – eine Funktion, die etwa Hyundai schon länger integriert.

Assistenzsysteme und Ausstattung

In seiner Heimat verfügt der Lyriq über eine neue Stufe des Fahrsystems Super Cruise, für das GM in Europa noch an der Homologation arbeitet. Er kann so teilautonom fahren, also eigenständig die Spur wechseln und automatisch einparken (auch ferngesteuert). In Europa zeigt sich das Assistenzpaket aktuell etwas abgespeckt, doch Funktionen wie ein Spurhalteassistent mit -verlassenswarnung und eine automatische Notbremse an Kreuzungen sind serienmäßig an Bord.

Preise und Vertrieb in Deutschland

In Deutschland bietet Cadillac den neuen Lyriq lediglich in den gehobenen AWD-Varianten Luxury und Sport an. Die Preise starten bei 80.500 Euro und liegen damit deutlich über dem US-Niveau. Konfiguriert und vertrieben wird der Elektro-SUV hierzulande ausschließlich online. Probefahrten lassen sich in den Motor-Worlds Berlin, München und in Kürze Köln sowie an weiteren Test-Drive-Standorten absolvieren. Im zweiten Halbjahr will die GM-Marke zudem jeweils eine "Cadillac City"-Erlebniswelt in Frankfurt und Hamburg eröffnen.

Tennessee statt Michigan

Geändert haben sich ebenfalls die Pläne, in welchem Werk der Lyriq gefertigt wird: Die Wahl fiel letztlich auf Spring Hill im US-Bundesstaat Tennessee; in das Werk hat General Motors bis zum Produktionsstart des Lyriq insgesamt zwei Milliarden Dollar (knapp 1,85 Milliarden Euro) investiert. Ursprünglich sollte der E-SUV im ebenfalls für die E-Auto-Produktion umgerüsteten Werk in Hamtramck bei Detroit vom Band rollen, wo GM unter anderem das autonome Modell Origin Cruise und den elektrischen GMC Hummer EV produziert.

Umfrage
GM verwandelt Cadillac in eine reine E-Auto-Marke - richtig so?
8124 Mal abgestimmt
Ja. So kann General Motors Cadillac konsequent gegen Tesla positionieren.Nein. Die Marke steht für andere Dinge und wird mit dieser Strategie scheitern.

Fazit

Der Cadillac Lyriq, ein Elektro-SUV, überzeugt mit flexiblen Batterie-Modulen und einer Reichweite von bis zu 530 Kilometern. Die Allradversion bietet 528 PS und ein anpassbares Fahrwerk. In Europa startet der Preis bei 80.500 Euro. Der Innenraum besticht durch moderne Technik und hochwertige Materialien. Der Lyriq wird in Tennessee gefertigt und ist in Deutschland nur online konfigurierbar. Eine stärkere V Series ist in Planung. Jetzt mehr erfahren.